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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes
Autoren: Willis Connie
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ich ins Dorf gehen und den Leuten erzählen, daß ich von Wegelagerern überfallen worden bin. Nachdem ich den Absetzort bestimmt habe, so daß ich ihn wiederfinden kann.« Sie hob ihre Hand an die Trennscheibe. »Ich möchte Ihnen beiden nur für alles danken, was Sie getan haben. Ich habe mehr als alles in der Welt gewünscht, ins Mittelalter zu gehen, und nun ist es tatsächlich so weit.«
    »Sie werden nach dem Absetzen wahrscheinlich Kopfschmerzen und Müdigkeit verspüren«, sagte Mary. »Das sind normale Auswirkungen der Zeitverzögerung.«
    Gilchrist kam zur Trennscheibe zurück. »Es ist Zeit, daß Sie Ihre Position einnehmen«, sagte er.
    »Ich muß gehen«, sagte sie und raffte ihre schweren Röcke. »Ich danke Ihnen beiden so sehr. Hätten Sie mir nicht geholfen, würde ich heute nicht hier sein.«
    »Alles Gute«, sagte Mary.
    »Seien Sie vorsichtig«, sagte Dunworthy.
    »Das werde ich«, sagte Kivrin, aber Gilchrist hatte bereits den Knopf gedrückt, und Dunworthy konnte sie nicht mehr hören. Sie lächelte, hob die Hand zu einem kleinen Winken und ging hinüber zum zerbrochenen Fuhrwerk.
    Mary setzte sich wieder und suchte in der Einkaufstasche nach einem Taschentuch. Gilchrist verlas die Liste auf seiner Klemmtafel, und Kivrin nickte zu jedem Punkt, worauf er ihn mit dem Leuchtstift nochmals abhakte.
    »Wie, wenn Sie von dieser Schnittwunde an der Schläfe Blutvergiftung bekommt?« sagte Dunworthy, der noch immer an der Scheibe stand.
    »Sie wird keine Blutvergiftung bekommen«, erwiderte Mary. »Ich habe ihr Immunsystem gekräftigt.« Sie schneuzte sich.
    Kivrin und Gilchrist argumentierten über etwas. Die weißen Streifen entlang seiner Nase waren deutlich ausgeprägt. Sie schüttelte den Kopf, und nach einer kleinen Weile hakte er mit einer abrupten, ärgerlichen Bewegung den nächsten Punkt ab.
    Gilchrist und die übrigen Mediävisten mochten unfähig sein, aber Kivrin war es nicht. Sie hatte Mittelenglisch und Kirchenlatein und Angelsächsisch gelernt. Sie hatte sich die lateinischen Messen eingeprägt, hatte Sticken und Kühe melken gelernt. Sie hatte sich eine Identität und einen vernünftigen Grund zurechtgelegt, daß sie allein auf der Landstraße zwischen Oxford und Bath war, und sie hatte den Implantdolmetscher und ein gekräftigtes Immunsystem und keinen Blinddarm.
    »Sie wird es mit Leichtigkeit schaffen«, sagte Dunworthy. »Was Gilchrist lediglich überzeugen wird, daß seine Methoden nicht nachlässig und gefährlich sind.«
    Gilchrist ging an die Konsole und gab Badri die Klemmtafel. Kivrin faltete wieder die Hände, diesmal näher am Gesicht, daß sie die Fingerspitzen beinahe mit dem Mund berührte, und begann zu sprechen.
    Mary kam näher und stand neben Dunworthy, das Taschentuch in der Hand. »Als ich neunzehn war – das war, mein Gott, vor vierzig Jahren, es kommt einem nicht so lang vor –, reisten meine Schwester und ich in ganz Ägypten herum«, sagte sie. »Es war während der Epidemie. Überall wurden Quarantänebestimmungen erlassen, und die Israelis erschossen jeden, der sie mißachtete, sogar Amerikaner, aber uns kümmerte das alles nicht. Ich glaube, es kam uns nicht einmal in den Sinn, daß wir in Gefahr sein könnten, daß wir erwischt werden oder für Amerikanerinnen gehalten werden könnten. Wir wollten die Pyramiden sehen.«
    Kivrin betete nicht mehr. Badri verließ seine Konsole und kam herüber zu ihr. Er sprach mehrere Minuten lang mit ihr, immer mit gerunzelter Stirn. Sie kniete nieder und legte sich dann neben dem Fuhrwerk so auf den Rücken, daß ein Arm über den Kopf gestreckt und die Röcke um ihre Beine gebreitet waren. Der Techniker arrangierte ihre Röcke so, daß es natürlicher aussah, zog das Lichtmeßgerät hervor und ging um sie herum, schritt zurück zur Konsole und sprach ins Mikrofon. Kivrin lag ganz still. Das Blut an ihrer Schläfe war unter dem Licht beinahe schwarz.
    »Ach du lieber Gott, wie jung sie aussieht«, sagte Mary.
    Badri sprach ins Mikrofon, betrachtete mit finsterer Miene die Ergebnisse am Bildschirm, kam zurück zu Kivrin. Er stieg über sie und bückte sich, um ihren Ärmel zurechtzuzupfen. Er machte eine Messung, bewegte ihren Arm so, daß er über ihrem Gesicht lag, als wollte sie einen Schlag von ihren Angreifern abwehren, machte eine weitere Messung.
    »Haben Sie die Pyramiden gesehen?« fragte Dunworthy.
    »Was?«
    »Als Sie in Ägypten waren. Als Sie mit Ihrer Schwester den Nahen Osten bereisten, ohne die Gefahren zu
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