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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
Autoren: Marc-Uwe Kling
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soll das denn heißen?«
    »Streckenweise okay.«
    »Streckenweise okay?«, frage ich. »Damit könnte man auch die Autobahnen in Mecklenburg-Vorpommern beschreiben.«
    Sie zuckt mit den Schultern.
    »Sie sind doch Verkäuferin hier«, sage ich. »Sie wollen doch, dass ich dieses Buch kaufe! Müssten Sie da nicht, wie soll ich sagen, enthusiastischer vorgehen?«
    »Joa«, sagt sie und rückt ihre Brille zurecht. »Egal.«
    »Hm«, sage ich. »Alle lassen sich immer so stressen von ihrer Arbeit, aber Sie nicht. Das finde ich gut.«
    »Ehrlich gesagt, hat es mich nie groß interessiert, Bücher zu verkaufen«, sagt die Buchhändlerin. »Ich will lieber Bücher schreiben.«
    »Das ist witzig«, sage ich. »Mich hat es nie groß interessiert, Bücher zu schreiben. Ich will lieber welche verkaufen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich meinte kaufen. Ich will lieber welche kaufen.«
    »Sie sind komisch«, sagt die Frau.
    »Danke«, sage ich.
    Ich kratze mich am Bart.
    »Was an dem Buch hat Ihnen denn gefallen?«, frage ich.
    »Also, das Känguru fand ich echt witzig«, sagt die Frau, »aber diese andere Figur …«
    »Ja?«
    »… dieser Kleingärtner …«
    »Kleinkünstler!«
    »Ja. Der hat irgendwie genervt.«
    »Hm«, sage ich. »Das habe ich schon öfter gehört.«
    »Diese angeblich so sympathischen Verlierertypen stehen mir echt bis hier.«
    »Also Sie würden mir eher abraten?«
    »Na ja«, sagt sie. »Ja. Das Känguru wird am Ende nämlich abgeschoben. Superdeprimierend.«
    »Wem sagen Sie das?«, murmle ich traurig.
    »Keine Ahnung«, sagt die Buchhändlerin. »Sollte ich Sie kennen?«
    »Nein, nein. Natürlich nicht«, sage ich. »Ich sehe dem Mann auf dem Buch nur zufälligerweise ähnlich.«
    Die Buchhändlerin blickt lange auf das Cover.
    »Also, ich finde nicht, dass Sie dem Bild ähnlich sehen«, sagt sie. »Da schmeicheln Sie sich.«
    » Die Känguru-Chroniken fand ich ja sehr gut«, sage ich. »Und trotzdem würden Sie mir Das Känguru-Manifest nicht empf…«
    »Ehrlich gesagt, habe ich den zweiten Teil gar nicht gelesen«, sagt die Frau. »Meine Kollegin hatte mir das Ende verraten, da ist mir die Lust vergangen.«
    »Ich hasse Leute, die einem das Ende verraten«, sage ich.
    »Na ja«, sagt die Frau und rückt ihre Brille zurecht.
    »Wussten Sie, dass Hitchcocks Psycho in Chile total gefloppt ist?«, frage ich. »Der Filmverleih dort hatte sich nämlich einen neuen Titel ausgedacht: El hombre, que era su madre. «
    »Was bedeutet das?«
    »Der Mann, der seine Mutter war«, sage ich. »Die Leute kamen aus dem Kino und sagten: ›Das war ja total vorhersehbar.‹«
    »Nein.«
    »Was nein?«
    »Wusste ich nicht.«
    »Hm«, sage ich. »Woher auch?«
    »Das ist ja so, als wäre der deutsche Titel von diesem einen Film mit Bruce Willis und dem gruseligen Jungen: Der tote Kinderpsychologe. «
    »Habe ich noch nicht gesehen«, sage ich. »Danke.«
    »War eh nicht so toll.«
    »Diese Begeisterungsfähigkeit«, sage ich. »Wo nehmen Sie die nur her?«
    »Na ja«, sagt die Frau. »Auch ein dummer Titel wäre: Wie es dazu kam, dass sich Anna Karenina vor den Zug warf. «
    »Bitte hören Sie auf damit«, sage ich.
    » Tom Riddle, dessen Name nicht genannt werden darf «, sagt die Buchhändlerin.
    »Ich hätte das Thema nicht ansprechen sollen.«
    » Der Polizist, der ein Paket bekommt mit dem Kopf seiner Frau. «
    »Das wäre wirklich ein sehr dummer Titel«, sage ich. »Übrigens hat mir Ronnie Fischer an meinem achten Geburtstag, einen Tag bevor Das Imperium schlägt zurück im Fernsehen lief, die Verwandtschaftsverhältnisse in Star Wars verraten. Er steht noch heute auf meiner Todesliste.«
    »Wer steht noch auf Ihrer Todesliste?«, fragt die Frau.
    »Niemand«, sage ich. »Aber Sie arbeiten sich ran.«
    »Na ja«, sagt die Frau und rückt ihre Brille zurecht.
    »›Naja‹, zusammengeschrieben, ist der wissenschaftli-che Name für eine Kobra«, sage ich. »Haben Sie das gewusst?«
    »Nein.«
    »Und eine Naja naja ist eine südasiatische Kobra, eine sogenannte Brillenschlange.«
    »Wollen Sie mich beleidigen?«
    »Nein, nein«, sage ich. »Höchstens unbewusst.«
    »Wussten Sie, dass das Känguru wirklich hier um die Ecke gewohnt hat?«, fragt die Frau. »Es war früher öfter bei uns und hat nach alten Ausgaben der Marx-Engels-Werke gestöbert.«
    »Ja«, sage ich. »Ich selber war ja auch schon öfter hier …«
    »Ich kann mich beim besten Willen nicht an alle Kunden erinnern.«
    »Natürlich nicht«, sage ich
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