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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes
Autoren: Willis Connie
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beachten. Gelang es Ihnen, die Pyramiden zu sehen?«
    »Nein. An dem Tag, als wir landeten, wurde Kairo unter Quarantäne gestellt.« Sie wandte den Blick nicht von Kivrin, die malerisch hingestreckt am Boden lag. »Aber wir sahen das Tal der Könige.«
    Badri bewegte Kivrins Arm einen Zentimeter, stand da und blickte stirnrunzelnd auf sie hinab und ging dann zurück zur Konsole. Gilchrist und Latimer folgten ihm. Montoya trat zurück, um ihnen allen um den Bildschirm Platz zu machen. Badri sprach ins Mikrofon, und die halb durchsichtigen Abschirmungen begannen sich abzusenken und umhüllten die Szene mit Kivrin wie ein Schleier.
    »Wir waren froh, daß wir die Reise gemacht hatten«, sagte Mary. »Wir kamen ohne einen Kratzer nach Hause.«
    Die Abschirmungen berührten den Boden, machten Falten wie Kivrins zu lange Röcke, kamen zum Stillstand.
    »Sei vorsichtig, Mädchen«, flüsterte Dunworthy. Mary ergriff seine Hand.
    Latimer und Gilchrist standen gebeugt vor dem Bildschirm und beobachteten die plötzliche Explosion von Zahlen. Montoya sah auf ihre Digitaluhr. Badri öffnete das Netz. Die Luft innerhalb der Abschirmung glitzerte von jäher Kondensation.
    »Geh nicht«, sagte Dunworthy.

 
    ABSCHRIFT AUS DEM DOOMSDAY BOOK
(000008-000242)
     
    Erste Eintragung. 22. Dezember 2054, Oxford. Dies wird eine Aufzeichnung meiner historischen Beobachtungen vom Leben in Oxfordshire, England, zwischen dem 13. Dezember 1320 und dem 28. Dezember 1320 (alter Zeitrechnung) sein.
     
    (Unterbrechung)
     
    Mr. Dunworthy, ich nenne dies das ›Doomsday Book‹, weil es eine Aufzeichnung des Lebens im Mittelalter sein soll, als welche sich auch das Grundbuch Wilhelms des Eroberers erwies, obwohl er es als eine Methode eingeführt hatte, die sicherstellen sollte, daß er jede Unze Gold bekäme, die seine Untertanen ihm als Steuern schuldeten.
    Ich nenne es auch das ›Doomsday Book‹, weil ich mir vorstelle, daß Sie es gerne so nennen würden. Sie sind so fest überzeugt davon, daß mir Schreckliches geschehen wird. Ich sehe Sie in diesem Augenblick hinter der Trennscheibe, wo Sie der armen Dr. Ahrens die schrecklichen Gefahren des 14. Jahrhunderts schildern. Sie können sich die Mühe ersparen. Dr. Ahrens hat mich bereits vor den Folgen der Zeitverzögerung gewarnt und jede mittelalterliche Krankheit bis in die grausigste Einzelheit geschildert, obwohl ich angeblich gegen alle immunisiert bin. Und sie warnte mich vor der Häufigkeit von Vergewaltigungen im Mittelalter. Und wenn ich ihr sage, daß ich ausgezeichnet zurechtkommen werde, hört sie auch nicht auf mich. Ich werde ausgezeichnet zurechtkommen, Mr. Dunworthy.
    Wenn Sie dies hören, werden Sie natürlich bereits wissen, daß ich in einem Stück und ganz fahrplanmäßig zurückgekommen bin, also wird es Ihnen nichts ausmachen, daß ich Sie ein wenig aufziehe. Ich weiß, daß Sie nur besorgt um mich sind, und ich weiß sehr gut, daß ich es ohne all Ihre Hilfe und Vorbereitung nicht schaffen würde, zurückzukommen, weder in einem Stück noch überhaupt.
    Darum widme ich dieses Doomsday Book Ihnen, Mr. Dunworthy. Wenn Sie nicht gewesen wären, würde ich nicht in Kittel und Umhang hier stehen und in dieses Aufnahmegerät sprechen und warten, daß Badri und Mr. Gilchrist ihre endlosen Berechnungen beenden, und wünschen, daß sie sich beeilen würden, so daß ich gehen kann.
     
    (Unterbrechung)
     
    Ich bin hier.

 
2
     
     
    »Nun«, sagte Mary mit einem langen Seufzer, »könnte ich einen kräftigen Schluck vertragen.«
    »Ich dachte, Sie müssen Ihren Großneffen abholen«, sagte Dunworthy, den Blick noch immer auf der Stelle, wo Kivrin gewesen war. Die Luft glitzerte von den Eispartikeln innerhalb der Abschirmung. In Bodennähe hatte sich an der Innenseite der gläsernen Trennscheibe Frost gebildet.
    Die unheiligen drei Mediävisten beobachteten nach wie vor die Bildschirme, obwohl dort nichts zu sehen war als die ebene Linie der Ankunft. »Ich brauche Colin erst um drei abzuholen«, sagte Mary. »Sie sehen aus, als könnten auch Sie eine Stärkung vertragen, und das Pub ist bloß ein Stück die Straße hinunter.«
    »Ich möchte warten, bis er die Fixierung hat«, sagte Dunworthy, der den Techniker beobachtete.
    Die Bildschirme zeigten noch immer keine Daten. Badri runzelte die Stirn. Montoya sah auf ihre Uhr und sagte etwas zu Gilchrist. Gilchrist nickte, und sie nahm eine Tasche, die halb unter der Konsole gelegen hatte, winkte Latimer zum Abschied zu und ging zur
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