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Die Kinder des Ketzers

Die Kinder des Ketzers

Titel: Die Kinder des Ketzers
Autoren: Katja Klink
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erlöste…
    «Cristi-ii-iinooo!»
    … um mit ihr dann auf sein Schloss zu reiten, und dort lebten sie glücklich und zufrieden bis zu ihrem Ende, und noch im Tod umranken die Rosen, die aus ihren Gräbern sprießen, einander wie in einer zärtlichen Umarmung, grünes Blattwerk und Blüten, rot wie das Herzblut…
    «Cristino, verflucht, wach auf, du blöde Gans!»
    Ein Kissen traf ihren Kopf mit einem dumpfen Schlag und ließ
    das ergreifende Bild der rosenumrankten Gräber zerplatzen wie eine Wasserblase. Im nächsten Moment schon wurde die Decke zurückgerissen, und Helligkeit schoss in ihr Gesicht wie ein Schwaps eiskalten Wassers. «Jesus, du bist ja toll!» Heftig grabschte Cristino nach der Decke, zerrte sie sich wieder über die Ohren. «Lass mich zufrieden!»
    «Cristi-i-iino!» Sanft flötete die Stimme in ihr Ohr. «Es ist Mo-orgen!»
    «Oh, hau ab!»
    «Verdammt noch mal, Cristino, steh endlich auf! Wir fahren um neun, falls du das vergessen hast!» Die Daunenmatratze erbebte, als die andere sich auf den Rand der Bettstatt fallen ließ. Cristino schielte aus dem Augenwinkel nach hinten und ergatterte einen Blick auf eine sommersprossengesprenkelte Nase und eine Kaskade feuerroter Locken. Gott sei’s gedankt, dass nicht auch sie diese un20
    möglichen roten Haare hatte. «Verschwinde», sagte sie. «Ich fahre nicht mit.»
    «Wie, du fährst nicht mit?» Die Stimme der anderen klang perplex. «Wie meinst du das?»
    «Wie ich es sage.» Cristino zog ärgerlich die Nase hoch. «Ich bleibe hier. Ich fahre nicht nach Ais.»
    «Sag mal, bist du verrückt geworden?» Die Rothaarige war auf die Füße gesprungen, und jetzt stand sie in ihrem weißen leinenen Nachthemd und mit wütend in die Seite gestemmten Armen neben dem Bett und sah aus wie der Erzengel Michael auf der Suche nach dem Antichrist. « Ma mie , ich freue mich seit mindestens hundert Jahren darauf, dass wir endlich nach Ais fahren, und jetzt willst du nicht mit?»
    «Nein! Will ich nicht!» Wieder zog Cristino die Nase hoch.
    «Ja, aber, Himmel, was willst du denn hier machen, den ganzen Sommer, nur mit Jannou und dem Waldhüter und der alten Barbro? Du wirst dich zu Tode langweilen! Ganz abgesehen davon, dass Frederi dir den Kopf herunterreißt, wenn du nicht in einer Viertelstunde beim Frühstück erscheinst. – He!» Ihre Augen weiteten sich. «Sag nicht, es ist wegen diesem blöden Fest bei den Mauvent!»
    Cristino schniefte, sie hatte Tränen in den Augen. «Er hat gesagt, er würde sich freuen, wenn ich komme», flüsterte sie.
    «Jesus, Cristino!» Die Rothaarige verdrehte die Augen und ließ
    sich rückwärts auf den Stuhl vor der Frisierkommode fallen. «Das sagt Arman de Mauvent zu allen Mädchen! Für den bist du eine von Hunderten! Der interessiert sich nicht mal für deine Unschuld, so gleichgültig bist du dem!»
    «Catarino!» Cristino war aufgefahren und hatte sich schockiert die Hand auf den Mund gepresst.
    «Was denkst du dir eigentlich?» Die Rothaarige schüttelte ärgerlich den Kopf. «Dass er sich Hals über Kopf in dich verliebt und seine Verlobung mit Anne de Valet löst, oder was?»
    «Anne de Valet sieht doch aus wie ein Pferd!», schniefte Cristino.
    «Ein Pferd mit einer ordentlichen Mitgift», stellte Catarino trocken fest. «Himmel, Cristino, selbst wenn Arman Gefallen an dir 21
    finden würde, glaubst du im Ernst, Familie Mauvent würde deswegen auf die Ländereien der Valet verzichten? Ich meine, was könnte Frederi ihnen anbieten, um da mitzuhalten?»
    «Das ist alles so gemein!» Cristino brach jetzt endgültig in Tränen aus. «Heute ist der schrecklichste Tag in meinem ganzen Leben!»
    «Ach, Cristino, jetzt stell dich doch nicht so an!» Catarino zog ihren Schmollmund, mit dem sie ihre Schwester sonst stets erweichen konnte. Die beiden waren Zwillinge, allerdings von jener Sorte, die sich nicht sonderlich ähnlich sahen. «Sieh mal, Ais ist voll von jungen, gutaussehenden Edelmännern, die hundertmal besser sind als dein komischer Arman! Was meinst du, wie das wird, den ganzen Sommer Feste und Tanz und Musik! Wir werden uns vor den Nachstellungen der Kavaliere nicht retten können! Wahrscheinlich sind wir schon nach der ersten Woche keine Jungfrauen mehr!»
    «Catarino!»
    «Überhaupt, was findest du eigentlich an diesem Arman? Das ist doch ein Milchbart und kein Mann! Wahrscheinlich trägt er noch Windeln!»
    «Sag so etwas nicht! Ich liebe ihn!» Sie heulte. «Catarino, was soll ich bloß tun?»
    Ihre
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