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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
Autoren: Marc-Uwe Kling
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geworden? Ich dachte, er würde uns retten und so. Also dich aus der Abschiebehaft und mich aus der Langeweile.«
    »Keine Ahnung. Er ist verschwunden. Irgendwann hatte ich keine Lust mehr, auf den Heiland zu warten, und habe mich selbst gerettet«, sagt das Känguru.
    »Gute Entscheidung«, sage ich. »Es soll Leute geben, die haben schon mehrere Tausend Jahre ergebnislos auf den Messias gewartet.«
    Das Känguru zieht das Hawaiihemd aus.
    »Und wo haste die ganze Zeit gesteckt, nachdem du dich selbst gerettet hattest?«, frage ich.
    »Ach«, sagt es. »Tunesien, Libyen, Ägypten …«
    »Urlaub, ja?«
    »Urlaub … wenn du es so nennen willst … Sagen wir lieber, ich habe ein paar Steine ins Rollen gebracht. Oder wie nennt man das, wenn Steine durch die Luft rollen?«
    »Fliegen?«
    »Ja! Steine zum Fliegen gebracht.«
    »Und seit wann bist du wieder in Berlin?«
    »Ein Weilchen.«
    »Warum biste nicht früher wiedergekommen?«
    »Du weißt doch, dass mich mein Antagonist, mein kosmischer Widersacher, mein Erzfeind, der Pinguin, seit er nebenan wohnt, im Auftrag des Ministeriums für Produktivität überwacht hat. Und in meiner Abwesenheit hat er dich überwacht. Und du hast ihn doch für mich zurücküberwacht.«
    »Ja, ja. Genau …«, murmle ich.
    »Und jetzt, wo der Pinguin verschwunden ist, konnte ich wieder eintrudeln.«
    »Der Pinguin ist weg?«, frage ich. »Woher weißt du das?«
    »Ich habe gerade bei ihm eingebrochen«, sagt das Känguru. »Dafür, dass er mich als unproduktiv angezeigt hat, wollte ich mich rächen. Fabelhafte-Amelie-mäßig. Wollte seine Schwimmflossen eine Nummer kleiner kaufen und so, aber der Vogel ist ausgeflogen.«
    »Voll die krasse Rache«, sage ich.
    »Das wäre nur der Anfang gewesen.«
    »Ah so.«
    »Später wäre mir bestimmt noch mehr eingefallen.«
    »Bestimmt.«
    »Noch Krasseres.«
    »Ohne Zweifel.«
    »Ich hätte sein WLAN-Passwort geändert.«
    »Heftig.«
    »Und dann hätte ich auch noch andere Sachen gemacht.«
    Ich blase Luft in meine rechte Backe und lasse sie wieder rausplatzen. Danach blase ich Luft in meine linke Backe und lasse sie wieder rausplatzen.
    »Biste eingeschnappt?«, fragt das Känguru.
    »Wieso?«, frage ich eingeschnappt. »Wieso sollte ich eingeschnappt sein?«
    »Weiß nicht«, sagt das Känguru. »Aber du wirkst wie eine kleine beleidigte Teewurst.«
    »Leberwurst.«
    »Nein, nein. Teewurst. Man sagt Teewurst.«
    »Tut man nicht.«
    »Doch«, sagt das Känguru.
    Ich verdrehe die Augen.
    »Na, von mir aus«, sage ich.
    »Dem Klügeren wird nachgegeben«, sagt das Känguru.
    »So geht das Sprichwort nicht.«
    »Doch.«
    »Nein!«
    »Doch!«
    »Wie du meinst.«
    »Siehst du?«
    »Boah!«, rufe ich. »Und überhaupt! Wieso sollte ich eingeschnappt sein? Nur weil du dich nicht gemeldet hast?«
    »Was heißt hier: nicht gemeldet? Ich hab dir doch durch das Asoziale Netzwerk ständig Nachrichten geschickt«, sagt das Känguru. »Zum Beispiel letztens, als du Pizza bestellt hast: Ist dir da nicht aufgefallen, dass die Peperoni ein ›LG‹ ergaben? Liebe Grüße?!?«
    »Ja, das ist mir schon aufgefallen, aber ich dachte, dass sei Zufall«, sage ich. »Oder Werbung für den Elektronikhersteller.«
    »Zufall?! Und ich hab doch überall in Kreuzberg diese Zettel aufgehängt, wo draufstand: ›Hätte gerne ein WG-Zimmer in Kreuzberg!‹ Hast du die nicht gesehen?«
    »Na ja, doch. Aber ich muss zugeben, da bin ich nicht gleich draufgekommen, dass die alle von dir sind.«
    »Aber die abgedruckte Telefonnummer war doch deine Kontonummer, gefolgt von deiner PIN!«
    »Wie bitte?!«
    »Wer außer mir kennt die denn?«
    »Na, ich jedenfalls nicht«, sage ich.
    »Du kennst deine PIN nicht?«
    »Du hattest die irgendwann mal ändern lassen.«
    »Ja, stimmt … Du hast mir zu viel von deinem Geld verschleudert …«
    »Aber jetzt kennt sie ja halb Kreuzberg«, sage ich. »Wenn ich meine PIN brauche, frage ich einfach irgendjemanden auf der Straße.«
    Ich schüttle ärgerlich den Kopf.
    »Warum hast du nicht einfach angerufen?«, frage ich. »Oder ’nen Brief geschrieben?«
    »Ich bin illegal. Im Untergrund! Ich konnte keine offiziellen Kommunikationswege benutzen. Das hätte dich in Gefahr gebracht«, sagt das Känguru. »Haste all meine Nachrichten nicht kapiert?«
    »Nun ja …«
    »Aber du hast mir doch auch Nachrichten zurückgeschickt!«
    »So?«
    »Zum Beispiel dieser eine Blogeintrag auf deiner Internetseite, in dem du erklärst, wie du auf deine Ideen
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