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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
Autoren: Marc-Uwe Kling
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ruft das Känguru trotzig. »Im Übrigen solltest du mal schön still sein mit deinem Star-Wars-Fimmel.«
    »Also bitte!«, sage ich. »Star Wars ist doch kein Fantasy-Scheiß. Star Wars ist Science-Fiction-Scheiß! Die Überlegenheit offenbart sich schon in der Genrebezeichnung! Science -Fiction …«
    »… -Scheiß.«
    »Ich kann dir auch sagen, was mich an dem Fantasy-Kram nervt. Es ist immer das Gleiche«, sage ich. »Immer diese total unmotivierten, unlogischen Rettungen in letzter Minute. Da stecken die Helden von Feinden umzingelt in einer aussichtslosen Klemme, aber dann kommt zum Glück urplötzlich von irgendwoher die Kavallerie oder irgendwelche Riesenadler oder Dumbledore oder schon wieder irgendwelche Riesenadler … Da könnte genauso gut aus heiterem Himmel ein Blitz herunterzucken und den Bösen erschlagen.« 2
    2 Schon Fantasy-Autoren der ersten Welle wie Homer, Aischylos und Euripides benutzten übrigens diesen Trick. In Euripides’ Theaterstücken zum Beispiel schwebte dann im entscheidenden Moment urplötzlich eine Gottheit an einer Bühnenmaschinerie heraus und rettete die Situation, was Kritiker der ersten Welle wie Horaz oder Aristoteles dazu brachte, hämisch vom Deus ex Machina, dem Gott aus der Maschine, zu sprechen, und ein Comedian der ersten Welle, Aristophanes, ging sogar so weit, in einem seiner Stücke Euripides durch eine Maschine auftauchen zu lassen, und jetzt behaupte noch mal, ein nach elf Semestern abgebrochenes Philosophie- und Theaterwissenschaftstudium sei zu überhaupt nichts nütze, Mama.
    (Anm. des Chronisten)
    Unbeeindruckt und ohne zu antworten liest das Känguru einfach weiter.
    »Und wie gefällt dir Die Wunderhure ?«, frage ich nach einer Weile.
    »Der erste Teil war so lala, die ganze Liebesgeschichte mit dem Riesenzwerg Ülf war nicht so meins …«
    »Ein Riesenzwerg?«
    »Ja«, sagt das Känguru. »Ein Meter zweiundachtzig ist der groß.«
    »Irre.«
    »… aber im zweiten Teil wurde es dann richtig spannend.«
    »Es gibt einen zweiten Teil?«
    »Natürlich. Die Wunderhure wundert sich . Es gibt doch immer einen zweiten Teil. Eigentlich gibt es immer mindestens drei Teile.«
    »Man kann ja von einem Autor auch nicht verlangen, dass er sich für jedes Buch neue Figuren ausdenkt«, sage ich.
    Das Känguru nickt.
    »Das Einzige, was mich echt nervt«, sagt es, »ist Folgendes: Der Verfasser der Wunderhuren-Chroniken Wenzel R. R. Skowronek hatte die Saga ursprünglich als Trilogie geplant. Nun hat er aber vor einiger Zeit angekündigt, dass es sieben Teile werden sollen.«
    »Klar«, sage ich. »Drei oder sieben …«
    »Jetzt lese ich also gerade Teil drei, Die Wunden der Wunderhure – superspannend –, muss aber am Ende des Buches noch Monate auf Teil vier, Die Wunderhure in Wuppertal, warten. Und wann Teil fünf, Der Lude der Wunderhure , Teil sechs, Die Hochzeit der Wunderhure und das Finale, Die sieben Weltwunderhuren, erscheinen, ist völlig unklar. Wenn ich Pech habe, stirbt der Typ, bevor er den siebten Teil vollendet hat, dann stünden wir Fans dumm da. Zu allem Überfluss lenkt sich Wenzel R. R. Skowronek zurzeit auch noch damit ab, zusammen mit Elke Zimmerer eine Fortsetzung von deren Bestseller Die Schwester der Nichte der Gattin des Gerbergesellen zu schreiben.«
    »Es gibt schon für alle sieben Teile Titel?«
    »Na klar«, sagt das Känguru. »Die Filmrechte sind ja auch schon längst für alle sieben Teile verkauft.«
    »So langsam glaube ich, ich habe mein Schaffen die ganze Zeit dem falschen Genre gewidmet.«
    »Das fällt dir erst jetzt auf?«, fragt das Känguru. »Du solltest lieber Bücher schreiben über die epische Schlacht zwischen Licht und Schatten, Freiheit und Unterdrückung, Liebe und Hass – ja zwischen Gut und Böse!«
    »Und ich Dummerchen dachte immer, das hätte ich getan …« 3
    3 Seit Urzeiten ist Fantasy das beliebteste aller Genres. Fantasy-Autoren der zweiten großen Welle wie Johannes, Lukas, Markus und Mel Gibson haben zum Beispiel selbst heute noch fanatische Fans, die ganze Passagen auswendig kennen und sich regelmäßig in mittelalterlichen Gebäuden zu Conventions treffen, bei denen sie sich gegenseitig ihre Lieblingsstellen vorlesen und absurde Rituale aus den Büchern nachspielen. Totale Nerds. (Anm. des Kängurus)

»Ich mache nie Voraussagen
und werde das auch niemals tun.«
    Nostradamus
    Ich sitze am Küchentisch und trinke Kaffee. Im Radio wird der sogenannte Wahlsieger Jörg Dwigs interviewt, dessen Partei es
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