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Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)

Titel: Die Klinge von Namara: Roman (German Edition)
Autoren: Kelly McCullough
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dass ihr das Atmen Mühe bereitete.
    »Ich habe nicht weit von hier eine Reserve«, sagte ich. Eigentlich waren es mehrere, was den Gedanken, eine davon preiszugeben, etwas weniger beängstigend erscheinen ließ. Nachdem mein Interesse am Leben durch die Ereignisse des vergangenenFrühjahrs doch noch einmal aufgeflackert war, hatte ich die alte Gewohnheit wieder aufgenommen, vorausschauend und unter Einbeziehung diverser Eventualitäten, zu agieren. »Dort dürften wir sicher sein, zumindest für eine Weile.«
    »Bring mich hin«, sagte Hera nun wieder in dem abgehackten Stil der Fusion.
    Ehe ich Stal die Hand reichen konnte, stemmte sich die Dyade hoch und nutzte dabei ihre beiden Leiber in perfekter Kombination. Durch ihre Kooperation wirkte es wie ein sorgsam choreographierter Tanz, als die verletzte Frau auf die Beine kam. Und nun wurde mir klar, was es mir den ganzen Abend so schwer gemacht hatte, die beiden Frauen zu ignorieren: die inhumane Koordination.
    Wann immer die beiden miteinander interagiert hatten, beispielsweise ein Glas Wein über den Tisch geschoben, hatten sie es ohne die überflüssigen Bewegungen oder die minimalen Korrekturen getan, die normalen Menschen unter vergleichbaren Umständen zu eigen waren. Das verriet mir, dass sie nie gelernt hatten, sich als gewöhnliche Menschen auszugeben. Und das wiederum bedeutete, dass die beiden mit größter Wahrscheinlichkeit außerhalb des Rahmens ihrer normalen Pflichten und ihrer Ausbildung handelten.
    Ich hatte noch nicht viel mit Dyaden zu tun gehabt; so wenig, wie meiner Erinnerung nach auch jede andere Klinge. Kodamia war ein so viel besserer und humaner betriebener Laden als all die Länder in der Umgebung, was auch bedeutete, dass es sich der Aufmerksamkeit meiner Göttin weitgehend entzogen hatte. Ich war im Laufe der Jahre einigen von ihnen begegnet, meist, wenn ich getarnt an einem der diversen Höfe des Ostens gearbeitet hatte. Kadesh, die Kvanas, Zhan   …
    Die Dyaden, die mir unter solchen Umständen begegnet waren   – überwiegend Spione, Horcher im diplomatischen Dienst   – waren mir vollkommen normal erschienen, es sei denn,sie hatten sich absichtlich entschlossen, ihre fremdartige Natur zu unterstreichen. Offensichtlich hatten Hera und Stal die wie auch immer geartete Agentenschule, in der jene anderen ausgebildet worden waren, nicht durchlaufen. Ein interessanter Punkt. Ebenso wie die Tatsache, dass sie vergleichsweise jung waren   – beide nicht viel älter als fünfundzwanzig   –, beinahe eine Dekade jünger als alle anderen Dyaden, die ich je getroffen hatte. Ich fragte mich, was es wohl zu bedeuten hatte, dass diese beiden so weit weg von ihrem Zuhause waren.
    »Kommt«, sagte ich und deutete mit einem Nicken auf die Hintertür. »Auf diesem Weg haben wir größere Chancen, nicht gesehen zu werden, und ich muss unterwegs noch kurz einen Zwischenstopp einlegen.«
    »Wozu?«, fragte Hera argwöhnisch.
    »Meine Ausrüstung. Ich habe eine Kammer über dem Stall gemietet   … oder ich hatte, bis heute.« Ich machte mich auf den Weg. Entweder sie vertrauten und folgten mir, oder eben nicht. Was immer passieren würde, ich musste mein Zeug holen und von hier verschwinden, ehe die Gardisten in Angriffsstärke zurückkehrten. »Dieser Ort ist verbrannt. Nach dieser Geschichte werde ich eine ganze Weile nicht mehr zurückkommen können. Vielleicht nie mehr. Nicht, nachdem drei Elitesoldaten getötet worden sind und Berichte über verbrecherische Dyaden kursieren, die die Nachbarschaft aufmischen. Dafür haben mich zu viele Leute mit euch gesehen.«
    Ich war so sehr damit beschäftigt gewesen, am Leben und in einem Stück zu bleiben, dass mir dergleichen bis zu diesem Moment gar nicht in den Sinn gekommen war. Aber es stimmte, und diese Erkenntnis schmerzte mich. Der Greifenkopf war eine Absteige übelster Sorte und lag mitten im Herzen von Tiens heruntergekommenstem Elendsviertel, doch nichts von all dem änderte etwas an der Tatsache, dass er mir mehr als sechs Jahre lang ein Zuhause geboten hatte   – länger als jeder andere Ortmit Ausnahme des Tempels der Namara. Ich würde ihn vermissen.
    Bedauernd sah ich mich um, als ich zur Hintertür hinausschlüpfte. Bei der vorangegangenen Stampede durch die Ausgänge hatte jemand eine der billigen Öllampen umgeworfen, die üblicherweise den Hof erleuchteten. Sie war auf einem dreckigen Haufen benutzten Strohs aus den Ställen gelandet, und nun sorgten Flammen für einen hellen,
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