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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten
Autoren: Arkady Fiedler
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Teerbrenner, die von einer virginischen Kompanie in Dienst gestellt worden waren, um in der Kolonie eine Teerindustrie zu errichten. Zu ihnen gehörte auch mein Urgroßvater, Jan Bober.
    Diese Handwerker gingen eifrig an die Arbeit und erzeugten bald darauf für die Kolonie Pech, Teer, Pottasche und Holzkohle. Sie waren so tüchtig, daß die Kompanie in den folgenden Jahren noch weitere polnische Teerbrenner, die damals in diesem Fach eine Vorrangstellung in der Welt einnahmen, kommen ließ.
    Aus jener Zeit blieb in unserer Familie die Erinnerung an ein ungewöhnliches Ereignis erhalten. Die englischen Siedler hatten sich nämlich etwa zehn Jahre nach der Gründung der Kolonie gewisse, zwar geringfügige, politische Freiheiten erkämpft, die ihnen das Recht gaben, aus ihrer Mitte Abgeordnete für den Landtag der Kolonie, der in der Hauptstadt Jamestown tagte, zu wählen. Als man die polnischen Teerbrenner, da sie Ausländer waren, zu den Wahlen nicht zulassen wollte, verließen sie wie ein Mann ihre Arbeitsplätze und streikten. Da die Kolonie sie jedoch brauchte, sie aber andererseits in der Verteidigung ihrer Bürgerrechte unbeugsam blieben, gaben die Behörden schließlich nach und räumten ihnen die gleichen Rechte ein, die alle englischen Kolonisten besaßen."
    „Mordskerle scheinen das gewesen zu sein, diese Teerbrenner!" brummte William anerkennend.
    „Um diese Zeit heiratete mein Urgroßvater Jan eine Engländerin, die aus der Heimat in die Kolonie gekommen war. Dies Ereignis hat zwei Jahre später mittelbar dazu beigetragen, meinem Urgroßvater das Leben zu retten. Als nämlich seine Frau ein Kind erwartete, brachte er sie aus den Wäldern nach Jamestown, damit sie während des Wochenbettes jede Bequemlichkeit haben sollte. Zur selben Zeit erhoben sich die Indianer Virginias zu einem großen Aufstand und ermordeten fast alle Kolonisten in den Waldsiedlungen, darunter auch die Mehrzahl der Polen. Nur der Stadt Jamestown selbst, die rechtzeitig gewarnt worden war, gelang es, sich zu verteidi-
    gen und ihre Bewohner vor den Aufständischen zu schützen.
    Von meinem Großvater Marein, der damals geboren wurde, kann ich nicht viel sagen. Mir ist nur bekannt, daß er als Siedler in den Wäldern lebte, sich ebenfalls mit einer Engländerin verheiratete und mehrere Kinder hatte, von denen der im Jahre 1656 geborene Tomasz mein Vater war. Als mein Vater das zwanzigste Lebensjahr erreichte, wurden die unruhigen Indianer vom Susquehanna-Fluß zu einer Gefahr für die weißen Siedler. Damals rief ein gewisser Bacon, ein virginischer Grenzpionier, die Freiwilligenverbände gegen sie auf. Diese machten die Indianer bis auf den letzten Mann nieder. Als einer der ersten hatte sich mein Vater gemeldet. Bacon stand in so hohem Ansehen, daß die Männer aus ganz Virginia in die von ihm gebildeten Verbände strömten.
    Damals führten die Grundherren und Besitzenden, denen nahezu das gesamte Land und die sonstigen Reichtümer gehörten, ein strenges Regime in Virginia. An ihrer Spitze stand der aus England hergesandte Gouverneur der Kolonie, Lord Berkeley, ein Tyrann und Unterdrücker des Volkes. Als Berkeley sah, daß sich um Bacon immer größere Massen Unzufriedener scharten, überfiel er mit seinem Heer die Nachhut der Grenzer, während diese noch gegen die Indianer kämpften. Die Macht der Freiwilligenbewegung aber war ungebrochen. Jetzt wandten sich die Einheiten Bacons gegen die Heere des Gouverneurs und gegen die Gutsbesitzer. Es kam zu einem blutigen Bürgerkrieg, in dem die siegreichen Freiwilligen den Feind in jedem Treffen schlugen und ihn schließlich bis an die Küste zurückwarfen.
    Da starb Bacon. Das war ein vernichtender Schlag für die Aufständischen. Berkeley nutzte die in ihren Reihen entstandene Unordnung und Verwirrung aus. Er erhob wieder das Haupt und bezwang sie. Der Aufstand brach zusammen. Die Sieger wüteten mit Feuer, Schwert und Galgen. In ihrer Raserei zertrampelten sie den Keim der Unabhängigkeit Virginias. Das geschah im Jahre 1677.
    Meinen Vater hatte man bereits zum Tode durch den Strang verurteilt. Da rettete ihn der Umstand, daß sein Großvater als Ausländer ins Land gekommen war. So wurde mein
    Vater als Ausländer anerkannt und nur aus Amerika ausgewiesen. Er fuhr nach Polen, ohne auch nur ein Wort Polnisch zu verstehen.
    Nach einigen Jahren heiratete er ein gebildetes Mädchen aus einer Krakauer Handwerkerfamilie. Obwohl er in Polen glücklich war, sehnte er sich doch nach dem
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