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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte
Autoren: Lilian Jackson Braun
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dir angeboten wird.«
Die Serviererin kam und brachte Riker noch einen Scotch. Dann nahm sie ihre Bestellungen zum Lunch entgegen. »Sie sehen dünn aus«, sagte sie zu Qwilleran. »Was wollen Sie haben? Einen doppelten Hamburger mit Pommes frites, Apfelkuchen und einen großen Whiskey?«
Er warf ihr einen mißmutigen Blick zu. »Ich habe keinen Hunger.«
»Bestellen Sie doch ein Truthahnsandwich«, schlug sie vor. »Sie können den Salat und die Tomate essen und den Truthahn für Koko mit nach Hause nehmen. Ich bringe Ihnen eine Tüte zum Einpacken.«
Qwillerans Siamkater war eine Berühmtheit im Presseklub. Kokos Porträt hing neben den Bildern von Pulitzerpreisträgern im Foyer, und er war wahrscheinlich der einzige Kater in der Geschichte des Zeitungswesens, der einen eigenen Presseausweis mit der Unterschrift des Polizeipräsidenten besaß. Zwar hatte Qwilleran mit seinem mißtrauischen Wesen und seiner Neugier ein paar Verbrecher zur Strecke gebracht, doch im Presseklub war man sich darüber einig, daß das Hirn, das hinter diesen Erfolgen steckte, einem Kater von außergewöhnlicher Intelligenz und Wahrnehmungsfähigkeit gehörte. Koko schien immer zur rechten Zeit am rechten Ort zu schnüffeln oder zu kratzen.
Die Journalisten widmeten sich dem Lamm-Curry und dem Truthahnsandwich. Sie schwiegen, tief in Gedanken versunken. Schließlich fragte Riker: »Wohin würdest du denn fahren, wenn du dir den Sommer freinimmst?«
»In ein kleines Häuschen an einem See, etwa vierhundert Meilen nördlich von hier. In der Nähe von Mooseville.«
»So weit weg? Was würdest du mit den Katzen machen?«
»Sie mitnehmen.«
»Du hast doch kein Auto. Und in den Wäldern im Norden gibt es keine Taxis.«
»Ich könnte mir auf Kredit einen Wagen kaufen – einen Gebrauchtwagen natürlich.«
»Natürlich«, sagte Riker. Er wußte, daß sein Freund für seine Sparsamkeit bekannt war. »Und ich vermute, der geniale Kater macht dann den Führerschein.«
»Koko? Das würde mich nicht wundern. Er interessiert sich immer mehr für Drucktasten, Knöpfe, Wählscheiben, Hebel – für alles Mechanische.«
»Aber was würdest du denn in einem Ort wie Mooseville tun, Qwill? Du angelst nicht. Du segelst nicht. Der See dort oben ist viel zu kalt zum Schwimmen. Im Winter ist das Wasser zu Eis gefroren, und im Sommer ist es geschmolzenes Eis.«
»Keine Angst, Arch. Ich habe Pläne. Ich habe eine tolle Idee für ein Buch. Ich würde gerne einen Roman schreiben – mit jeder Menge Sex und Crime. So richtig deftig.«
Riker konnte nur vor sich hinstarren und nach weiteren Argumenten suchen. »Das würde dich eine ganz schöne Stange Geld kosten. Ist dir klar, was die für ein Sommerhäuschen verlangen?«
»Um ehrlich zu sein«, sagte Qwilleran mit einem triumphierenden Unterton, »es würde mich keinen Cent kosten. Ich habe da oben eine alte Tante, und sie hat eine Hütte, in der ich wohnen kann.«
»Du hast mir nie etwas von einer alten Tante erzählt.«
»Wir sind nicht wirklich verwandt. Sie war eine Freundin meiner Mutter, und ich habe sie als Kind Tante Fanny genannt. Wir haben einander aus den Augen verloren, aber dann hat sie meinen Namen im Fluxion entdeckt und mir geschrieben. Seither stehen wir in brieflichem Kontakt. – Da wir schon von meinem Namen in der Zeitung reden, er ist gestern schon wieder falsch geschrieben worden.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte Riker. »Wir haben eine neue Lektorin, und niemand hat sie auf dieses lächerliche W aufmerksam gemacht. In der zweiten Ausgabe haben wir es schon korrigiert.«
Die Kellnerin brachte den Kaffee; er war schwarz wie der rußschwarze Lack unter den neuen Tapeten. Riker starrte in seine Tasse und suchte nach einer Erklärung für Qwillerans abnormes Verhalten. »Was ist mit deiner Freundin? Die mit der gesunden Ernährung. Was sagt sie zu deinem plötzlichen Anfall von Wahnsinn?«
»Rosemary? Die hält sehr viel von frischer Luft und Sport und solchen Dingen.«
»Du hast in letzter Zeit keine Pfeife mehr geraucht. War das ihre Idee?«
»Willst du damit etwa sagen, daß ich selbst keine Ideen habe? Es ist einfach so, daß mir klar wurde, wieviel Mühe es macht, Tabak zu kaufen, eine Pfeife zu stopfen, anzuzünden, und dann noch zwei- oder dreimal erneut anzuzünden, die Asche auszuklopfen, den Aschenbecher auszuleeren, die Pfeife zu reinigen...«
»Du wirst alt«, sagte Riker.
Nach dem Mittagessen ging der Restaurantkritiker zurück zu seinem olivgrünen Schreibtisch mit dazu passendem
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