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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada
Autoren: Jules Verne
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schlimme Lage des Fazenders kaum bessern zu können, und was endlich den Namen Ortega anging, so hatte er ja dessen entscheidenden Werth nicht im mindesten geahnt.
    Braver Fragoso! Ob er es nun zugeben wollte oder nicht, er hatte doch zuletzt Joam Dacosta gerettet.
    Doch wie viele merkwürdige Ereignisse in glücklicher Aufeinanderfolge gehörten dazu, dieses Ziel zu erreichen! Die Rettung Fragoso’s, gerade als er sich im Walde von Iquitos aus Lebensüberdruß den Tod geben wollte; der freundliche Empfang, der ihm in der Fazenda zutheil wurde; die Begegnung mit Torres an der Grenze Brasiliens, seine Einschiffung auf der Jangada und endlich der Umstand, daß er den Abenteurer schon früher einmal gesehen hatte.
    »Nun, ja doch, rief Fragoso zuletzt, aber ohne Lina wäre doch Alles unmöglich gewesen.
    – Ohne mich! bemerkte die junge Mulattin.
    – Gewiß! Ohne jene Liane, ohne Deinen famosen Einfall hätte ich nimmer so viel Glück stiften können.«
    Wir brauchen wohl kaum hervorzuheben, daß Fragoso und Lina geradezu gefeiert und von der ganzen ehrbaren Familie, wie von deren vielen, in Manao gewonnenen neuen Freunden fast auf den Händen getragen wurden.
    Hatte der Richter Jarriquez aber nicht auch seinen Antheil an der Ehrenrettung des Unschuldigen? Wenn es ihm trotz seiner hoch entwickelten analytischen Talente auch nicht gelang, das für Jedermann, der nicht im Besitze des Schlüssels war, unenträthselbare Document zu lesen, so hatte er doch zeitig genug erkannt, welches kryptologische System demselben zugrunde gelegt war. Wer hätte außer ihm mit Hilfe des einzigen Namens Ortega die versteckte Zahl herauszufinden vermocht, welche nur der Urheber des Verbrechens und Torres, als sie noch lebten, gekannt hatten?
    Auch ihm wurde selbstverständlich der wohlverdiente Dank zutheil.
    Noch am nämlichen Tage ging nach Rio de Janeiro ein ausführlicher Bericht über die letzten Vorkommnisse ab, dem das Original-Document nebst dem zugehörigen Schlüssel beigefügt war. Jetzt mußte erst ein weiterer Erlaß des Ministers an den Richter abgewartet werden, aber Niemand zweifelte daran, daß Jener die sofortige Freigebung des Gefangenen verfügen werde.
    Es galt also noch einige Tage in Manao auszuharren; dann sollten Joam Dacosta und die Seinigen, frei und unbeschränkt, von keiner weiteren Besorgniß bedrückt, von ihrem Wirthe Abschied nehmen, sich wieder einschiffen und den Amazonenstrom weiter hinab bis nach Para segeln, wo die Reise durch die Doppelhochzeit Minhas und Manoels, sowie Linas und Fragoso’s, entsprechend dem vorher entworfenen Plane, ihr Ende finden sollte.
    Vier Tage später, am 4. September, traf der Befehl zur Freigabe des Gefangenen ein. Das Document war als authentisch anerkannt worden, sowie die Handschrift als diejenige Ortega’s, des ehemaligen Beamten im Diamantenbezirke, und es unterlag keinem Zweifel, daß das Geständniß des Verbrechens, mit allen Einzelheiten, die er beifügte, allein von seiner Hand geschrieben war.
    Endlich war also die Unschuld des Verurtheilten von Villa Rica anerkannt und Joam Dacosta wieder ehrlich erklärt worden.
    An diesem Tage speiste der Richter Jarriquez mit der glücklichen Familie an Bord der Jangada, und als er gegen Abend aufbrach, drückten ihm Alle warm die Hände. Es war ein überaus rührender Abschied, aber man versprach dabei, sich auf der Rückreise nach der Heimat in Manao und später in Iquitos gegenseitig zu besuchen.
    Am folgenden Morgen mit Tagesaubruch erschallte das Signal zur Weiterfahrt. Alle Insassen der Jangada standen auf dem ungeheueren Floße. Die Jangada trieb langsam nach der Strömung, und als sie an der Biegung des Rio Negro verschwand, donnerte noch ein tausendstimmiges Hurrah der Bewohner von Manao durch die warme Luft.
Zwanzigstes Capitel.
Der untere Amazonenstrom.
    Was sollen wir nun noch berichten von diesem zweiten Theile der Reise auf dem großen Strome? Er verlief unter einer Reihe glücklicher Tage für die brave Familie. Joam Dacosta lebte von neuem auf und mit ihm Alle, die seinem Herzen theuer waren.
    Die Jangada glitt jetzt schneller auf dem noch von der Hochfluth geschwellten Wasser hinab. Zur Linken ließ sie das kleine Dorf Don Jose de Maturi, und zur Rechten die Mündung des Madeira, welcher seinen Namen der dichten Pflanzentrift, den nackten und belaubten Stämmen verdankt, die er aus dem Herzen Bolivias hinabführt. Sie wand sich durch den Archipel Caniny, dessen Inseln und Holme wahre Palmentreibhäuser
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