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Die Koenigin der Wolle

Die Koenigin der Wolle

Titel: Die Koenigin der Wolle
Autoren: Susanne Nitzsche
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Mal vielleicht”, wehrte Sterling ab. Er hatte nicht die geringste Lust, sich vor dieser Frau zu blamieren. Obwohl sie freundlich und geduldig schien, wollte er sich nicht von ihr belehren lassen.
    „Okay.” Sie zuckte gleichmütig mit den Schultern und widmete sich ihrer halbfertigen Socke.
     
    Da weder Alexander noch Rosalind Anstalten machten, das Gespräch fortzuführen, breitete sich Stille zwischen ihnen aus. Normalerweise war diese Art von Schweigen unangenehm und verursachte nach einer Weile Nervosität und den Drang, die Unterhaltung auf Biegen und Brechen wieder aufzunehmen. In diesem Fall war das anders. Rosalind Fielding verströmte soviel Ruhe und Gelassenheit, dass Alexander Sterling sich innerhalb kürzester Zeit vollkommen entspannte, die Zeit vergaß und einfach das bunte Treiben in der Wartehalle beobachtete. Er saß und schaute solange, bis ihn ein sehr menschliches Bedürfnis plagte.
    „Könnten Sie mir bitten den Weg weisen, den Sie dem jungen Schweden vorhin gezeigt haben?”, meldete er sich etwas kleinlaut.
    „Aber gern. Gehen Sie einfach da links den breiten Gang entlang und achten Sie auf die Piktogramme auf der rechten Seite. Das mit dem Herrn mit den John-Wayne-Beinen ist Ihres.” Sie grinste wieder dieses mädchenhafte Grinsen, das Sterling so gefiel.
    Trotzdem zog er eine Augenbraue hoch und erwiderte sarkastisch: „Danke. Ihre Erklärung hat mich höchstwahrscheinlich vor einem Rauswurf mit anschließendem Hausverbot bewahrt.”
    „Bitte, gern geschehen. Jederzeit wieder.”
    Sie hatte es wieder getan, hatte ihm ganz einfach mit ihrer unbekümmerten Art den Wind aus den Segeln genommen. Kopfschüttelnd und stumm in sich hineingrinsend machte sich Alexander auf den Weg.
     
    Als Sterling ein paar Minuten später wieder an seinen ungewöhnlichen Campingplatz zurückkehrte, stand Rosalind Fielding neben ihren Habseligkeiten und streckte ihre Muskeln. Er hatte bis zu diesem Moment weder auf ihre Kleidung noch auf ihre Figur geachtet. Ihr Gesicht hatte mehr als genug Möglichkeiten zur Beobachtung geboten. Nun sah er, dass ihre schlanken Beine in schmalen, cognacfarbenen Cordhosen steckten und ihr Oberkörper in einen eng anliegenden rostbraunen Rollkragenpullover gehüllt war. Zusammen mit den ungestümen kupferroten Locken sah seine neue Bekannte in ihrer Kleidung aus wie frisch gefallenes Herbstlaub. Alexander hatte den Herbst schon immer gemocht - jetzt war er dabei, ihn lieben zu lernen.
    „Schön, dass Sie wieder hier sind! Inzwischen plagt mich dasselbe Verlangen, dass Sie und den Schweden befallen hatte. Außerdem hat ein Blick auf die Uhr ergeben, dass es höchste Zeit für ein ausgiebiges Dinner ist. Wenn ich schon mal auf dem Weg bin, schaue ich mich mal um, was der Flughafen kulinarisch so zu bieten hat. Könnte ich Sie mit einer ausgewogenen Mahlzeit beglücken?” Rose schaute Alexander erwartungsvoll an.
    „Sicher, gern”, antwortete er höflich und wartete, bis sich zum Gehen gewandt hatte. Dann setzte er murmelnd hinzu: „Du dürftest mich noch auf eine ganz andere Art beglücken.” Er schob den Gedanken beiseite. Wie alt mochte sie sein - Anfang dreißig? Oder noch jünger? Sie würde ihn nicht beglücken. Niemals. Ganz ausgeschlossen. Er seufzte resigniert. Wie schade!
     
    Es dauerte nicht viel länger als eine Viertelstunde und Rose kam mit einer gutgefüllten Plastiktüte und ihrem Sonnenaufgangsgrinsen zurück. Sie ließ sich neben Sterling nieder und begann, den Inhalt der Tüte Stück für Stück auf dem Boden vor sich zu verteilen.
    „Mineralwasser. Eine Flasche für Sie, eine für mich. Sandwiches - Schinken und Käse. Die Auswahl war nicht besonders groß. Und Kekse.” Sie lächelte noch immer. „Gegen Unterzuckerung.”
    „Eine ausgewogene Mahlzeit?”, fragte der Autor mit hochgezogenen Augenbrauen.
    „Das Mineralwasser enthält bestimmt irgendwelche wichtigen Spurenelemente. Zwischen den Sandwichscheiben findet sich sicher ein Salatblatt. Und in den Keksen muss Getreide sein. Ausgewogen genug?” Sie imitierte seinen ungläubigen Blick.
    „Sie haben mich vollkommen überzeugt.”
    „Fein. Weil ich nicht weiß, wie’s in Ihrem Koffer aussieht, habe ich zwei Reisezahnbürsten mitgebracht. Natürlich auch die passende Zahncreme dazu. Man kann ja nie wissen, wie lange wir hier festsitzen.” Rosalind hielt Alexander eine Zahnbürste mit blauem Griff entgegen.
    „Wie aufmerksam. Dentalhygiene sollte man auch in Ausnahmesituationen nicht
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