Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kolonie

Die Kolonie

Titel: Die Kolonie
Autoren: Ben Bova
Vom Netzwerk:
Herz brechen, dachte Denny.
    »Man hört so manches im Bazar.«
    »Zum Beispiel?«
    »Es wird ein hochgewachsener Christ kommen mit einem roten
Bart, ein Fremder, der den Palast des Kalifen baut…«
    Denny nickte. »Das bin ich.«
    Sie blickte verzweifelt um sich, die Straße hinunter, die
jetzt wie ausgestorben da lag, sie schaute hinter sich auf ihren
Bruder, der geduldig und regungslos dasaß, sie schaute in die
trüben Fensterscheiben der Teestube, hinter der neugierige Augen
hervorschauten.
    »Wir werden den Bazar nicht lebend verlassen.«
    »Wie? Was meinst du?«
    »Man flüstert es sich zu, alle Welt weiß es, ich
habe es heute früh gehört. Der hochgewachsene Christ mit
dem roten Bart wird den Bazar nicht lebend verlassen.«
    Er versuchte zu lachen, aber er mußte feststellen, daß
seine Kehle merklich trocken war. »Das ist Unsinn«, sagte
Denny und langte nach seiner Bierflasche. Sie war leer.
    »Es ist die Wahrheit«, flüsterte sie.
    »Aber wer will mich denn töten? Und warum?«
    Sie aber wußte keine Antwort auf seine Frage.
    Denny wurde plötzlich ungeduldig und knallte die leere
Flasche auf den Tisch. »Wirt!« rief er. »Wo bleiben
die Drinks?«
    Der alte Mann kam mit leeren Händen aus dem Laden. Jetzt
lächelte er nicht mehr. Er rief dem Mädchen etwas auf
Arabisch zu. Denny verstand die ersten Worte: »Pack dich,
Zigeunerin!« und irgend etwas das sich auf den Eirisch bezog. Das Mädchen lief davon, und ihr Bruder folgte ihm
durch die gewundene Straße.
    »Sir, Sie sollten nicht zulassen, daß man Sie ausnutzt.
Man betört Sie mit fantastischen Märchen und stiehlt Ihr
ganzes Geld.«
    Denny sprang auf die Füße. Er zerrte die restlichen
Banknoten aus der Tasche und warf sie auf den Tisch. »Das ist
alles, was ich habe. Sie hätte nicht viel ergattert.«
    Der Alte starrte eine Weile die Banknoten und dann Denny an. Seine
Augen waren rot gerändert und blickten böse unter den
weißen Brauen. »Vielleicht ist es besser, wenn Sie
umkehren und diesmal nicht durch den Bazar gehen. Es ist eine
schlimme Zeit mit schlechten Vorzeichen.«
    Der weiß ebenfalls Bescheid! »Vielleicht hast du
recht«, sagte Denny. Er trat vom Tisch zurück.
    »Ihr Geld«, rief der Besitzer.
    »Behalt’s!« sagte Denny, »für das
Bier… und für den Hinweis.«
    Er entfernte sich festen Schrittes von der Teestube, ließ
den Alten einfach stehen und ging zurück durch die Straße
der Schmiede. Während er über die Schulter
zurückblickte, konnte er gerade noch drei finstere Gestalten
erblicken, in schwarzen Dischdaschas und karierten um den Kopf
geschlungenen Tüchern, die am Teehausbesitzer vorbeigingen und
ihm folgten.
    Selbst das übliche Hämmern der Schmiede war jetzt
verstummt. Die Sonne war längst untergegangen, und entlang der
schmalen Bazarstraße waren einige wenige Lampen angezündet
worden. Es sah finster und unheimlich aus.
    Geschieht dies alles wirklich, oder lasse ich die Legenden, die
diese Stätte umranken, auf mich einwirken? fragte sich
Denny. Ich plaudere mit einem Zigeunermädchen, und dann
werden meine Hände unsicher.
    Doch als er zurückschaute, sah er, daß ihm die drei
Männer immer noch folgten.
    Warum gerade ich? Was zum Teufel geht hier vor?
    Im Gehen tippte er die Nummer seines Büros auf dem
Kommunikator. Der Computer antwortete, indem er rote Buchstaben auf
seinen kleinen Bildschirm warf: BITTE HINTERLASSEN SIE IHREN NAMEN,
UHRZEIT UND RUFNUMMER, UNTER DER SIE ERREICHBAR SIND. WIR RUFEN
MORGEN FRÜH ZURÜCK.
    Denny stieß einen Fluch aus, während die Nachricht auch
in arabischer Schrift erschien.
    Es wäre witzlos, die Ortspolizei anzurufen. Die kam nie ins
Bazarviertel, sofern nicht bereits eine Leiche im Straßengraben
lag.
    Er beschleunigte seine Schritte und wählte die Nummer seines
Vorarbeiters. Keine Antwort. Dann das Büro für
Altertümer, das die Arbeiten am Palast beaufsichtigte. Wieder
nur der automatische Anrufbeantworter.
    Die Männer hinter ihm hatten ihre Schritte ebenfalls
bescheunigt. Sie kamen näher. Und Denny stellte fest, daß
sie ihn nur noch eher kriegen würden, wenn er versuchte, wieder
auf die Baustelle zuzulaufen. Sie konnten ihn auf der Brücke
oder auf der Baustelle umbringen. Sie konnten ihn unter seinen
eigenen Mauern verscharren, und kein Mensch würde ihn jemals
finden.
    Er begann zu laufen, wobei ihm der Schweiß aus allen Poren
drang und wählte die Nummer der Büros der Weltregierung am
Platze. Die roten Buchstaben auf dem Bildschirm des
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher