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Die Köchin und der Kardinal

Die Köchin und der Kardinal

Titel: Die Köchin und der Kardinal
Autoren: Christa S. Lotz
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ungeniert anstarrte. Sie trugen ausgeschnittene Kleider aus Seide und Barchent. Gestärkte Spitzenkragen breiteten sich über ihre Schultern, die Ärmel waren weit und elegant. In ihren Haaren hatten sie Perlenschnüre befestigt. Sie trugen die gepuderten Nasen recht hoch und stolzierten auf den Absätzen ihrer Lederstiefelchen einher.
    »Solche schönen Kleider möchtest du wohl auch mal tragen!«, neckte Elisabeth die Schwester.
    »Natürlich will ich das, so abgerissen, wie wir aussehen! Und ich wollte schon immer nach Baden, das weißt du doch«, gab Agnes zurück.
    »Denkst du gar nicht mehr an unsere Familie?«, wollte Elisabeth wissen. »Ist es dir gleichgültig, was aus den Flüchtlingen im Schwarzwald geworden ist?«
    »Wir haben Krieg, Elisabeth, da müssen wir in erster Linie an uns selber denken.«
    Elisabeth war fassungslos. So hatte sie ihre kleine Schwester noch nie erlebt.
    Vor der Kirche mit den hohen Fenstern und Strebepfeilern blieben sie stehen. Hier wurde ein Markt abgehalten. Elisabeth lief das Wasser im Mund zusammen, als sie die ausgestellten Waren sah: Walnüsse und Maronen in großen Säcken, grüne Bohnen, Fleisch von Hühnern, Rindern und Ziegen, Käse aller Sorten, Trauben, Fässer mit Wein, weißes und schwarzes Brot, Butter, Salz, Ingwer, Kurkuma, Pfeffer und andere Gewürze. Elisabeth zog ihren Geldbeutel heraus und kaufte für sie beide Brot und Wurst.
    »Wir müssen beraten, was jetzt zu tun ist«, sagte sie zu Agnes. »Ob wir in einem Kloster um Aufnahme bitten oder …«
    »Oder uns eine Arbeit suchen, die uns ernährt«, vollendete Agnes den Satz. »Ich könnte mir gut vorstellen, in dieser Stadt als Bademagd anzufangen.«
    Eine ältere Frau in Wollkleidung, die vorüberging, hatte den letzten Satz von Agnes gehört.
    »Das ist keine Beschäftigung für ehrbare Frauen«, sagte sie. »Fragt doch mal im ›Roten Ochsen‹ nach, die suchen gerade jemanden für die Küche und für den Garten.«
    »Ich danke Euch«, sagte Elisabeth. Wie kam die Frau darauf, sie für ehrbar zu halten? Es lag wohl an den Pelzmänteln, die sie wegen der Wärme ausgezogen hatten und in den Händentrugen. Elisabeth wollte in ihren Geldbeutel greifen, aber die Frau winkte ab und setzte ihren Weg fort. Agnes verzog das Gesicht.
    »Als Küchenmagd soll ich mich verdingen, ich, die Tochter eines Mesners, der in der Kirche eine gewichtige Rolle spielt? Lieber wäre ich die Mätresse eines hohen Herrn!«
    »Agnes, du weißt nicht, was du sprichst. Gerade erst sind wir mit dem Leben davongekommen, und du hast schon wieder solche Flausen im Kopf. Ich gehe jetzt zum ›Roten Ochsen‹ und versuche mein Glück.«
    »Also gut, ich komme mit dir. Wenn man in der Küche schafft, wird man ja wenigstens gut verpflegt werden.«
    »Ich habe doch gerade etwas für uns gekauft. Ist dir das nicht gut genug?«
    »Ich hätte Lust auf Schweinebraten mit Kraut!«
    »Ich verstehe dich ja«, antwortete Elisabeth. »Vielleicht bekommen wir das im ›Roten Ochsen‹.« Auch sie hätte natürlich einen heißen, saftigen Braten dem Brot vorgezogen.
    Die Sonne hatte die Steine des Platzes erwärmt. Ein tiefblauer Himmel spannte sich über der Stadt. Der »Rote Ochse« lag in einer Gasse unterhalb von Rathaus und Kirche. Die niedrige Tür stand einladend offen. Ein Duft nach Braten wehte Elisabeth entgegen, was ihre Magensäfte in Aufruhr brachte. Die Gaststube hatte eine rußgeschwärzte Decke und war mit rohgezimmerten Bänken, Tischen und Schemeln ausgestattet.
    »Was habt Ihr heute anzubieten?«, fragte Elisabeth den Wirt, einen beleibten Mann mit gelbem Wams und Lederkniehose. Sein braunes, an den Schläfen ergrautes Haar fiel offen auf seine Schultern.
    »Schweinsbraten in Biersoße, dazu Kraut und Brotknödel«, erwiderte der Wirt. Elisabeth warf einen Blick in die Küche. Da stand der gemauerte Herd in einer Ecke; auf dem Rost dampfte ein großer Topf mit Kraut, während der Braten von der Frau des Wirtes gewendet und mit Brühe begossen wurde. Die dabeientstehende Soße aus Fett und Saft wurde in einer flachen Raine aufgefangen.
    »Wir nehmen zwei Portionen«, sagte Elisabeth. Wenig später standen Zinnteller mit Braten, Kraut und Klößen vor ihnen. Das Fleisch war zart, es fiel fast vom Löffel, das Kraut sämig und die Knödel herzhaft. Inzwischen hatte sich die Gaststube gefüllt, Landsknechte und Marktbesucher ließen sich an den Tischen nieder und bestellten Braten und Wein.
    »Was sind wir Euch schuldig?«, fragte
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