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Die Knochen der Goetter

Die Knochen der Goetter

Titel: Die Knochen der Goetter
Autoren: Boris Pfeiffer
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gebrochen.
    In einer gewaltigen Welle verschwanden die hohen Bücherregale um die drei Lehrlinge und die Flut kehrte zurück.
    Vor Filine, Rufus und No öffnete sich die Wüste. Und in ihr lag eine gewaltige Stadt. Die Mauern ragten auf wie quadratische, am oberen Ende mit Zinnen versehene Pyramiden. Darin standen große flache Häuser mit sehr glatten Mauern und riesige Palastgebäude, die in den Himmel zu ragen schienen. Es war tiefe Nacht.
    Durch die Dunkelheit gellte Coralias Stimme.
    »Na gut, ihr habt mich erwischt. Haha! Ihr hättet mal eure Gesichter sehen sollen! Besonders deins, Filine, als die Meisterin gesagt hat, für solche Zusammentreffen in einer Flut wäre eine besondere Voraussetzung nötig. Du hast doch bestimmt gedacht, du wärest mit der Pharaonin verwandt, haha! Dabei habe ich nur ausgenutzt, dass du Ägyptisch kannst. Das war zu schön. Reingefallen!«
    Im selben Augenblick rief Meisterin Iggles Stimme: »Coralia. Du kommst mit in mein Zimmer. Ich habe dir einiges zu sagen. Du kannst froh sein, wenn ich dir für dein Verhalten nicht dein Konto sperren lasse.«
    »Was?«, zeterte Coralia. »Aber das war doch nur ein Scherz.«
    »Komm jetzt, Coralia!«, hörten Filine, Rufus und No Meisterin Iggle noch in strengem Ton sagen, dann wurden sie völlig von der Flut umschlossen.
     
    Vor ihnen kniete die Pharaonin in der Werkstatt des Nubiers und betastete mit geschlossenen Augen eine der goldenen Katzen. Anchetcheprure trug ein einfaches Kleid und den gleichen Schmuck wie zuvor im Palast. Mahu stand ein Stück hinter ihr und beobachtete sie gespannt. In einer Ecke der Werkstatt saß Nauri und verfolgte neugierig, was passierte.
    »Sind dies die schönsten Katzen, die du hast, Goldschmied?«
    »Ja, Königin«, antwortete Suleiman.
    »Hast du noch andere außer dieser?«
    »Ja.«
    »Dann gib sie mir.«
    Suleiman reichte der Pharaonin eine weitere Katze. Anchetcheprure nahm sie in die Hände, schloss wieder die Augen und betastete sie. Plötzlich lachte sie auf. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du gibst mir immer dieselbe.«
    »Es sind andere«, beteuerte Suleiman.
    »Und doch fühlen sich alle gleich an.«
    »Natürlich tun sie das!«, rief Mahu. »Er ist ein Meister seiner Kunst. Seine Katzen der Göttin Bastet sind perfekt.«
    Die Pharaonin hob eine Hand und Mahu schwieg.
    »Aber so kann es nicht sein, Mahu. Keine lebendige Katze fühlt sich an wie die andere.«
    Ängstlich deutete Suleiman auf die Zeichnungen an der Wand und das priesterliche Siegel darunter. »Ich mache die Katzen, wie mir Euer Priester es aufgetragen hat. Mit meinem ganzen Können.«
    Anchetcheprure lächelte verächtlich, sodass Suleiman erschrocken schwieg.
    »Mahu«, sagte die Pharaonin. »Ich wünsche für die Reise in die jenseitige Welt eine Katze, die sich anfühlt wie eine Katze. Die ich bei mir weiß, wenn ich in der Welt des ewigen Lebens erwache. Ich frage mich seit Langem, Mahu, was ist der Tod, was ist das Leben dort? Was, wenn es dort einsam ist? Sollte ich dann nicht ein Lebewesen bei mir haben, das mich tröstet? Doch ich frage noch weiter, Mahu. Auf dieser Welt hier herrscht viel Leid. Das hast du mich gelehrt, Mahu. Was aber, wenn dort in der anderen Welt auch Finsternis, Leid und Vergessen herrschen? Darf ich dann, die ich doch zu sorgen habe für das Maat, einfach einen Menschen mit mir nehmen, der leiden muss, nur damit ich nicht einsam bin? Ist das nicht ungerecht? Ja, das ist es! Und darum will ich keinen Sklaven, sondern nur ein Tier mitnehmen. Ein Tier, das mich gerne begleitet. Eine Katze. Die Katzen sind die einzigen Wesen, die Einsamkeit nicht fürchten. Aber ich will auch keine Katze der Bastet. Ich will eine Katze, die ist wie ich. Einsam und sterblich in dieser Welt. Und ich frage dich, Künstler«, die Pharaonin wandte sich Suleiman zu, »gibt es nicht so eine Katze für die Pharaonin?«
    Suleiman zuckte hilflos zusammen. Aber im selben Augenblick sprang Nauri, der gespannt zugehört hatte, auf und rief, ohne zu zögern: »Ja, natürlich gibt es diese Katze. Meine Katze macht das für Euch! Denn im Leben wird sie sowieso nur geschlagen und verjagt.« Der Junge lief in die hinterste Ecke des Hauses und holte die wächserne Katze aus ihrem Versteck. Dann brachte er sie Anchetcheprure.
    »Hier!«
    Er drückte sie der Pharaonin in die Hand.
    Anchetcheprure musterte Nauris Werk voller Erstaunen. Dann schloss sie die Augen und spürte der Gestalt der Katze mit den Händen
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