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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester
Autoren: Andrea Schacht
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zu erwarten, exquisit. Die
Amuse bouche
alleine eine Versuchung, der Salat des Hauses ein Zungenschmeichler, mein Lachs ein Gedicht. Ich kam mir sehr schlecht erzogen vor, als ich ein Stückchen davon in der Alufolie verschwinden ließ, die ich in meine Handtasche gesteckt hatte.
    »Aber, Lindis, was machst du denn da? Willst du das pressen und in dein Tagebuch einkleben?«
    »Nein, Beni. Das ist für Dämönchen. Wir haben ihn heute schrecklich vernachlässigt!«
    »Oh. Ja, das stimmt. Hier, von meinem Steak ist auch noch etwas übrig.«
    »Und ich spende die Entenbrust!«
    »Mh, ich habe meinen Teller leer gegessen, wie es sich gehört.«
    »Braver Robert, dann kriegen wir ja morgen schönes Wetter.«
    Ich ließ unauffällig das Päckchen in meiner Tasche verschwinden,aber ganz sicher war ich mir nicht, dass es dem Personal verborgen geblieben war.
    »Schade, dass ich morgen schon wieder abreisen muss«, seufzte Teresa und legte ihre Bestecke zusammen.
    »Du weißt, dass du gerne bleiben darfst.«
    »Ja, Robert, aber meine beiden Angestellten wollen ebenfalls Urlaub machen. Und dann ist da noch José. Doch ich bin mir sicher, wir werden uns nicht aus den Augen verlieren. Spätestens bei der Hochzeit bin ich Trauzeugin.«
    »Hochzeit? Wessen Hochzeit?«, fragte ich.
    »Eure, welche sonst?«
    Robert und ich sahen uns an. Und lachten schallend auf.
    »An so etwas hab ich überhaupt nicht gedacht. Wozu auch?«
    »Nun, gewöhnlich teilt man es der Welt im Allgemeinen und dem Finanzamt im Besonderen durch diese Unterschrift beim Standesbeamten mit. Aber ihr könnt das natürlich halten, wie ihr wollt.«
    »Mh.« Robert hatte schon wieder diese Fältchen um die Augen. Sie vertieften sich mehr und mehr, dann zwinkerte er mir zu: »Der richtige Rahmen ist es ja, Lindis. Aber wir müssen dann auch
Grande opèra
daraus machen. Hörst du?«
    Ich hörte, es war die Moonlight Serenade. Glenn Millers, Best of!
    Robert stand auf, nahm mich an die Hand und zog mich auf den freien Platz vor der Bartheke. Erstaunte Blicke folgten uns, als er mich mit einer schwungvollen Drehung auf einen Barhocker komplimentierte und vor mir auf die Knie sank.
    »Madame …?«
    Er spielte für die Ränge, ich hatte sehr viel Mühe, ein würdiges Gesicht zu behalten. Er fragte mich in gesetztem Französisch, ob ich denn seine Gemahlin werden wolle, und fügte anschließend ganz leise nur für mich hinzu: »Mein Herz und mein Leben zu deinen Füßen, Lindis.«
    Ich sah unter halbgeschlossenen Lidern und mit hocherhobenem Kinn hoheitsvoll auf ihn herab, hob dann zögernd meine Hand und reichte sie ihm mit schlaffem Handgelenk zum Kuss.
    »
Oui, Monsieur
. Ja, Robert, mein Herz und mein Leben.«
    Die Musik schwieg.
    Und dann sang Edith etwas von
la vie en rose
.
    Stehender Applaus und das gedämpfte Plopp von Champagnerkorken belohnten unsere Darbietung. Pierre ließ sich zu herzlichsten Glückwünschen herab, die Gäste tranken uns zu. Obwohl ich eigentlich die Albernheit der Situation erkannte, war ich so gerührt, dass mir die Tränen in den Augen brannten.

Knoten 5. und 12. Faden
    Ich brachte Teresa am nächsten Nachmittag nach Brest, von wo sie den Nachtzug nehmen wollte. Während der Fahrt redeten wir nicht viel, dann aber, kurz vor unserem Ziel, meinte sie: »Beni könnte bei uns bleiben, Lindis. José und ich mögen sie wirklich. Wir haben auch genug Platz, damit sie ihr eigenes Zimmer hat.«
    »Warum sollte sie bei euch bleiben?«
    »Weil ich irgendwie das Gefühl habe, dass du nicht zurückkommst. Zumindest nicht regelmäßig in den nächsten zwei Jahren. Dann hat sie ihr Abitur und wird sich sowieso neu orientieren.«
    »Ich habe mir noch gar keine Gedanken über die Zukunft gemacht, Teresa. Aber du hast natürlich recht. Für Beni muss ich mir etwas einfallen lassen.«
    »Komm, wir haben noch eine knappe Stunde Zeit. Wir trinken in diesem Bistro dort einen Café.«
    Ich parkte gewagt in einer engen Lücke, und wir gingen auf die andere Straßenseite. Eine rote Markise, darunter dicht an dicht kleine runde Tische. Es war beinahe voll besetzt, aber ein junges Paar erhob sich eben, und wir drängten uns zu dem Platz durch. Neben uns saß eine englische Touristenfamilie, abgekämpft vom Sightseeing. Eine auffällig geschminkte Dame mittleren Alters mit Strassbrille, Hündchen und Zigarette schlürfte ihren Aperitif. Ein Bild, wie es klassischer nicht sein konnte. Ein Vertreter in grauem Anzug, müde vom Reden, blätterte beim
Café noir
in einer
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