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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester
Autoren: Andrea Schacht
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Oder, nur ein ganz kleines bisschen. Sag mal, hat dieser Traum von Elcmar bei dir dieses Interesse an der keltischen Kultur ausgelöst?«
    »In gewisser Weise. Zuerst konnte ich überhaupt nichts damit anfangen, außer natürlich mit den Gefühlen, die er geweckt hat. Später dann stöberte ich in den Geschichtsbüchern herum und fand nichts, was passte. Aber mein Ehrgeiz war geweckt. Darum habe ich nach meiner Sturm- und Drangzeit Nägel mit Köpfen gemacht und Geschichtswissenschaften studiert. Da führte dann eins zum anderen. Frühgeschichte und frühes Mittelaltergrenzten das Geschehen ein, dann Fragmente über die Weltanschauung der Druiden und, soweit wir sie nachvollziehen können, ihre Naturverbundenheit. Es scheint, als hätten alle Zufälle mich genau an diesen Ort geführt, Lindis. An diesen Platz, wo einst Elcmar sein Blut für sein Land gegeben hat.«
    »Glaubst du, dass sein Opfer die Wende bewirkt hat?«
    »Ich glaube nicht, dass es einen kausalen Zusammenhang gab. Aber Elcmar gab sein Leben, und die Erde wurde wieder fruchtbar.«
    Die ersten Sterne flimmerten am Himmel, die Wolken hatten sich aufgelöst. Ein halber Mond legte seine Spur über das Meer.
    »Vier Tage sind erst vergangen«, murmelte ich und drehte mich so, dass ich ihn sehen konnte. Robert berührte meine Stirn mit seinen Lippen, und seine Hände wanderten unter meinen dünnen Pulli. Die Schlange an seinem Arm schimmerte.

6. Faden, letzter Knoten
    Das Wochenende über arbeitete ich lange und intensiv im Büro in Plouescat, um gut begründete Unterlagen für das Gespräch in Paris zusammenzustellen. Léon kam am Sonntagmorgen vorbei und brachte noch weitere Argumente und Ideen, Dr. Koenig traf gegen Mittag ein und ging mit uns die Vorbereitungen noch mal durch.
    »So, damit muss es jetzt gehen«, sagte er schließlich. »Wenn wir gut verhandeln, sollten die Aufwendungen für die Planung zumindest aufgefangen werden.«
    »Wer kommt alles zusammen morgen?«
    Koenig zählte ein paar Namen auf, die mir nicht viel sagten, aber Robert kam gerade zur Tür herein und fragte: »Sagten Sie Muller? Charles Muller, der Bankmensch?«
    »Guten Abend, Herr Caspary. Ja, Charles Muller. Warum?«
    »Ach, ich habe ihn mal getroffen. Passen Sie auf ihn auf, er spricht ausgezeichnet Deutsch, auch wenn er es nie zugeben wird. Er stammt aus dem Elsass.« Dann fragte er mich: »Und, seid ihr fertig geworden?«
    »Ja, mehr kann man jetzt nicht mehr tun. Wir haben noch zwei Stunden Zeit, nicht wahr? Treffen wir uns um sieben an Ihrem Hotel, Herr Dr. Koenig?«
    »Ja, bis nachher dann.«
    Robert nahm mich am Arm und führte mich zu seinem Jeep.
    »Arme Lindis, was für ein Stress!«
    »Halb so schlimm. Morgen Abend kannst du mir helfen, meine Wunden zu lecken.«
    Er ging nicht darauf ein, sondern hatte einen ganz eigenartigen Gesichtsausdruck. Irgendetwas zwischen versonnener Erinnerung und zukünftigem Vergnügen.
    »Lindis, ich kann dir nicht viel helfen bei deiner Mission. Die Prügel, die ausgeteilt werden, wirst du einstecken müssen. Aber ich kann dir eine kleine Notbremse mitgeben, für den Fall, dass es sehr unerträglich wird.«
    Wir stiegen aus und gingen ins Haus. Der Dämon flitzte um die Ecke und begehrte Einlass, als Robert die Tür öffnete.
    »Wie sieht diese Notbremse aus?«, fragte ich neugierig.
    Robert stand vor mir und sah konzentriert auf seinen Zeigefinger. Dann hob er den Kopf, sah mir fest in die Augen und hob den Finger zu seiner Lippe. Unwillkürlich legte auch ich den Finger an meine Oberlippe.
    »Das meine ich, Lindis. Hallo? Ist dein Finger festgeklebt?«
    Verdutzt nahm ich die Hand herunter.
    »Was war das?«
    »Ein mieser Trick. Komm, ich erzähle dir etwas zu Monsieur Charles Muller.«

    Der Montag war, wie erwartet, absolut kein Vergnügen. Dr. Koenig hielt sich gut, Callot unterstützte, wo es ging, ich untermauerte die Argumente mit den Fakten, aber meine aktiven Sprachkenntnisse waren noch immer zu schlecht, um an der Diskussion vernünftig teilnehmen zu können. Das und natürlich auch meine minderwertige Person im Kreise der hohen Herren führten dazu, dass es beständig hieß: »Messieurs«. Madame war nicht vertreten. Einmal war ich »Madame äh«, womit wir wieder beim alten Thema waren.
    Einen besonderen Hammer hatte sich Charles Muller für mich aufgehoben. Er war der Typ knallharter Manager, mit militärisch straffer Haltung und grauem Bürstenhaarschnitt. Für Frauen in der Industrie hatte er ganz offensichtlich
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