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Die Koenigin der Wolle

Die Koenigin der Wolle

Titel: Die Koenigin der Wolle
Autoren: Susanne Nitzsche
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eigenartige Polster. Zu seiner großen Überraschung war die Wolle erstaunlich weich und bequem.
    Er musterte die junge Frau, die munter weiterstrickte und sich dabei immer wieder in der Flughafenhalle umsah. Ihr Haar war auf auffallend kupferrot und fiel in wilden Locken über ihre Schultern. Ihre Haut war blass. Erstaunlicherweise tanzten nur über ihren Nasenrücken ein paar Sommersprossen, die ihrem Gesicht etwas Jugendliches gaben. Als sie sich unvermittelt zu ihm wandte und sich ihre Blicke begegneten, traf ihn die ganze Wucht ihrer türkisfarbenen Augen. Noch nie hatte er eine derart intensive grünlich-blaue Farbe an einem anderen Menschen gesehen. Linsen? Nein, der Typ Frau schien sie nicht zu sein. Trotzdem war Alexander Sterlings Interesse blitzartig erwacht.
    „Darf ich fragen, mit wem ich die Ehre habe?” Gott, diese Frage hatte so antiquiert geklungen, als hätte sein Romanheld sie gestellt.
    „Mit Rosalind Fielding. Miss Rosalind Fielding, Königin der Wolle. Rose reicht aber völlig. Und mit wem habe ich das Vergnügen?” Sie lächelte ihn immer noch geradezu entwaffnend an.
    „Ich bin Alexander Sterling.” Er schaute auf den Boden, weil er genau wusste, was nun kommen würde. Kommen musste .
    „Wirklich? Der Alexander Sterling?” Nur diese beiden Fragen klangen erstaunt, dann hatte sich Miss Rosalind Fielding wieder unter Kontrolle, und ihr Lächeln wich einem kritischen Gesichtsausdruck.
           „Aha. Interessant.” Sie musterte Sterlings Gesicht so eingehend, dass er die Röte spürte, die seine Wangen überzog.
    „Sie sagen das, als wäre es etwas Schlimmes”, stellte er ungehalten fest. Angriff war die beste Verteidigung, auch gegen aufmüpfige Strickliesl mit umwerfenden Augen.
    Sie zuckte die Schultern und verzog den Mund. „Nein, keineswegs. Ich hatte Sie mir nur anders vorgestellt. Wenn man ein Buch liest und vom Romanhelden auf den Autor schließt, kann man sich ganz schön irren, habe ich gerade festgestellt.”
    Alexanders Unmut verflog wieder. „Ah ja. Und wie genau hatten Sie sich mich vorgestellt?” Erst nachdem er die Frage gestellt hatte, wurde ihm klar, dass die Antwort nicht unbedingt zu seinen Gunsten ausfallen musste.
    Rosalind ließ ihr Strickzeug sinken und schickte ihre Blicke abermals auf eine Reise über Sterlings Körper.
    „Nicht so attraktiv. Wenn man Ihre Bücher liest, denkt man automatisch an einen gesetzten Herrn im Karosakko, der mit einer Pfeife im Mundwinkel an einer uralten mechanischen Schreibmaschine sitzt. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, dass der berühmte Alexander Sterling so gut aussieht. Und schon gar nicht, dass Sie Jeans und Polohemden tragen.” Ihr Grinsen kehrte zurück, und sie widmete sich wieder ihren Stricknadeln.
    Alexander Sterling hatte sich auf eigenen Wunsch mit der hervorstechendsten Eigenschaft bekannt gemacht, die Rosalind Fielding zu bieten hatte - ihrer Aufrichtigkeit. Ihr Unwille, Lügen zu erzählen oder zu heucheln, hatte sie schon oft in skurrile Situationen gebracht und Leute entweder verwirrt oder verärgert. Oder beides. In diesem speziellen Fall verursachte sie damit jedoch nichts als Freude und Genugtuung.
    „Es freut mich, Sie angenehm überrascht zu haben.” Hatte er diesen Satz allen Ernstes so ausgesprochen? Sterling hätte sich treten können. Großkotzig war gar kein Ausdruck dafür.
    „Wären Sie bei den Pfadfindern, hätten Sie Ihre gute Tat für heute damit vollbracht”, lautete Rosalinds trockene Antwort darauf. Begleitet wurde die Feststellung jedoch von einem schelmischen Lächeln und einem amüsierten Seitenblick.
    Alexander wollte gerade fragen, was es mit der ganzen Wolle auf sich hatte, als ein junger Mann mit blonden Haaren und rotem Gesicht auf sie zugeschossen kam und aufgeregt in einer fremden Sprache auf sie einredete. Zu seiner großen Überraschung schaute Miss Fielding, die Königin der Wolle, zu dem Burschen auf und antwortete in demselben Kauderwelsch. Dann wedelte sie mit einer Hand in Richtung des Infoschalters und lächelte freundlich, als der Jüngling einen leichten Diener vor ihr machte und wieder davonrannte.
    „Was war das?” Sterling hatte eine Augenbraue hochgezogen und schüttelte ungläubig den Kopf.
    „Schwede. Wollte wissen, wann wieder Flüge gehen und - wehe, Sie lachen jetzt - wo die Herrentoilette ist. Sah aus, als könne er nicht mehr viel Zeit mit der Suche danach verplempern.”
    Alexander Sterling lachte doch. Aus vollem Halse. Als er sich
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