Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende
Autoren: Robert Littell
Vom Netzwerk:
Rudermaschine?«
    Dante rang sich ein halbherziges Lachen ab. »Sie verwechseln mich mit Martin Odum, Fred. Das ist der mit der Rudermaschine.«
    Quest, die durchaus merkte, wann etwas witzig gemeint war, grinste nervös. Dante sagte: »Wie wär’s, wenn Sie Ihrer Blutbahn einen Schuss Alkohol gönnen?«
    »Alkohol wäre jetzt genau das Richtige. Irgendwas mit viel Eis bitte.«
    Dante bestellte einen Whiskey und einen Frozen Daiquiri mit sehr viel Eis. Tsou winkte mit seinem gesunden Arm, um die Bestellung zu bestätigen. Während sie auf die Drinks warteten, beobachtete Dante, wie Quest geistesabwesend mit den Rüschen an ihrer Bluse spielte. Er bemerkte, dass das Jackett ihres Hosenanzugs faltig war wie die Haut um ihre Augen, dass sich der Rostton ihrer gefärbten Haare langsam auswuchs und an den Wurzeln aschgraue Ansätze zum Vorschein kamen. »Sie sehen mitgenommen aus, Fred. Schlaucht Sie der Job?«
    »Als DDO eines Geheimdienstes, der sich mittlerweile nur noch als risikoscheuer Hightech-Vergnügungsclub versteht, hat man’s nicht leicht«, sagte sie. »Es gibt Leute in Langley, die tun nichts anderes, als von morgens bis abends auf Satellitenfotos zu starren – als könnten Fotos verraten, was die Gegner planen. So kann man keine Spionagebehörde führen. Den Etat haben sie uns auch gekürzt, der Präsident hat keine Zeit oder kein Interesse, unsere laufenden Berichte zu lesen, die liberale Presse fällt über uns her, wenn uns dann und wann mal ein Patzer unterläuft. Selbstverständlich können wir nicht mit unseren gelegentlichen Erfolgen angeben –«
    Die chinesische Kellnerin, deren enger Rock an einer Seite bis zum Oberschenkel geschlitzt war, stellte die Drinks auf den Tisch. Als er sie im Spiegel zurück zur Theke gehen sah, musste Dante an Martins viel zu früh verstorbene Freundin Minh denken. »Habt ihr denn welche?«, fragte er.
    Quest, die knirschend Eisstückchen zermalmte, hatte den Faden verloren. »Ob wir was haben?«
    »Erfolge.«
    »Ein oder zwei.«
    »Zum Beispiel die Prigorodnaja-Sache«, murmelte er.
    Quests Augen verhärteten sich. »Von welcher Prigorodnaja-Sache sprechen Sie?«
    »Herrgott, Fred, spielen Sie doch nicht die Arglose«, zischte Dante. »Wir wissen, was mit Josef Kafkor geschehen ist. Wir wissen, dass Ihre Abteilung dem armenischen Gebrauchtwagenhändler das Kapital zur Verfügung gestellt hat, damit er den russischen Aluminiummarkt aufkaufen konnte. Wir wissen, wie sich Ugor-Shilow alias der Oligarch bei Jelzin lieb Kind gemacht hat. Er hat für die Veröffentlichung seines Buches gesorgt, hat ihm eine persönliche Leibgarde verschafft und sein Bankkonto aufgefüllt. Sobald er fest dem engeren Kreis von Jelzins Vertrauten angehörte, hat der Oligarch ihn gedrängt, die Preise freizugeben und die Industriebasis der maroden Sowjetunion zu privatisieren. Wir wissen, dass er Jelzin dazu verleitet hat, Tschetschenien anzugreifen, als sich die Rote Armee noch von dem Debakel in Afghanistan erholte. Wir wissen, wer in den ersten Jahren der Neunziger hinter den Kulissen in Russland die Fäden in der Hand hielt, nämlich niemand anderes als … Sie, Fred. Wir wissen, dass Sie das Land herunterwirtschaften wollten, damit das neue Russland, das sich aus der Asche der Sowjetunion erhob, nicht mit den USA konkurrieren konnte.«
    Das Blut schien Quest aus den Wangen zu weichen, bis nur noch die Flecken Rouge, die sie sich während der Fluges von Washington nach New York aufgetragen hatte, für etwas Farbe sorgten. Sie löffelte sich wieder ein Stück Eis in den Mund. »Wer ist wir? «, fragte sie.
    »Na, ich dachte, das wäre sonnenklar. Da ist zum einen Martin Odum, einstiger CIA-Agent und derzeitiger Privatdetektiv, der auf das Eintreiben von Mah Jongg-Schulden spezialisiert ist. Das ist zum anderen Lincoln Dittmann, der Bürgerkriegsexperte, der dem Dichter Whitman persönlich begegnet ist. Und da ist meine Wenigkeit, Dante Pippen, der irische Sprengstoffexperte aus Castletownbere.«
    Quest lachte bitter. »Die Idee, Lincoln behaupten zu lassen, er sei bei der Schlacht von Fredericksburg dabei gewesen, war genial. Wir sind alle drauf reingefallen – die Therapeutin, ich, der Ausschuss, der sich hin und wieder getroffen hat, um die Lage zu besprechen und zu entscheiden, ob wir Ihren Vertrag oder Ihr Leben beenden sollen. Wir haben alle gedacht, Martin Odum hat sie nicht mehr alle. Das kommt davon, wenn man sich im Zweifelsfall für jemanden entscheidet.«
    Dante, der sich an
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher