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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition)
Autoren: Andrew Fukuda
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mich mit letzter Kraft an das Boot.
    Bis ich mich mühsam an Bord gehievt habe, kauern sie schon über der Tafel. Die zur Seite gelegten Köpfe aneinandergedrängt lesen sie die in Stein gemeißelten Worte:
    BLEIBT AUF DEM FLUSS
    Der Forscher
    Ihre Münder klappen auf, und ein Chor von Gekicher bricht los, das sich über Lachen zu lautem Gewieher steigert. Sie staunen und strahlen um die Wette. Es ist ein reiner Freudentaumel.
    »Hab ich doch gesagt! Hab ich doch gesagt! Hab ich doch gesagt!«, ruft Ben und klopft jedem auf den Rücken. »Er hat das alles geplant!«
    Sissy hat die Hände vor den Mund geschlagen und die Brauen hochgezogen. In ihren Augen schimmern Tränen.
    »Ich wusste , dass er Wort halten würde!«, ruft Jacob. »Das Gelobte Land! Er führt uns ins Gelobte Land. Dem Land von Milch und Honig, Obst und Sonnenschein!«
    Auf Sissys Gesicht macht sich ein Lächeln breit, das beinahe spürbare Wärme verströmt. Sie schließt erleichtert die Augen. »Woher wusstest du, dass die Tafel unter uns war, Gene?«, fragt sie.
    Ich zögere. Als ich klein war, hat mein Vater oft Schatzsuche mit mir gespielt und im ganzen Haus Hinweise verteilt. Ich weiß noch, wie nervös ich wurde, wenn ich die Hinweise nicht finden konnte, obwohl ich wusste, dass sie da waren. Er befahl mir, mich zu bremsen, tief durchzuatmen und mich gelassen umzusehen. Er sagte: Du guckst, ohne zu sehen. Die Antwort ist direkt vor deiner Nase . Und wenn ich mich beruhigt hatte, fand ich den Hinweis unweigerlich in einer Spalte zwischen den Bodendielen, zwischen den Seiten eines Buches, das ich die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, oder in meiner eigenen Hosentasche.
    Aber all das erzähle ich ihnen nicht. »Reines Glück vermutlich«, antworte ich. Dann fange ich an zu zittern, die Windböen sind wie eisige Klingen, die in meinen Körper gestoßen werden. Ich trage bloß meine Unterwäsche, die anderen Kleider habe ich vor dem Sprung ins Wasser ausgezogen.
    Einer der Hepra sagt etwas, gefolgt von einem Ausbruch allgemeinen Gelächters. Sissy gesellt sich wieder zu ihnen und klatscht in die Hände. So viele Gefühle strömen aus ihnen heraus.
    Ich gehe in die Kabine, wo ich meine Kleider auf einem Haufen zurückgelassen habe. Ich ziehe meine Unterhose aus und wringe sie mit zitternden Händen aus. Ich kann sie immer noch wiehern hören, ihre Lachsalven hallen hin und her. Ich verstehe nicht, warum sie ihre Gefühle so demonstrativ zur Schau stellen müssen. Können sie ihre Emotionen nicht einfach empfinden, ohne sie für alle sichtbar zu zeigen? Vielleicht hat die Gefangenschaft sie verkümmern lassen, sodass sie die Gefühle anderer nicht wahrnehmen können, wenn sie sie nicht in grellen Farben vorbuchstabiert bekommen.
    Jetzt fangen sie an zu kichern und reden über den Forscher dies und den Forscher das. Das ist die Bestätigung, die sie gesucht haben, das Zeichen, dass der Forscher sie nie im Stich gelassen oder verraten hat, sondern vielmehr am Ende dieses Weges auf sie wartet. Auf sie .
    Nicht auf mich.
    Mich, den er in einer Metropole von Monstern zurückgelassen hat. Ein Junge, der sich allein durchschlagen musste, der sich in den Schlaf geweint und noch Monate danach ins Bett gemacht hat. Aber für sie hat er einen komplizierten Fluchtplan entwickelt, mit einem Tagebuch (das sie offensichtlich finden sollten) und einem Boot, das sie in das Land von Milch und Honig, Obst und Sonnenschein bringen soll.
    Wieder kichern sie und dann noch einmal, ihr Lachen fühlt sich an wie kleine Stiche ins Herz. Ich will ihnen gerade sagen, dass sie still sein sollen, als ich merke, dass sie ebenso plötzlich wie unheimlich verstummt sind. Ich spähe durch die Ritzen der Kabinenwände, kann jedoch nicht viel sehen, nur David und Jacob, die die Steintafel hochheben. Ich schlüpfe eilig in meine Kleider und trete aus der Kabine.
    Sie haben die Tafel aufgerichtet und sich dahinter versammelt. Über die eingravierten Buchstaben perlen immer noch Wassertropfen, die sich an Deck in einer Pfütze sammeln. Ich lese noch einmal die Worte.
    BLEIBT AUF DEM FLUSS
    Der Forscher
    Aber die Hepra aus der Kuppel betrachten nicht die Vorderseite der Tafel, sondern ihre Rückseite. Ihre Augen sehen etwas, das ich nicht sehen kann, und sind vor Schock aufgerissen, als ihre Blicke über die Tafel nach oben wandern und jenseits des Randes auf meinen treffen.
    »Was?«, frage ich.
    Sie drehen die Tafel um, damit ich es selbst lesen kann.
    Vier Worte. Vier Worte, die
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