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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht
Autoren: Andrew Fukuda
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Ben.
    Panisch versucht er, die verhedderten Zügel zu entwirren. Sein Gesicht ist mit Schlamm bedeckt, der von Tränen und Regen durchzogen ist. Sein Mund steht offen, er stammelt: »Ahh, ahh, nein, nein, bitte, oh …«
    Ich packe ihn an der Brust, werfe ihn über meine Schulter und drehe mich um, Richtung Steg. Dabei löst er den letzten Knoten und das Pferd ist frei. Mit panisch hervorquellenden Augen will es jeden Moment lospreschen. Mir kommt eine Idee. Bevor es losrennen kann, packe ich die Zügel.
    Um mich herum höre ich begehrliches Gewimmer und schlurfende Bewegungen im Schlamm.
    Ich werfe Ben auf das Pferd.
    Markerschütternde Schreie zerreißen die Nacht. Direkt hinter mir, direkt hinter mir. Sie setzen zum Sprung an!
    Ich will mich auf den Rücken des Pferdes schwingen. Das Pferd galoppiert los und lässt mich zurück. Ben klammert sich verzweifelt an seinen Hals, als sie in der Dunkelheit verschwinden.
    Ich reiße den FLUN von meinem Rücken und entsichere ihn.
    Urschreie erfüllen die Nacht.
    Den FLUN schussbereit in der Hand renne ich los, meinen Kopf nach hinten gewandt. Verlier nicht die Orientierung, pass auf, wo du hinläufst. Ich sehe zu, dass ich das Ufer zu meiner Rechten im Blick behalte.
    Sei schnell.
    Ich riskiere einen Blick zurück. Dunkle Umrisse wie Flöße in einem Teich, eine ganze Welle von ihnen schwappt auf mich zu. Kreischend naht eine weitere Gestalt, ihr splitternackter Körper glänzt wie feuchter Marmor und um ihre gebleckten Reißzähne hat sich ein regelrechter Lichtkranz gebildet. Ich feuere den FLUN ab. Der erste Strahl verfehlt sein Ziel, doch der zweite trifft sie im Bauch. Sie überschlägt sich in der Luft und landet, die Augen vor Schmerz zusammengekniffen und mit einem unerträglichen Schrei, direkt vor meinen Füßen. Ich spüre, wie ihre dürren Finger nach meinem Knöchel greifen, spüre ihren warmen Atem an meinem Schienbein.
    »Gah!« , brülle ich, drehe mich um und zwinge meine Beine loszurennen.
    Ein Zischen links von mir. Ich wende den Kopf …
    Und ducke mich.
    Eine Gestalt segelt über mich hinweg, landet auf ihren Füßen, dreht sich um, stürzt sich auf mich und packt mit offenem Mund meinen Hals. Ich sehe die Reißzähne und den dunklen Schacht ihres Rachens. Wenn ich danebenschieße, werde ich mit Haut und Haar in diesem Schacht verschwinden.
    Der Strahl trifft direkt in den offenen Mund, direkt in die Kehle. Mein Angreifer schreit nicht. Er kann nicht.
    Ich werfe den leer gefeuerten FLUN weg und renne wieder los. Der Steg kommt in Sicht.
    Von links taucht ein ganzer Schwarm von ihnen auf. Vor mir. Sie haben mir den Weg abgeschnitten. Die eine Hälfte von ihnen flitzt auf der Jagd nach dem Boot den Steg hinunter, die andere Hälfte kommt auf mich zu. Ich bin umzingelt. Sie sind überall.
    Außer im Fluss.
    Ich schlage einen Haken nach rechts und renne zum Ufer. Die Verfolger hinter mir setzen mir mit wütender Entschlossenheit nach und haben mich fast erreicht.
    Noch dreißig Meter.
    Jetzt preschen sie auch von rechts heran wie Wasser aus einem Hunderte Meter entfernten gebrochenen Damm.
    Noch zwanzig Meter. Meine Knie werden weich.
    Dann ist es vorbei. Einfach so haben sie mir den Weg endgültig abgeschnitten. Ein ganzer Schwarm von ihnen strömt vor mir ans Ufer. Sie gehen in die Hocke, bereit, sich auf mich zu stürzen.
    Aber ich bleibe nicht stehen. Obwohl meine Augen tränen, meine Beine den Dienst zu versagen und meine Lungen zu platzen drohen, bleibe ich nicht stehen. Ich werde nicht im Stehen sterben und auch nicht auf den Knien. Ich werde kämpfend und rennend sterben. Ich werde frontal auf sie zulaufen. Plötzlich packt mich eine Wut, die heißer und heller ist als der Blitz am Nachthimmel, ein Energieschub, der meinen Körper auflädt.
    Vergiss nie. Ganz deutlich habe ich Ashley Junes Stimme im Ohr.
    Vergiss nie, wer du bist. Die Stimme meines Vaters, tief und ernst.
    Mit einem Schrei stürze ich auf sie zu.
    Sie stürmen mir entgegen.
    Und dann springe ich hoch, höher als je zuvor, segele über sie hinweg Richtung Fluss. Das Wasser schlägt mir in Wellen entgegen.
    »Der verbotene Stil!« , schreie ich.
    Dann bin ich im Fluss, das Wasser ist überraschend warm, die Stille unter der Oberfläche eine kurze, aber wunderbare Erholung von dem Heulen und Kreischen. Ich höre nur ein Blubbern und fernes Stampfen. Dann ein Platschen, mehrmals hintereinander. Sie sind nach mir ins Wasser gesprungen.
    Ich strecke einen Arm nach vorn und ziehe ihn
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