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Die Jagdgesellschaft von Billingshurst

Die Jagdgesellschaft von Billingshurst

Titel: Die Jagdgesellschaft von Billingshurst
Autoren: Peter Jackob
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Steckenpferd, Holmes?«
    Â»Ja und nein, Watson. Ich befasse mich seit geraumer Zeit mit diesem Wissenschaftsgebiet. Den ersten Zugang dazu fand ich über die Bienenzucht, aber dann schien es mir unbedingt nötig, diese Kenntnisse für meine Arbeit zu vertiefen. Sie würden staunen, was Wissenschaftler wie Bergeret oder Brouradel im Hinblick auf Leichen herausfanden. Ich selbst stehe in engem Kontakt mit Jean-Pierre Mégnin, der neben meiner Wenigkeit der unumstrittene Meister auf diesem Gebiet ist. Sie kennen sicherlich seine Arbeit über die Besiedlungswellen von Insekten auf Leichen.«
    Â»Ich habe von ihm und seinen Forschungen gehört, diese spezielle Abhandlung kenne ich jedoch nicht. Aber Holmes, meinen Sie, solch ein Umgang mit Leichen ist unbedingt nötig?«
    Â»Watson, diese Untersuchungen sind grundlegend. Die Fauna liefert uns entscheidende Indizien. Ich habe mit Mégnin das Schema für die Besiedlungswellen bei freiliegenden Leichen erstellt.«
    Â»Also, geht das nicht ein wenig zu weit?«
    Er wies meinen Einwand weit von sich und war ganz im Gegenteil der Auffassung, dass Untersuchungen wie diese erst den Anfang der modernen Kriminalistik einleiteten.
    Â»Wir haben wochenlang Grableichen, übrigens zumeist vom Friedhof Paris-Ivry, und geeignete aktuelle Todesfälle auf die Besiedlungsstufen hin untersucht. Die Resultate stellen mehr als nur eine Genugtuung dar.«
    Â»Was haben Sie denn herausgefunden?«
    Â»Nun, es gibt folgende Phasen bei freiliegenden Leichen: frischtot, beginnende Fäulnis, fettartig, käseartige Produkte, ammoniakalische Fäulnis und Schwärzung bis zur Skelettierung. Vor allem konnten wir zeigen, dass unterschiedliche Insektenarten bestimmte Zersetzungsstadien bei einer Leiche bevorzugen. Ich habe mehrfach mit Mégnin zusammengearbeitet und experimentiert und darf sagen, umfassende Kenntnisse auf diesem Gebiet zu besitzen. Ich gedenke, mein bescheidenes Wissen demnächst in einer Monographie zu vereinen.«
    Â»Meinen Sie, dass solche Klassifikationen hilfreich sind?«
    Â»Fundamental. Sie können uns mitunter Auskünfte geben, die ansonsten nicht mehr zu ermitteln wären, wie beispielsweise Zeitpunkt oder Ort eines Mordes. Überlegen Sie. Was haben wir in einem Fall wie diesem anderes als die Überreste der Leiche? Indizien sind nach Monaten oder Jahren nur noch sehr schwer zu finden. Wir müssen also von der Leiche ausgehend deduzieren.«
    Â»Was werden wir finden? Ein Skelett, möglicherweise verwesendes Fleisch?«
    Â»Wenn wir verwesendes Fleisch finden würden, so wäre das umso erfreulicher.«
    Holmes schmunzelte und ließ mich mit meinen einigermaßen wirren Vorstellungen allein, er hingegen widmete sich der Aussicht. Ich stellte mir ihn vor, wie er in seiner akribischen Art verwesende Leichenteile untersuchte, Insekten aus dem Körper extrahierte und diese mit Hilfe von Lupe und Mikroskop analysierte. Man konnte eigentlich nur hoffen, dass ihn niemand dabei beobachten würde. Natürlich war klar, dass Holmes dies nicht im Geringsten interessierte, dienten seine Untersuchungen doch einzig und allein dazu, der Wahrheit auf die Spur zu kommen.
    Wir erreichten Billingshurst etwa eine Stunde später, jedoch wurden wir bei unserer Ankunft nicht wie erwartet von John Drummond, sondern von zwei Beamten der örtlichen Polizei empfangen. Einer der beiden nickte Holmes und mir zu und begrüßte uns mit den Worten, »Sie sind Sherlock Holmes und Dr. Watson, nehme ich an. Ich bin Inspektor Strutton und das ist Sergeant Luton.«
    Der Inspektor wies auf Luton, einen groß gewachsenen, schlaksigen Mann mit einem etwas müden Gesichtsausdruck, aber wachen Augen. Strutton hingegen war klein und agil, mit strengem Blick und forschem Auftreten. Eine gewisse Ähnlichkeit mit Lestrade ließ sich nicht leugnen, auch wenn Strutton noch weniger sympathisch wirkte. Wir mussten erfahren, dass man unseren Klienten kurzerhand festgenommen hatte.
    Â»Würden Sie mir bitte erklären, warum John Drummond verhaftet worden ist?«, wollte Holmes von dem verantwortlichen Inspektor wissen.
    Strutton, der gerade etwas in sein Notizbuch schrieb, fuhr herum und fixierte meinen Freund und Gefährten, als habe dieser eine List oder gar einen Hinterhalt gegen ihn geplant. Mein erster Eindruck von ihm als einem wenig umgänglichen Zeitgenossen schien sich sogleich zu bestätigen. Auch
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