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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel
Autoren: Elisabeth Klee
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allem, was geschehen ist, will ich keinen Augenblick mehr warten.»
    «Ich auch nicht», sagte Danielle.
    Calixtus strahlte über das ganze stoppelige Gesicht. «Dasgefällt mir. Dann schenken wir uns jetzt die langen Vorreden und kommen gleich zum Wesentlichen. Wir sind schließlich lange genug in der Weltgeschichte herumgerannt. Also: Willst du, Carolus, diese hier anwesende   … wie war der Name, den du Eberhardus gesagt hast?»
    «Alessa, Alessa di Ruggieri, aber bleiben wir ruhig bei Danielle», entgegnete sie.
    «Das mag auch besser sein, weil Alessa di Ruggieri als Ketzerin in den Archiven der Inquisition geführt wird. Also, willst du, Carolus, diese hier anwesende Danielle von Salerno zur Ehefrau nehmen und sie lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?»
    «Ja, ich will», sagte er laut und vernehmlich.
    «Und willst du, Danielle, diesen hier anwesenden Carolus von Pertuis zu deinem Ehemann nehmen, ihm gehorchen, ihn lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet?»
    «Ja, aber ich werde dir nur gehorchen, wenn es vernünftig ist», sagte sie an Carolus gewandt.
    «Wir werden uns schon einigen, ich liebe dich doch», sagte er.
    «Ja, ja, das sagen sie alle am Anfang. Aber warte nur, bis wir länger verheiratet sind und uns streiten.»
    «Ich schwöre   …», setzte Carolus an.
    «Na, na! Was ist denn das für eine Antwort? Es heißt nicht: Ja – aber. Es heißt ja oder nein. Willst du ihn nun haben oder nicht?», protestierte Bruder Calixtus.
    Danielle lachte. «Ja, natürlich will ich.»
    «Amen. In Pertuis macht ihr das Ganze lieber nochmal feierlich und offiziell, weil es mir der Abbé sonst ewig nachtragen wird. Und Carolus, deine Mutter will sich ihr Vergnügen auch nicht nehmen lassen. Aber vor Gott seid ihr jetzt Mann und Frau.»
    Einige Leute am Kai schauten herüber und wundertensich über das, was sie da sahen: ein Mönch, ein Matrose und ein junger Geck, was machten die da bloß? Und jetzt küsste der Matrose den Mönch! Sie schüttelten die Köpfe: «Was sind das bloß für sittenlose Zeiten? Früher hat es das nicht gegeben.»
    «Ach, Calixtus, ich freue mich so, und ich bin auch so froh, dass gerade du hier bei uns bist», jubelte Danielle.
    Calixtus’ Wangen waren ein wenig gerötet. «Wenn ich mir vorstelle, ich sollte das Grégoire beichten», sagte er versonnen.
    «Wie habt ihr mich nur gefunden?», fragte sie neugierig. Sie erzählten ihr alles, auch von dem Gespräch mit dem Inquisitor.
    «Barbara! Können wir denn gar nichts für sie tun?», rief Danielle erschrocken.
    «Nein. Nichts. Und es wäre besser, wenn wir so rasch wie möglich die Stadt verließen», drängte Calixtus.
    «Nein», sagte sie. «Zumindest will ich dabei sein, wenn sie auf den Scheiterhaufen geführt wird. Das bin ich ihr schuldig. Wenigstens
ein
freundliches Gesicht soll sie sehen.»
    «Das geht nicht! Sie würden dich erkennen», rief Carolus.
    Danielles Miene wurde hart und entschlossen. «Ich bleibe und begleite sie auf ihrem letzten Gang. Davon könnt ihr mich nicht abbringen!»
    «Eben gerade hast du mir Gehorsam geschworen, und schon widersetzt du dich mir?» Carolus hob ein wenig die rechte Hand in seinem Eifer und Schrecken. Danielle schlug sie ihm herunter. «Da, siehst du! Wenn du denkst, dass ich keinen eigenen Willen habe, dann täuschst du dich gewaltig. Diese Art von Gehorsam bekommst du von mir nicht. Und eines sage ich dir gleich: Lass dir niemals einfallen, mich zu schlagen. Ich schlage zurück.»
    «Das wird ja eine interessante Ehe werden», mischte Calixtus sich ein. «Nimm doch Vernunft an. Es ist zu gefährlich. Wenn sie dich erkennen, dann giltst du als Ketzerin, die sich ihrer Strafe entzogen hat, und dann ist es aus mit dir. Für Barbara kannst nichts mehr tun. Aber für Carolus hier. Er ist dir so weit gefolgt, er hat alles daran gesetzt, dich zu finden und zu gewinnen. Willst du das alles jetzt aufs Spiel setzen wegen einer, die ohnehin sterben muss?»
    Danielle ergriff Carolus’ Hände. «Verstehst du nicht? Mir ist doch das Gleiche zugestoßen wie Barbara. Ich wurde zwar nicht umgebracht, aber ich werde nie vergessen, wie das war: allein, von allen geschmäht, gehasst, mit Schmutz und mit Steinen beworfen. Die Blicke, das Gebrüll der Meute, du weißt nicht, wie das ist. Ich muss bei ihr sein, ich muss!»
    Zerrissen sah Carolus sie an: «Ich verstehe dich ja. Aber ich will dich nicht verlieren!»
    «Also gut. Vielleicht gibt es einen Weg», sagte Calixtus. «Wir
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