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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora
Autoren: Maeve Binchy
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sich Überwürfe besorgen, in Gold oder Gelb, in irgendeiner sonnigen Farbe, und einen quadratischen Teppich in einem anderen Farbton, orange oder purpurrot, etwas Lebhaftes, Leuchtendes.
    Die anderen zu Hause interessierten sich kaum für sein Vorhaben, also erzählte er nichts davon. Offensichtlich glaubten seine Frau und seine Töchter, das Ganze sei nur wieder eines seiner kleinen, harmlosen Steckenpferde – wie die Projekte im Übergangsjahr und sein langer Kampf um einen wenige Quadratmeter großen Naturgarten in der Schule.
     
    »Schon was gehört wegen dem Direktorenposten in der Schule?« fragte Nell unerwartet eines Abends, als sie zu viert am Küchentisch saßen.
    Es gab ihm einen Stich ins Herz, als er log: »Nicht das geringste. Aber nächste Woche wird darüber abgestimmt, soviel steht fest.« Er gab sich ruhig und gelassen.
    »Du kriegst ihn bestimmt. Der alte Walsh hat doch einen Narren an dir gefressen«, meinte Nell.
    »Nur hat Walsh leider kein Stimmrecht, also hilft mir das überhaupt nichts«, erwiderte Aidan mit einem kurzen, nervösen Lachen.
    »Es ist aber doch sicher, daß du ihn bekommst, oder, Daddy?« hakte Brigid nach.
    »Das kann man nie wissen. Von einem Direktor werden ganz andere Fähigkeiten verlangt. Ich bin eher besonnen und bedächtig, aber möglicherweise sind das nicht die Eigenschaften, auf die es heutzutage ankommt.« Aidan breitete die Arme aus, um auszudrücken, daß all dies nicht in seiner Macht lag, aber daß es ihm auch gleichgültig war.
    »Aber wen sollten sie denn nehmen, wenn nicht dich?« erkundigte sich Grania.
    »Wenn ich das wüßte, könnte ich die Tageshoroskope für die Zeitung schreiben. Vielleicht jemanden von außerhalb, vielleicht auch einen aus dem Kollegium, den wir nicht in Betracht gezogen haben …« Er klang gutmütig und um Objektivität bemüht. Es würde eben der oder die Beste die Stelle bekommen. Ganz einfach.
    »Aber du glaubst doch nicht etwa, daß sie dich einfach links liegenlassen werden?« fragte Nell.
    Etwas an ihrem Tonfall paßte ihm nicht. Ihre Stimme klang irgendwie ungläubig, als könnte sie es nicht fassen, daß er sich diese Chance womöglich entgehen ließ. Und der Ausdruck »links liegenlassen« wirkte so wegwerfend, so verletzend. Aber Nell war ja völlig ahnungslos. Woher sollte sie auch wissen, daß die Entscheidung bereits gefallen war?
    Aidan setzte ein zuversichtliches Lächeln auf. »Mich links liegenlassen? Niemals!« rief er.
    »So gefällst du mir schon besser, Daddy«, meinte Grania, ehe sie nach oben ins Badezimmer ging, um sich wieder ihrer Schönheitspflege zu widmen. Die hübschen Venedig-Bilder an den Wänden nahm sie bestimmt gar nicht mehr wahr, sie konzentrierte sich lediglich auf ihr Spiegelbild. Offenbar wollte sie für ihre wie auch immer gearteten Unternehmungen an diesem Abend möglichst hübsch sein.
     
    Heute trafen sie sich zum sechstenmal. Inzwischen wußte Grania mit Sicherheit, daß er nicht verheiratet war. Das hatte sie mit ihren beharrlichen Fragen allmählich aus ihm herausbekommen. Bisher hatte er sie jeden Abend gebeten, doch noch auf einen Kaffee zu ihm mitzugehen. Und bisher hatte sie jedesmal abgelehnt. Doch heute abend vielleicht nicht mehr. Sie mochte ihn wirklich. Er war so gescheit und gebildet und viel interessanter als die Leute in ihrem Alter. Und er hatte auch nichts mit diesen angegrauten Möchtegern-Jugendlichen gemein, die so taten, als seien sie zwanzig Jahre jünger.
    Es gab nur ein Problem: Tony arbeitete in Dads Schule. Bei ihrer ersten Begegnung hatte sie Tony gefragt, ob er einen Aidan Dunne kenne, hatte aber nicht erwähnt, daß er ihr Vater war. Sonst hätte Tony womöglich gemeint, sie wolle auf den Altersunterschied zwischen ihnen anspielen. Außerdem war der Name Dunne hier in der Gegend so häufig, daß Tony keinen Zusammenhang sehen würde. Sie würde Daddy erst davon erzählen, wenn die Beziehung enger geworden war – falls es dazu kam. Und wenn er wirklich der Mann fürs Leben war, würde sich alles übrige – wie die Tatsache, daß er und Daddy an derselben Schule unterrichteten – von selbst regeln. Grania schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse und überlegte, daß Tony sogar noch netter zu ihr sein würde, wenn ihr Vater Direktor war.
     
    Tony saß in der Bar und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. Eine dieser Gewohnheiten, die er einschränken mußte, wenn er Direktor war. Mit dem Rauchen in der Schule mußte Schluß sein. Und mittags
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