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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada
Autoren: Jules Verne
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Anführer der Miliz, der Torres angehört hatte, mit heimbrachte.
    So wenig das auch war, es ließ ihm doch keine Ruhe, bis er es dem Richter Jarriquez mitgetheilt hatte. Er wußte, daß jetzt keine Stunde zu verlieren sei, und so kam er an jenem Morgen um acht Uhr, von Anstrengung ganz außer Kräften, eine halbe Meile vor Manao an.
    Den kurzen Weg bis nach der Stadt legte er in wenig Minuten zurück. Eine Art Vorgefühl trieb ihn weiter, und er hatte sich fast eingeredet, daß die Rettung Joam Dacosta’s in seinen Händen liege.
    Plötzlich hielt Fragoso an, als ob seine Füße in der Erde wurzelten.
    Er befand sich vor einem kleinen Platze, nach dem hin eines der Stadtthore mündete.
    Hier erhob sich, zwanzig Fuß höher als die dichtgedrängte Volksmenge auf dem Platze, ein Galgen, von dem der Strick herabhing.
    Fragoso fühlte, wie seine letzten Kräfte schwanden. Er brach zusammen. Unwillkürlich hatten seine Augen sich geschlossen. Er wollte nichts sehen und über seine Lippen drangen nur die Worte:
    »Zu spät! Zu spät!«
    Mit übermenschlicher Kraft erhob er sich noch einmal. Nein, es schien doch nicht zu spät. Der Körper Joam Dacosta’s hing noch nicht an jenem Stricke.
    »Wo ist der Richter Jarriquez? Der Richter Jarriquez!« rief Fragoso, so laut er konnte.
    Athemlos stürmte er auf das Stadtthor zu, lief gleich einem Wahnsinnigen durch die Straßen von Manao und fiel halbtodt vor dem Hause des Beamten zur Erde nieder.
    Die Thür war geschlossen. Fragoso gewann noch die Kraft zu klopfen.
    Ein Diener öffnete. Sein Herr wollte Niemand sehen, Niemand sprechen.
    Trotz dieser bestimmten Aussage stieß Fragoso den Mann zurück, der ihm den Eingang wehrte, und eilte nach dem Privatcabinet des Richters.
    »Ich kehre eben aus der Gegend zurück, wo Torres als Waldkapitän gedient hat, rief er. Torres hat die Wahrheit gesagt, Herr Richter – verschieben Sie die Hinrichtung um Gotteswillen!
    – Sie haben Mitglieder jener Miliz gefunden?
    – Ja.
    – Und bringen mir die Chiffre zu jenem Document?…«
    Fragoso gab keine Antwort.
    »Nein? – So lassen Sie mich in Ruhe, weichen Sie von hier!« rief der Richter Jarriquez, der in einem Anfalle von Wuth das Document ergriff, um es zu zerreißen.
    Fragoso faßte seine Hand und hinderte ihn daran.
    »Es enthält die Wahrheit! sagte er.
    – Ich weiß es, erwiderte der Beamte, aber was nützt eine Wahrheit, wenn sie nicht an den Tag kommt!
    – Sie wird… sie muß an den Tag kommen!
    – Noch einmal, besitzen Sie den Schlüssel?
    – Nein, antwortete Fragoso, doch ich wiederhole Ihnen, Torres hat nicht gelogen!… Einer seiner Kameraden, mit dem er sehr befreundet war, ist vor wenigen Monaten gestorben, und es unterliegt keinem Zweifel, daß dieser ihm das Document ausgehändigt hat, das er an Joam Dacosta verhandeln wollte.
    – Gewiß, sagte auch Jarriquez, für uns unterliegt das keinem Zweifel, aber leider urtheilen Diejenigen, welche über das Leben Joam Dacosta’s zu entscheiden haben, nicht ebenso!… Lassen Sie mich!«
    Obwohl er Fragoso zurückdrängte, wollte dieser das Feld noch nicht räumen. Er umklammerte die Füße des Beamten.
    »Joam Dacosta ist unschuldig! rief er. Sie können ihn nicht sterben lassen! Er war es nicht, der das Verbrechen von Tijuco beging. Es war der Waffengefährte Torres’, der Verfasser des Documentes, Ortega war es!…«
    Bei Nennung dieses Namens sprang der Richter in die Höhe. Als er nach der ersten Aufwallung seine Ruhe wieder gewann, nahm er das schon zerknitterte Document noch einmal zur Hand, breitete es auf dem Tische aus, setzte sich nieder und strich mit der Hand über die Stirn.
    »Halt, dieser Name! sagte er… Ortega!… Versuchen wir es mit diesem!«
    Wieder verfuhr er nun mit dem von Fragoso vernommenen Namen ebenso, wie mit allen früher probirten. Nachdem er denselben unter die ersten sechs Buchstaben des letzten Absatzes geschrieben, erhielt er folgende Formel:
     
    O r t e g a
    P h y j s l
     
    »Nichts! rief er, das ergiebt auch nichts!«
    In der That ließ sich das
h
unter dem
r
nicht durch eine Ziffer ausdrücken, da ersteres dem letzteren vorausgeht. Das
p
, das
y
und das
j
unter die Buchstaben
o, t
und
e
gesetzt, hätten die Ziffer 1, 4 und 5 ergeben.
    Das
s
und
l
am Ende obiger Reihe wären vom
g
und
a
um zwölf Stellen entfernt gewesen, die durch eine einzige Ziffer nicht ausdrückbar waren. Sie konnten also dem
g
und
a
unmöglich entsprechen.
    Da erschollen von der Straße laute Rufe
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