Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes
Autoren: Willis Connie
Vom Netzwerk:
Gegenstände am Boden liegend, die Schläfe blutig, aber das war wahrscheinlich alles falsch. Sie war vor annähernd einer Stunde durchgegangen. Selbst wenn noch kein Reisender des Weges gekommen war, würde es auf der Straße empfindlich kalt werden, und er konnte sich nicht vorstellen, daß Kivrin, im Mittelalter angekommen, folgsam stundenlang mit geschlossenen Augen daliegen würde.
    Als er das erste Mal in der Vergangenheit abgesetzt worden war, hatte er drei Durchgänge hin und zurück gemacht, während sie die Fixierung eingestellt hatten. Sie hatten ihn mitten in der Nacht auf dem Hof abgesetzt, und er hatte dort stehen sollen, während sie die Berechnungen zur Fixierung machten und ihn wieder zurückholten. Aber er war im Oxford des Jahres 1956 gewesen, und die Überprüfung sollte mindestens zehn Minuten dauern. So war er vier Blocks die Straße hinuntergelaufen, um die alte Bodleian-Bibliothek zu sehen, und hätte der Technikerin beinahe einen Herzschlag verschafft, als sie das Netz geöffnet und ihn nicht gefunden hatte.
    Nein, Kivrin würde nicht mit geschlossenen Augen dort liegen bleiben, wenn die mittelalterliche Welt vor ihr ausgebreitet lag. Er sah sie plötzlich vor sich, wie sie in diesem lächerlichen Umhang, dem Kittel und den langen Röcken dastand und die Landstraße entlangspähte, bereit, sich von einem Augenblick zum anderen wieder auf den Boden zu werfen, falls ein ahnungsloser Reisender in Sicht käme, und inzwischen alles in sich aufnahm, die Hände in einem Gebet von Ungeduld und Begeisterung gefaltet, und er fühlte sich plötzlich ermutigt.
    Sie würde schon zurechtkommen. In zwei Wochen würde sie wieder durch das Netz zurückkehren, schmutzig und verlaust, voller Geschichten über haarsträubende Abenteuer und Gefahren, denen sie um Haaresbreite entgangen war, grauenvollen Geschichten, die ihm noch Wochen danach Alpträume bereiten würden.
    »Sie wird da gut durchkommen, wissen Sie, James«, sagte Mary und musterte ihn stirnrunzelnd.
    »Ich weiß«, sagte er. Er ging und brachte ihr und sich selbst noch eine halbe Pint. »Wann sollte der Großneffe ankommen?«
    »Um drei. Colin bleibt eine Woche, und ich habe keine Ahnung, was ich mit ihm anfangen soll. Außer mir Sorgen zu machen, natürlich. Vielleicht könnte ich mit ihm ins Ashmolean Museum gehen. Kinder interessieren sich immer für Museen, nicht wahr? Pocahontas’ Kleider und alles?«
    Dunworthy erinnerte sich an Pocahontas’ Kleider als an ein völlig uninteressantes Ding aus steifem grauen Material, ähnlich dem Schal, den sie Colin zugedacht hatte. »Ich würde das Museum für Naturgeschichte vorschlagen.«
    Von der Tür ertönte ein Ding Dong, und als Dunworthy hinspähte, sah er seinen Sekretär auf der Schwelle stehen und ins Lokal blinzeln.
    »Vielleicht sollte ich Colin auf den Carfax-Turm steigen und das Glockenspiel in Stücke schlagen lassen«, sagte Mary.
    »Da ist Finch«, sagte Dunworthy und hob die Hand, daß er sie bemerkte, aber Finch war bereits unterwegs zu ihrem Tisch. »Ich habe Sie überall gesucht, Sir«, sagte er. »Etwas ist schiefgegangen.«
    »Mit der Fixierung?«
    Sein Sekretär sah ihn verständnislos an. »Der Fixierung? Nein, Sir, es sind die Amerikaner. Sie sind verfrüht eingetroffen.«
    »Was für Amerikaner?«
    »Die Glockenläuter. Aus Colorado. Die Frauengilde der Glockenspieler und Schellenläuter der Westlichen Staaten.«
    »Erzählen Sie mir bloß nicht, Sie hätten noch mehr Weihnachtsglocken importiert«, sagte Mary.
    »Ich dachte, die sollten am zweiundzwanzigsten kommen«, sagte Dunworthy zu Finch.
    »Es ist der Zweiundzwanzigste«, erwiderte Finch. »Sie sollten heute nachmittag kommen, aber ihr Konzert in Exeter wurde abgesagt, also sind sie ihrem Fahrplan etwas voraus. Ich rief bei den Mediävisten an, aber Sie waren nicht mehr dort. Mr. Gilchrist sagte mir, er glaube, Sie seien ausgegangen, um zu feiern.« Er blickte zu Dunworthys leerem Bierglas.
    »Ich feiere nicht«, sagte Dunworthy. »Ich warte auf eine Fixierung.« Er sah auf seine Uhr. »Es wird noch mindestens eine weitere Stunde dauern.«
    »Sie versprachen, daß Sie für die Gruppe eine Führung zu den hiesigen Glocken veranstalten würden, Sir.«
    »Es gibt wirklich keinen Grund, warum Sie hier sein müßten«, sagte Mary. »Ich kann Sie im Balliol anrufen, sobald wir die Fixierung haben.«
    »Ich werde kommen, wenn wir die Fixierung haben«, sagte Dunworthy mit einem ärgerlichen Seitenblick zu Mary. »Zeigen Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher