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Die Kreuzweg-Legende

Die Kreuzweg-Legende

Titel: Die Kreuzweg-Legende
Autoren: Jason Dark
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der Krempe, aber der andere schaute sich ihres sehr gut an. Er ließ seine Finger unter dem Kinn liegen und drehte den Kopf nach zwei Seiten, damit er ihr Profil erforschen konnte.
    »Ja, du bist schön, du gefällst mir«, erklärte er mit ruhiger Stimme. »Ich werde dich mitnehmen…«
    Wanda war rot geworden. Die Worte hatten ihr gefallen, und sie zitterte vor Erwartung. Das Blut rauschte schneller durch ihre Adern. Gleichzeitig schämte sie sich auch wegen ihres Gefühls, und sie wagte nicht, den Kopf zu heben.
    Der Reiter kannte da weniger Hemmungen. Seine linke Hand ging auf Wanderschaft. Er betastete das Mädchen, nickte ein paarmal und freute sich darüber, wie gut Wanda gewachsen war.
    »Du bist fast schon eine Frau. Aber nur fast. Und zur richtigen Frau werde ich dich in dieser Nacht machen.«
    »Darauf habe ich gewartet«, hauchte Wanda.
    »Ich weiß. Komm, wir werden auf mein Pferd steigen und…«
    »Gar nichts wirst du, du Kretin!« Plötzlich peitschte die Stimme durch die Nacht, und im nächsten Augenblick wurde die Dunkelheit durch mehrere Feuer erhellt…
    ***
    Der Reiter rührte sich nicht von der Stelle. Er war einfach zu sehr überrascht worden. Wanda allerdings bewegte sich. Sie flüchtete nach rechts und geriet somit aus dem unmittelbaren Dunstkreis des Mannes. Den lauernden Männern war es nicht sicher genug. Jemand warf eine Schlinge, die sich über Wan-das Körper legte, gespannt wurde und das Mädchen in Sicherheit schaffte. Flach auf dem Boden liegend oder auch eingegraben, hatten die Männer so lange gewartet, bis der Reiter erschienen war, um die schon bereitgelegten Heuballen anzuzünden, die an den vier Wegen lagen.
    Gierig griffen die Flammen nach dem trockenen Gras. Sie erhellten die Finsternis mit ihrem zuckenden Schein und schufen aus den Männern makabre Gestalten.
    Es waren mehr als zehn.
    Und sie hatten sich bewaffnet.
    Manche trugen Sensen. Andere wieder Äxte. Es gab auch jemand, der eine Armbrust bei sich hatte. Der Pfeil war bereits aufgelegt. Der Mann legte auf den unheimlichen Reiter an. Er selbst wirkte wie ein von Flammen umspieltes Denkmal.
    So stand er da und zielte auf die düstere Gestalt, die einen Zügel des Pferdes gepackt hielt und sich nicht rührte.
    Einer unter den Versammelten hatte sich eine besondere Waffe ausgesucht.
    Es war ein Strick!
    Ein Henkersstrick, wohl geknüpft, und er hielt die Schlinge so vor sein Gesicht, daß er hindurchschauen konnte. Der Wind bewegte sie, so daß sie von einer Seite zur anderen schaukelte.
    »Die ist für dich, verdammter Schänder und Höllensohn!« erklärte der Mann mit dumpfer Stimme. »Und ich persöhnlich werde sie dir um den Hals legen, damit du am starken Ast dieser Eiche baumelst. Hier haben schon immer Mörder gehangen, du wärst nicht der erste.«
    Die Stimme des Sprechers klang dumpf. Aus ihr war auch die Entschlossenheit herauszuhören, mit der alle Wartenden gesegnet waren. Sie wollten die Vernichtung, und sie würden sie bekommen, dessen waren sie sicher.
    Der Reiter hatte bisher ruhig gestanden. Nun suchte er nach einem Ausweg. Sein Pferd mochte das Feuer nicht. Es wurde allmählich unruhig und bekam Angst, je höher die Flammen stiegen. Das Muster zuckte über seine Gestalt. Eine Mischung aus Schatten und Licht. Weit riß das Tier sein Maul auf, wieherte schrill und schaffte es dann, sich mit einem Ruck loszureißen. Der unheimliche Reiter wollte noch nachfassen, er griff ins Leere. Sein Tier sprengte bereits davon.
    Dumpf schlugen die Hufe auf den Boden und wirbelten abermals dichte Staubwolken in die Höhe, die den Weg des Pferdes begleiteten. Dann hatte es die Nacht verschluckt.
    »Jetzt bist du ganz allein, Schänder!« sagte der Mann mit der Schlinge.
    »Nicht einmal der Teufel wird dir helfen!«
    Als der Reiter das hörte, begann er zu lachen. »Der Teufel?« höhnte er.
    »Der Teufel ist mein Freund. Er steht auf meiner Seite, denn ich habe ihm gedient.«
    »Das wissen wir. Deshalb hast du dir die jungen Mädchen geholt. Wo sind sie, Schänder?«
    Der Reiter breitete die Arme aus. »Wo sie sind? In der Hölle. Ich habe sie dem Satan versprochen, und er hat ihre Seelen sehr gern genommen, denn sie allein geben ihm Kraft. Ich bin ein Günstling des Teufels, daran solltet ihr euch gewöhnen, ihr verdammten Kerle.«
    »Nicht mehr lange!«
    Der Mann mit dem Strick hatte die Worte kaum ausgesprochen, als er einem der anderen einen Wink gab.
    Er wurde verstanden. Jemand bückte sich und hob ein großes
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