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Die Jungfernbraut

Titel: Die Jungfernbraut
Autoren: Catherine Coulter
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verschiedensten Farben, von hellem Blond bis hin zu dunklen Aschtönen.
    Zum Teufel aber auch! Er verstand überhaupt nichts mehr und war sich alles andere als sicher, daß er ihr glaubte. Wahrscheinlich war sie auf der Suche nach einem reichen Gönner. Vielleicht war sie die Zofe dieser Lady Joan Sherbrooke oder eine Kusine. Er müßte ihr klipp und klar sagen, daß er kein Geld hatte, daß sie von ihm bestenfalls ein Schäferstündchen im Heu erwarten konnte, nicht mehr und nicht weniger.
    Sinjun hatte sein wechselndes Mienenspiel aufmerksam beobachtet. »Mein Benehmen hat Sie wahrscheinlich schockiert«, gab sie unumwunden zu und stürzte sich in eine Erklärung. »Sie sind der schönste Mann, den ich je im Leben gesehen habe, aber das ist noch nicht alles. Sie müssen wissen, daß es nicht nur Ihr Gesicht war, das auf mich eine so unwiderstehliche Anziehungskraft ausgeübt hat, sondern auch . . . wie soll ich es ausdrücken . . . o Gott, ich weiß es nicht . . .«
    »Ich und schön?« Colin starrte sie verdutzt an. »Ein Mann ist nicht schön, das ist Unsinn. Bitte sagen Sie mir einfach, was Sie von mir wollen, und ich werde mein Bestes tun, um Ihnen behilflich zu sein. Leider kann ich nicht Ihr Gönner werden. Selbst wenn ich der geilste Bock von ganz London wäre, ginge das aus dem einfachsten Grunde nicht — mir fehlt dazu das Geld.«
    »Ich will keinen Gönner, wenn Sie damit meinen, daß Sie mich als Mätresse aushalten sollen.«
    »Ja«, sagte er, unwillkürlich fasziniert. »Genau das habe ich gemeint.«
    »Ich kann keine Mätresse werden. Und selbst wenn ich wollte, würde es Ihnen nichts nützen, denn mein Bruder würde meine Mitgift bestimmt nicht herausgeben, wenn Sie mich nicht heiraten. Es würde ihm sehr mißfallen, wenn ich Ihre Geliebte würde, denn in solchen Dingen ist er sehr altmodisch.«
    »Aber warum machen Sie dann das alles? Bitte sagen Sie es mir. Hat einer meiner lieben Freunde Sie dazu angestiftet? Sind Sie vielleicht die Mätresse von Lord Brassley? Oder Henry Tompkins? Oder Lord Clinton?«
    »O nein, niemand hat mich dazu angestiftet.«
    »Es sagt nicht allen Menschen zu, daß ich Schotte bin. Obwohl ich mit sehr vielen der hiesigen Herren zur Schule gegangen bin, trinken sie zwar gern mit mir und treiben mit mir Sport, aber sie wollen nicht, daß ich ihre Schwestern heirate.«
    »Ich glaube, an meinen Gefühlen würde sich nichts ändern, auch wenn Sie ein Marokkaner wären.«
    Er starrte sie wieder fassungslos an. Die hellblaue Zierfeder an ihrem Reithut umrahmte reizvoll ihr Gesicht. Das dunkelblaue Reitkostüm stand ihr großartig; es war sehr elegant und betonte ihre hohen Brüste, die schmale Taille und ... Er fluchte leise vor sich hin.
    »Sie hören sich genauso wie meine Brüder an«, kommentierte Sinjun, »aber meistens müssen sie beim Fluchen mittendrin lachen.«
    Er wollte gerade etwas erwidern, als er bemerkte, daß sie seinen Mund anstarrte. Nein, sie konnte keine Dame sein. Einer seiner sogenannten Freunde erlaubte sich mit ihm einen üblen Scherz und bezahlte diese Frau dafür, daß sie ihn zum Narren hielt.
    »Jetzt reicht's mir wirklich!« knurrte er. »Das ist doch nur Theater, weiter nichts! Es kann gar nichts anderes sein. Sie können mich doch nicht aus heiterem Himmel heiraten wollen und diese Absicht dauernd dreist äußern!«
    Er riß sie plötzlich vom Damensattel und zog sie über seine Schenkel. Dann wartete er, bis sich die beiden Pferde wieder beruhigt hatten. Ihr kam es überhaupt nicht in den Sinn, sich zu wehren. Im Gegenteil, sie schmiegte sich sofort an ihn. Nein, sie konnte nie und nimmer eine Dame sein!
    Er lehnte sie gegen seinen linken Arm, hob mit seinen behandschuhten Fingerspitzen ihr Kinn an und küßte sie. Als seine Zunge auf ihre geschlossenen Lippen stieß, knurrte er wütend: »Verdammt, machen Sie doch Ihren Mund auf!«
    »In Ordnung«, sagte sie und öffnete weit den rosigen Mund.
    Bei diesem Anblick mußte Colin unwillkürlich lachen. »Du lieber Himmel, Sie sehen ja so aus, als wollten Sie eine Oper singen, wie diese gräßliche Mailänder Sopranistin.« Er setzte sie wieder auf ihr Pferd, was Fanny mißfiel. Die Stute tänzelte seitwärts, aber Sinjun bekam sie mühelos wieder unter Kontrolle, obwohl sie völlig durcheinander war.
    »Also gut, ich muß wohl akzeptieren, daß Sie eine Dame sind«, sagte er. »Was ich allerdings nicht akzeptieren kann, ist Ihre Behauptung, Sie hätten mich beim Ball der Portmaines gesehen und sofort
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