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Die Kreuzweg-Legende

Die Kreuzweg-Legende

Titel: Die Kreuzweg-Legende
Autoren: Jason Dark
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Holzkreuz auf, das bisher auf dem Boden gelegen hatte. Mit beiden Händen hielt er es fest. Er drehte sich so, daß der Reiter auf das Kreuz schauen mußte.
    »In seinem Zeichen wirst du sterben«, erklärte der Mann mit der Henkersschlinge. »Dieses Kreuz wird dir beweisen, daß der Teufel nicht allmächtig ist. Und auch du bist es nicht. Deine Zeit ist abgelaufen. Du hast genug gemordet. Wir wollen dich nicht mehr, hast du gehört? Wir wollen dich nicht, Schänder!«
    »Ja, ich weiß!« Das nachfolgende Lachen des Reiters erschreckte die Männer. Wie konnte ein Mann nur so lachen, der schon zum Tode verurteilt war? Das ging einfach nicht in ihre Köpfe, und sie schauten sich stumm und fragend an.
    »Auf meiner Seite steht der Teufel«, erklärte der Reiter. »Ihr könnt alles versuchen, aber ich bin besser!«
    »Dann beweise es uns!«
    Der Reiter lachte wieder, sprang zurück und griff zur Seite. Mit einer sicheren Bewegung zog er seinen Degen aus der Scheide. Das Metall schuf einen flirrenden Reflex, als der Reiter seine Waffe im Halbbogen herumschwang, sich breitbeinig aufbaute und die lange Degenklinge wippen ließ. »Los, ihr Kerle, kommt her! Macht schon, ihr Bauern, ihr!«
    Vielleicht hätte er im Nahkampf auch gewonnen. Doch da gab es noch den Mann mit der Armbrust.
    Er schoß!
    Es gab ein singendes Geräusch, als der Pfeil vorschnellte und die Sehne wieder zurückschlug. Hinter dem Schuß steckte viel Wucht. Auch für den unheimlichen Reiter war der Pfeil zu schnell. Er traf ihn in der Körpermitte.
    Im Schein des Feuers sah ein jeder, wie der Reiter zusammenzuckte, sich mit dem Pfeil im Bauch nach vorn beugte, seine Hände darum geklammert hatte und schließlich nach hinten torkelte. Seine eigene Waffe lag neben ihm. Er bemühte sich, den Pfeil aus seinem Körper zu holen.
    Der mächtige Baumstamm hielt ihn auf. Mit dem Rücken fiel er dagegen, schabte über die Rinde, und sein Gesicht hatte sich verzerrt. Schmerzen durchtosten ihn. Den Mund hatte er weit aufgerissen. Der Hut fiel vom Kopf. Jeder konnte sehen, daß der Reiter rabenschwarzes Haar besaß, das im zuckenden Licht des Feuers einen roten Anstrich bekommen hatte.
    Der Mann konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Mit dem dünnen Blutfaden rann auch seine Kraft aus dem Körper. Langsam sackte er in die Knie.
    Sein Gesicht war verzerrt. Der Mund weit aufgerissen. Er stieß keuchende Laute aus, wollte Worte formulieren, aber er schaffte es nicht. Dafür hielt er sich auf den Knien.
    Die anderen kamen näher.
    Sie gingen nicht schnell, eher gemächlich, denn sie waren sich ihrer Sache sicher.
    Schritt für Schritt näherten sie sich dem Reiter, der breitbeinig kniete und den anderen entgegenschaute. Er konnte nichts mehr tun, holte verzweifelt Luft, während seine Gesichtszüge immer mehr zu zerfließen schienen.
    Die Schatten der anderen fielen über ihn. Sie waren wie drohende Todesboten.
    Der Mann mit dem Strick hatte sich ein wenig abgesondert. Er stand unter den breiten Ästen, hatte den Kopf in den Nacken gelegt und suchte sich den besten aus.
    An dieser Eiche am Kreuzweg hatten schon oft genug die Verbrecher gehangen. Fast jeder starke Ast konnte seine eigene Geschichte erzählen, und der Mann mit dem Strick suchte sich den aus, der ihm am geeignetsten erschien.
    Dabei stellte er sich auf die Zehenspitzen, umklammerte mit einer Hand den Ast, hängte sich daran und wollte durch diesen Versuch die Stärke ermessen.
    Ja, der mußte halten!
    »Ich habe einen Ast gefunden«, erklärte er den anderen, die den Reiter umstanden.
    Sie traten zur Seite, um den Mann mit der Schlinge durchzulassen. Auch er ließ sich Zeit beim Näherkommen.
    Niemand sprach. Es war eine gespenstische Szene. Der Reiter kniete am Boden, schmerzgepeinigt das Gesicht und beide Hände urn den Schaft des Pfeils gekrampft. Speichel rann aus seinem Mund. Allmählich nahm die Flüssigkeit eine rote Farbe an, denn sie vermischte sich mit Blut.
    Nur das Knistern der Flammen war zu hören. Es roch nach Tod und Gewalt.
    Der Mann mit der Schlinge kam näher. Er sprach laut, damit ihn jeder hören konnte.
    »Ich bin dein Henker, Reiter! Du wirst keine Frau und kein Mädchen mehr mit zu dir nehmen. Wanda war ein Lockvogel, ohne daß sie es wußte. Wir haben sie immer verfolgt. Wir…«
    »Neiiinnnn!« Ein schrilles Kreischen ließ den Sprecher verstummen. Er schaute in die Richtung, aus der das Kreischen erklungen war und sah Wanda. Sie hatte das Lasso gelöst, rannte barfuß und mit
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