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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
Autoren: Marc-Uwe Kling
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Dauerlösung.«
    »Und bitte machen Sie die Musik leiser«, sagt die Polizistin. »Es ist nach Mitternacht. Einer Ihrer Nachbarn fühlt sich belästigt.«
    Das Känguru kommt hinter der Garderobe hervor.
    »Nein, nein. Hier liegt eine Verwechslung vor«, sagt es. »Wir sind hier die Opfer.«
    Es zieht eine Fernbedienung aus seinem Beutel und schaltet die Anlage aus.
    »Ich habe nur so laut Nirvana angemacht, um das hier nicht ertragen zu müssen.«
    Nun ist das Wummern über uns wieder deutlich zu hören.
    »Es ist weniger die Lautstärke als vielmehr die Art der Musik, die mich stört«, sagt das Känguru.
    »Nickelback«, sagt der Polizist.
    »Tja ja«, sage ich achselzuckend. »Man liebt es, oder man hasst es.«
    »Ich find’s mittelmäßig«, sagt die Polizistin.
    Ich blinzle.
    »Oder man findet’s mittelmäßig«, sage ich nickend. »So sagt man ja: Man liebt es, oder man hasst es, oder man findet’s mittelmäßig.«
    »Es gibt auch Leute, die finden’s gut, also definitiv besser als mittelmäßig, aber lieben es nicht«, sagt der Polizist.
    »Hm«, sage ich.
    »Vorstellbar ist auch, dass es Leute gibt, denen es nicht gefällt, die es darum aber nicht gleich hassen«, fährt der Polizist fort.
    »Gut möglich«, sage ich.
    »Wahrscheinlich könnte man noch beliebig viele weitere Einstufungen vorschlagen und fände immer irgendwo jemanden, der zu Nickelback genau diese Meinung hat«, sagt der Polizist.
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Es gibt zum Beispiel bestimmt auch Leute, die sagen: ›Ich schalte im Radio nicht weg, aber ich würde mir nie ein Album kaufen.‹«
    »Das könnte tatsächlich …«
    »Oder auch ›Ich schalte im Radio weg, finde es in der Diskothek aber okay.‹«
    »Ja, jetzt, wo ich darüber nachdenke …«
    »Man sollte also nicht sagen: Man liebt es, oder man hasst es.«
    »Nein«, sage ich einsichtig. »Das wäre falsch.«
    »Ich hasse Nickelback«, sagt das Känguru.
    »Ich auch«, sage ich.
    »Ich auch«, sagt der Polizist.
    »Ich eigentlich auch«, sagt die Polizistin. »Ich hatte es nur verwechselt.«
    »Mit was denn verwechselt?«, fragt ihr Partner.
    »Mit Radiohead.«
    »Ernsthaft?«, frage ich. »Wie kann man denn Nickelback mit Radiohead verwechseln?«
    »Entschuldigung«, sagt die Polizistin. »Aber es gibt auch Leute, die müssen arbeiten und können sich nicht den ganzen Tag mit Unsinn beschäftigen.«
    »Was soll denn das nun wieder heißen?«, frage ich. »Sie kennen mich doch gar nicht.«
    »Doch, doch.« Sie deutet auf mein Klingelschild. »Ich habe das Buch gelesen.«
    »Haa hää hö häh uhg …«, gebe ich ein dümmlich glucksendes Lachen von mir. »Wie bitte?«
    » Die Känguru-Chroniken .«
    »Haa hää hö häh … äh«, sage ich.
    »Viel Schönes dabei«, sagt sie. »Aber über ein paar Sachen konnte ich gar nicht lachen.«
    »Ja, hm. Was soll ich sagen?«
    »Ich habe aber nur das erste Buch gelesen«, sagt die Polizistin. »Meine Buchhändlerin hat mir vom zweiten abgeraten.«
    »Ich habe auch nur das erste gelesen«, sagt das Känguru. »Das Ende vom zweiten soll echt kacke sein.«
    »Ist das Känguru auch zu Hause?«, fragt die Polizistin.
    Ich blicke auf das Känguru, welches mit Hawaiihemd, falschem Schnauzbart, Baseball-Mütze und Sonnenbrille direkt vor ihr steht. Ich zögere kurz, ein wenig ungläubig.
    »Nein«, sage ich dann. »Das Känguru habe ich schon lange nicht mehr gesehen.«
    »Jetzt halten Sie hier kein Kaffeekränzchen«, sagt das Känguru. »Gehen Sie an die Arbeit. Wenn ich noch weiter hören muss, wie diese Mainstream-Post-Grunge-Wichser Kurt Cobains Leichnam schänden, kann ich für nichts garantieren.«
    »Ist ja gut«, sagt die Polizistin.
    Die beiden wenden sich zum Gehen.
    »Wo Sie eh gleich wieder runtergehen«, sage ich. »Könnten Sie netterweise den Müll mit zur Tonne nehmen?«
    Die Polizistin nimmt geistesabwesend den Müllsack. Dann zögert sie kurz, dreht sich noch mal um und fragt: »Wie kommen Sie eigentlich auf Ihre Ideen? Ich meine, die Leute in Ihren Geschichten sagen immer so absurde Sachen. Wie kommt man auf so was?«
    Das Känguru deutet auf den Block in meiner Hand, auf dem ich mir seit geraumer Zeit Notizen mache. Dann schließt es die Tür.

Das Känguru reißt sich den falschen Schnauzbart ab.
    »Ich kann nicht fassen, dass diese Verkleidung funktioniert …«, sage ich.
    Es nimmt die Baseball-Mütze vom Kopf und verstaut sie in seinem Beutel.
    »Apropos Polizei«, sage ich. »Was ist eigentlich aus dem Messias
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