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Die Jungfrau Im Eis

Die Jungfrau Im Eis

Titel: Die Jungfrau Im Eis
Autoren: Ellis Peters
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die dünnen weißen Finger sich bohrten. Es war der erste Schnee und der erste strenge Frost.
    Gott sei Dank, dachte Cadfael und beschleunigte seine Schritte, als die Glocke zur Komplet zu läuten begann, Herward und seine Begleiter werden inzwischen ein gutes Stück des Heimweges hinter sich haben. Sie werden diesen Sturm gut überstehen.
    Aber was wird aus Ermina und Yves Hugonin, die irgendwo zwischen hier und Worcester sein müssen, und was wird aus der jungen Benediktinernonne, die ihnen in ihrer edlen Unschuld angeboten hat, sie zu begleiten und zu einem sicheren Zufluchtsort zu bringen?

2. Kapitel
    Ein Reisender aus dem Süden, der die Nacht im Kloster von Bromfield, das etwas mehr als zwanzig Meilen entfernt war, verbracht und das Glück gehabt hatte, wenigstens die Landstraße in passablem Zustand vorzufinden, brachte am 5.
    Dezember gegen Mittag eine dringende Botschaft zum Kloster von Shrewsbury. Prior Leonard von Bromfield war bis zu seiner Beförderung Mönch in Shrewsbury gewesen. Er war ein alter Freund von Bruder Cadfael und ebenfalls in den Heilkünsten bewandert.
    »Während der Nacht«, berichtete der Bote, »brachten einige brave Männer aus jener Grafschaft einen verwundeten Mann zur Priorei. Er war nackt und übel zugerichtet - man hatte wohl gedacht er sei tot und ihn am Wegrand zurückgelassen. Und wirklich, er ist halbtot und in sehr schlechter Verfassung. Wenn er die ganze Nacht über in der Kälte gelegen hätte, wäre er bis zum Morgen völlig steif gefroren gewesen. Und Prior Leonard hat mich gebeten, Euch zu benachrichtigen, denn obschon man dort einige Erfahrungen in der Heilkunst besitzt, geht dieser Fall über ihre Fähigkeiten, und er sagte, Ihr hättet einige Erfahrung aus dem Krieg und vermöchtet diesen Mann vielleicht zu retten.
    Wenn Ihr kommen und bleiben könntet, bis er geheilt ist -oder seine arme Seele sich vom Körper trennt - so wäre das eine große Hilfe und ein starker Trost.«
    »Wenn der Abt und der Prior mir Erlaubnis geben«, sagte Cadfael besorgt, »dann werde ich mit Freuden kommen. Gibt es jetzt schon so nah bei Ludlow Wegelagerer? Ist es schon so weit gekommen dort im Süden?«
    »Und dabei ist der arme Mensch ein Mönch, man sieht es an der Tonsur.«
    »Kommt mit mir«, sagte Cadfael. »Wir werden diese Angelegenheit Prior Robert vorlegen.«
    Mitleidig hörte sich Prior Robert den Bericht des Boten an und machte keine Einwände, da ja nicht er es war, der diesen Weg in aller Eile zurückzulegen hatte, und das jetzt, da der Winter seine Macht zu entfalten begann. Er ging seinerseits zum Abt, um ihm die Bitte vorzutragen und kehrte mit dessen Einwilligung zurück.
    »Der Abt erlaubt Euch, ein gutes Pferd aus den Ställen zu nehmen, denn das werdet Ihr brauchen. Ihr dürft so lange bleiben, wie Ihr es für nötig haltet, und wir werden inzwischen nach Bruder Mark aus Saint Giles schicken, denn ich glaube nicht, daß Bruder Oswin bereits genug Erfahrung besitzt, um seine Aufgabe ohne Aufsicht erfüllen zu können.«
    Ernst pflichtete Cadfael ihm bei. Oswin war ein williger und ergebener Schüler, aber er besaß kaum das nötige Wissen, sich um die Winterkrankheiten zu kümmern, die in der Abwesenheit seines Lehrers auftreten könnten. Mark würde seine Aussätzigen am Rande der Stadt nur ungern verlassen, aber mit Gottes Hilfe würde es ja für nicht sehr lange sein.
    »Wie steht es mit den Straßen?« fragte er den Boten, der, während Cadfael sich sein Pferd aussuchte, sein eigenes im Stall unterbrachte. »Ihr habt nicht lange hierher gebraucht, und auch ich werde mich beeilen müssen.«
    »Das Schlimmste ist der Wind, Bruder, aber abgesehen von einigen gefährlichen Stellen hat er die Landstraße fast freigefegt. Nur die Nebenstraßen sind völlig verweht. Wenn Ihr gleich aufbrecht, werdet Ihr nicht allzu große Schwierigkeiten haben. Nach Süden geht es besser als nach Norden - so habt Ihr wenigstens den Wind im Rücken.«
    Cadfael überlegte sorgfältig, bevor er sein Bündel packte, denn er besaß Medizinen, Salben und Fiebermittel, die sich nicht im Schrank eines jeden Krankenquartiers fanden, und die gebräuchlicheren Mittel würde er in Bromfield vorfinden. Je weniger er mit sich führte, desto schneller würde er vorankommen. Er zog sich derbe Stiefel an, warf einen schweren Reiseumhang über seine Kutte und gürtete ihn sorgfältig an der Taille. Wäre der Grund für seine Mission nicht so schrecklich gewesen, dann hätte er sich über die Aussicht auf
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