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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Mitglieder«, erklärte Riker ruhig, »und die haben sich ins Instandhaltungskomitee wählen lassen, um das Lokal aufzumöbeln. Man nennt das >reversible Renovierung<. Ein anderes Instandhaltungskomitee kann nächstes Jahr die Tapeten herunterreißen, den Spannteppich entfernen und den Klub wieder in den Originalzustand zurückversetzen lassen, dreckig und heruntergekommen, wie er war...«
    »Das hört sich ja an, als gefiele es dir. Verräter!«
»Wir müssen mit der Zeit gehen«, sagte Riker mit der gelangweilten Gelassenheit eines Redakteurs, den nichts mehr erschüttern kann. »Schau dir die Speisekarte an und such dir etwas aus. Ich habe um halb zwei eine Besprechung. Ich werde das Lamm-Curry bestellen.«
»Mir ist der Appetit vergangen«, sagte Qwilleran. Sein traurig herabhängender Schnurrbart betonte seine mißmutige Miene. Mit einer weit ausholenden Geste, die den gesamten Raum einschloß, sagte er: »Das Lokal hat seinen ganzen Charakter verloren. Es riecht sogar unecht.« Er reckte die Nase hoch und schnüffelte. »Synthetisch! Wahrscheinlich krebserregend!«
»Du wirst noch eine Nase wie ein Bluthund kriegen, Qwill. Über den Geruch hat sich noch niemand beschwert.« »Und noch etwas«, sagte Qwilleran streitlustig. »Wie es beim Fluxion zugeht, gefällt mir auch nicht.«
»Was meinst du?«
»Zuerst haben sie diese ganzen Frauen in die Lokalredaktion gesetzt und dafür Männer für die Frauenseite abgestellt. Dann bekamen wir gemeinsame Toiletten. Dann haben sie uns diese neuen grünen, orangen und blauen Schreibtische hineingestellt. Es sieht aus wie beim Zirkus! Dann haben sie mir meine Schreibmaschine weggenommen und mir einen Bildschirm gegeben, von dem ich Kopfschmerzen bekomme.«
Riker sagte beruhigend: »Dir spuken noch immer diese alten Filme im Kopf herum, Qwill. Wenn es nach dir ginge, sollten Reporter noch immer mit dem Hut auf dem Kopf dasitzen und mit zwei Fingern auf ihrer Schreibmaschine herumhacken.«
Qwilleran sank auf seinem Stuhl zusammen. »Sieh mal, Arch. Ich bin schon die ganze Zeit dabei zu überlegen, und jetzt habe ich mich entschieden. Ich habe noch drei Wochen Urlaub und zwei Wochen Überstundenausgleich. Dazu möchte ich etwas unbezahlten Urlaub nehmen und drei Monate wegfahren.«
»Das kann doch nicht dein Ernst sein.«
»Ich habe es satt, schmeichelhaften Quatsch über Restaurants zu schreiben, die im Fluxion inserieren. Ich möchte in den Norden hinauffahren, weg vom Rummel und von dem Schmutz, dem Lärm und der Kriminalität der Großstadt.«
»Fehlt dir etwas, Qwill?« fragte Riker beunruhigt. »Du bist doch nicht krank, oder?«
»Ist es denn nicht normal, wenn man mal ein bißchen frische Luft atmen will?«
»Das wird dich umbringen! Du bist ein Großstadtmensch, Qwill. Genau wie ich. Wir sind beide mit Kohlenmonoxyd und Rauch und dem ganzen Dreck von Chicago aufgewachsen. Ich bin dein ältester Freund, und ich sage dir: Tu's nicht! Du erholst dich gerade finanziell ein wenig, und...« (er senkte die Stimme) »Percy hat einen tollen neuen Auftrag für dich.«
Qwilleran brummte. Er wußte nur zu gut über die tollen neuen Aufträge des Chefredakteurs Bescheid. In den vergangenen paar Jahren hatte er vier solche Aufträge bekommen, und jeder einzelne war eine Beleidigung für einen ehemaligen Kriegsberichterstatter und preisgekrönten Polizeireporter gewesen. »Was ist es denn diesmal?« murmelte er. »Nachrufe? Haushaltstips?«
Riker lächelte selbstgefällig und sagte dann im Flüsterton: »Enthüllungsreportagen! Du kannst dir selbst aussuchen, worüber du schreiben willst. Politikerbestechungen, Wirtschaftskriminalität, Umweltdelikte, öffentliche Geldverschwendung, was immer du aufspürst.«
Qwilleran strich sich behutsam über den Schnurrbart und starrte seinen Vorgesetzten über den Tisch hinweg an. Enthüllungsjournalismus, das war sein Traum gewesen, lange bevor er in Mode kam. Doch seine sensible Oberlippe – von der er schon die besten Hinweise bekommen hatte – sandte ihm Signale. »Vielleicht im Herbst. Im Augenblick möchte ich den Sommer in einer Gegend verbringen, wo die Leute ihre Türen nicht abschließen und die Zündschlüssel im Auto steckenlassen.«
»Im Herbst ist der Job vielleicht schon vergeben. Wir haben herausbekommen, daß sie beim Morning Rampage einen Mann für Enthüllungsreportagen suchen, und Percy will ihnen zuvorkommen. Du weißt ja, wie er ist. Du gehst ein großes Risiko ein, wenn du nicht hier bist, um den Job anzunehmen, wenn er
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