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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
Autoren: P. B. Kerr
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nicht zu überzeugen.
    »Wenn du ein Tier haben willst, warum wünschst du dir dann nicht eine Wüstenspringmaus oder einen Hamster wie   …« Er hatte sagen wollen »wie jeder normale Junge«, aber da fielihm ein, dass sein Sohn wohl kaum ein gewöhnlicher Junge war, sowenig wie seine Tochter ein gewöhnliches Mädchen. Manchmal fiel es Edward Gaunt leicht, das Besondere an den Zwillingen zu vergessen. Immerhin sahen sie wie ganz normale Kinder aus. Sie sahen sich nicht einmal ähnlich. John war groß und dunkelhaarig, Philippa war kleiner, hatte rotes Haar und trug eine Brille. Aber er wusste nur zu gut, dass er im Sommer, wenn es heiß wurde in New York, wieder mit viel mehr Bedacht mit ihnen sprechen müsste. Damit nicht einer der beiden sich über ihn ärgern und ihn kurzerhand in einen Hund verwandeln würde. Es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas in der Familie vorkam. Als seine Brüder Alan und Neil vor vielen Jahren versucht hatten, ihn wegen seines nicht unbeträchtlichen Vermögens umzubringen, hatte seine Frau sie in Rottweiler verwandelt. Jetzt lebten sie als Hunde mit in der Familie.
    Natürlich waren John und Philippa als Dschinn nicht so geartet, dass sie jemals mit dem Gedanken gespielt hätten, ihren Vater in einen Hund zu verwandeln. Auch wenn sie sich manchmal ziemlich über ihn ärgerten. Sie waren immerhin Marid, und das hieß, sie gehörten einem der drei guten Dschinnstämme an, die ständig bestrebt waren, das Glück auf der Welt zu vermehren. Ihre Gegenspieler waren die drei bösen Dschinnstämme, die danach trachteten, mehr Unglück über die Menschheit zu bringen. Trotzdem war John ziemlich wütend, dass sein Vater nicht einmal darüber nachdenken wollte, ihm zu Weihnachten einen Wanderfalken zu schenken. Eine Enttäuschung, die sich zu einer Reihe anderer Probleme gesellte, mit denen er sich zurzeit herumschlug.
     
    Es war ein kalter Dezembermorgen in New York und zum ersten Mal in diesem Winter fiel Schnee. Aus seinem Zimmerfenster im siebten Stock ihres Hauses sah John Gaunt gemeinsam mit seiner Schwester zu, wie es schneite. Er fröstelte. Jede Flocke erinnerte ihn daran, wie lange es noch dauern würde, bis sie ihre Kräfte wieder einsetzen konnten. Weil er viel empfindlicher gegen die Kälte war als ein gewöhnlicher Mensch, zog sich John einen zweiten Pulli über und schlang die Arme um den Körper. Der Blick aus dem Fenster entmutigte ihn. Er und seine Schwester waren erst zwölf Jahre alt, aber das war alt genug, um sich an New Yorker Winter zu erinnern, die bis weit in den April gedauert hatten.
    »Wieso leben wir als Dschinn bloß in einer Stadt, in der die Winter vier Monate dauern können?«, stöhnte er.
    »Mir war schon ewig lang nicht mehr richtig warm«, sagte Philippa. Sie trat vom Fenster zurück, setzte sich auf den gebohnerten Holzfußboden und lehnte sich an einen großen Heizkörper. »Eigentlich nicht mehr seit diesem Nachmittag im Park. Als ich ein Eichhörnchen war und du ein Falke.«
    »Red bloß nicht von Falken«, grummelte John, der neben ihr hockte. Er fühlte sich ohnehin schon niedergeschlagen, doch der erste Schnee an diesem kalten Dezembermorgen ließ seine Stimmung noch tiefer sinken.
    Als es aber gegen Mittag zu schneien aufhörte, kam ihre Mutter herein und fragte die beiden, ob sie mit ihr Weihnachtseinkäufe machen wollten. Sofort verließen John und Philippa ihr warmes Fleckchen an der Heizung und stürmten zum Kleiderschrank, denn anders als Menschenkinder gehen junge Dschinn immer gern einkaufen.
    Sie zogen ihre dicksten Stiefel und wärmsten Mäntel an, dann bummelten sie mit ihrer Mutter durch die Madison Avenue. Mrs   Gaunt trug ihren dicken Mantel aus Zobelfell, einen eleganten Pelzhut, ihre mit Kaninchenfell gefütterten
Tommy Tinder
-Stiefel und eine blaue
Max
-Skibrille. Doch selbst in dieser Schneewetter-Kleidung brachte sie es fertig, bezaubernder auszusehen als jede andere Frau im Gala-Kleid bei der Oscar-Preisverleihung.
    Eine Weile ging alles gut. Die Zwillinge kauften für ihren Vater ein Buch und für ihren Onkel Nimrod eine feine rote Krawatte. Da er überhaupt nur rote Krawatten trug, waren sie überzeugt, dass sie ihm gefallen würde. Plötzlich, auf dem Rockefeller-Platz, während sie den Eisläufern zusahen und einen Chor »We wish you a Merry Christmas« singen hörten, wurde den Zwillingen sonderbar zumute. Erst war es nicht mehr als eine unbestimmte Nervosität, doch nach ein paar Minuten begannen sie schneller zu
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