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Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
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übertönt haben.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich da ausgestreckt auf den Gitterstäben lag und auf sie hinabstarrte.
    Ich konnte nicht glauben, dass es wirklich passiert war.
    Ich wollte, dass es ein böser Traum war.
    Oder eine Art Generalprobe. Ich wollte einen weiteren Versuch, eine Chance, es anders zu machen.
    Eine Chance, sie zu retten.
    »Diese Irre wollte mir das Bein ausreißen«, sagte Wesley. »Das konnte ich doch nicht zulassen, oder?«
    Ich hob den Kopf.
    »Hey«, sagte er. »Hey, hör mir mal zu. Ganz ruhig, okay? Es war ein Unfall. So was kommt vor.«

Im Land der Schmerzen
    Als die Sonne aufging, lag Kimberly immer noch ausgestreckt am Boden ihres Käfigs und bewegte sich nicht.
    Um sie herum hatte sich eine Blutlache gebildet, die mich irgendwie an die Benzinpfütze in Billies Käfig erinnerte. Nur war sie dunkler und roch ganz anders.
    Billie und Connie standen an der Vorderseite ihrer Käfige und sahen zu mir herauf.
    Ich blickte hinüber zu Wesley.
    Alice und Erin beobachteten uns aus ihren weiter entfernten Käfigen.
    Vier Zuschauerinnen.
    Vier Zeugen.
    Ein Henker.
    Ein gottverdammter Dreckskerl, der langsam und qualvoll starb.
     
    Während der Nacht hatte ich ihn heruntergelassen. Dann hatte ich ihm den Gürtel um den Hals gelegt und ihn mit Billies Hilfe an ihrem Käfig festgeschnallt. Keiner von uns hatte auch nur ein Wort mit ihm gesprochen. Er hatte geweint und gefleht und vor sich hingebrabbelt und versucht, Entschuldigungen für alles und jedes zu finden. Aber wir hatten ihm nicht zugehört.
    Nur eines hatten wir ihn gefragt. Wo die Schlüssel zu den Käfigen sind. Und er hatte geantwortet: »Das sage ich
euch nicht. Wenn ich es euch sage, habt ihr keinen Grund mehr, mich am Leben zu lassen. Das sind verdammt stabile Käfige. Ohne Schlüssel kommt da niemand raus.«
    Billie hatte sich mit der Machete in der Hand über ihn gestellt, während ich zum Haus gegangen war.
    Auf dem Weg dorthin sah ich bei Connie vorbei, die wach, aber verwirrt war. Während des Kampfes mit Wesley war sie noch bewusstlos gewesen und hatte nicht mitbekommen, was mit Kimberly geschehen war. Als ich es ihr sagte, schien sie in sich zusammenzufallen. Sie kauerte sich in eine Ecke ihres Käfigs und schlug die Hände vors Gesicht.
    Nachdem ich auch Alice und Erin erzählt hatte, was passiert war, eilte ich zum Haus.
    Ich suchte überall nach den Schlüsseln, konnte sie aber nicht finden. Dabei stieß ich auf ein Stück des Seils, das wir an der Schlucht dabei gehabt hatten, sowie auf Kimberlys Schweizer Messer, das Wesley oder Thelma am Ort unserer bitteren Niederlage aufgelesen haben musste.
    Ich ließ das Messer im Haus, denn ich wollte es mir als Andenken an Kimberly aufheben und nicht mit Wesleys Blut besudeln.
    Im Erdgeschoß holte ich noch Wasser und etwas zu essen für die Frauen und rannte dann zurück zu den Käfigen.
    Nachdem ich Lebensmittel und Wasser verteilt hatte, übernahm ich die Wache bei Wesley. Er hatte Billie keine Probleme bereitet. Ich machte den Gürtel vom Käfig los, ließ ihn aber um Wesleys Hals und zog daran. Er versuchte, von mir wegzukriechen, was aber wegen seines ausgekugelten Beines nicht möglich war. Er atmete keuchend und winselte vor Schmerz.

    Mit viel Mühe gelang es mir schließlich, ihn hochzuzerren und aufrecht an die Tür von Kimberlys Käfig zu binden. Er konnte sein kaputtes Bein nicht belasten und musste die ganze Zeit auf dem anderen stehen, was ihm sichtlich nicht leicht fiel. Ich hielt ihn dadurch aufrecht, dass ich ein Seil über eine Querstange des Käfigs warf und seine beiden Enden unter Wesleys Armbeugen hindurch schlang, bevor ich es an seinem Rücken verknotete. Dann streckte ich seine Arme horizontal zur Seite und band sie an die Gitterstäbe. Schließlich löste ich den Gürtel von seinem Hals und schnallte damit Wesleys gesundes Bein an eine weitere Eisenstange.
    Als ich damit fertig war, verlosch Billies Fackel.
    Weil ich Licht brauchte, um weiterzumachen, trat ich ein paar Schritte nach hinten und legte mich erst mal langgestreckt ins Gras. Billie rief ein paarmal nach mir, aber ich reagierte nicht. Ich wollte nicht zu ihr. Sie hätte mich bestimmt in den Arm genommen. Wir hätten uns gedrückt und hätten geweint, und es wäre bestimmt alles sehr warm und tröstlich gewesen. Vermutlich hätte ich sogar irgendwann einen Ständer gekriegt.
    Das wollte ich nicht.
    Ich wollte keine Zärtlichkeit, keine Liebe, keinen Sex.
    Das hätte mir das, was ich zu
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