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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten
Autoren: Arkady Fiedler
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Inseln erreicht und konnten auf willkommene Beute stoßen. Es war bekannt, daß sich in der Nähe von Guadeloupe die Fahrtrouten verschiedener Schiffe kreuzten, und zwar nicht nur französischer und spanischer, sondern auch dänischer und holländischer.
    Eines Tages sahen wir am Horizont Segel auftauchen, doch stellte sich heraus, daß es sich um eine gut ausgerüstete Flottille handelte, und so mußten wir uns, wollten wir nicht in Teufels Küche kommen, so schnell wie möglich aus dem Staube machen. Der durch den Mißerfolg entmutigte Kapitän beschloß sodann, Kurs weiter nach Süden, auf die spanischen Schiffahrtslinien, zu nehmen, wo angeblich die Möglichkeit bestand, leichtere und — wenn das Glück hold war — auch reichere Beute zu machen.
    „Nichts geht über die Spanier", äußerte unser Bootsmann in seinen seltenen Augenblicken guter Laune. „Es ist angenehm, ihnen die Gurgel durchzuschneiden, und Silber haben sie ganze Berge!"
    Ich knirschte mit den Zähnen, weil ich leichtsinnig in solche Gesellschaft geraten war; doch blieb mir nichts weiter übrig, als sie mit gleichgültiger Miene über meine Empörung hinwegzutäuschen. Zudem lobten mich die Piraten wegen meiner Geschicklichkeit. Im Umgang mit der Kanone und im Zielen hatte ich angeblich bedeutende Fortschritte gemacht.
    In der Nähe von Guadeloupe fuhren wir an einer anderen, viel kleineren, doch ebenfalls gebirgigen und mit Urwald bewachsenen Insel vorbei.
    „Sollte das Martinique sein?" fragte ich William.
    „Nein, Bruderherz. Martinique liegt etwas weiter nach Süden. Dies hier ist Dominique. Wir Engländer verspüren schon seit geraumer Zeit Appetit danach, doch wird sich noch manch einer den Schädel am Felsenufer dieser Insel einschlagen, ehe uns der Bissen in den Mund fällt."
    „Ist denn der Zugang so schwierig?"
    „Der Zugang ist nicht einmal das schlimmste. Auf der Insel sitzen die lausigen Indianer, und sie verteidigen sich so hartnäckig, daß ihnen in keiner Weise beizukommen ist."
    „William!" rief ich verwundert. „Irrst du dich nicht? Ich denke, sie sind bereits auf allen Inseln der Kleinen Antillen bis auf den letzten Mann ausgerottet. . ."
    „Well, auf vielen Inseln sind sie ausgerottet, aber nicht auf allen. Hier ist Dominique. Wenn wir in zwei, drei Tagen Martinique passiert haben, werden wir die Insel Santa Lucia sehen. Auch auf ihr halten sich noch, wie in guten alten Zeiten, die Kariben. Ebenso hausen auf der Insel Vincent, weiter südlich, die Indianer, und ein Weißer, der sich an ihren Ufern blicken ließe, könnte von der Welt für immer Abschied nehmen. Wir sind dort wiederholt als bewaffneter Haufen gelandet, um Sklaven für unsere Plantagen zu fangen, aber die Bestien verteidigten sich so grimmig, daß uns bald die Lust verging. Einmal wird jedoch auch für dieses Ungeziefer die Stunde geschlagen haben. . ."
    Ich war den Indianern von jeher feindlich gesinnt, denn als virginischer Grenzbewohner bekam ich viele Klagen über sie zu hören, und mein Vater hatte in seinen jungen Jahren selbst in den Reihen Bacons gegen sie gekämpft — jetzt aber wollte es mir nicht gelingen, Williams Haß gegen diese Inselbewohner zu teilen. Sie saßen ruhig auf ihren Inseln wie die Maus hinterm Ofen und taten niemandem etwas zuleide. War es verwunderlich, daß sie verbissen Widerstand leisteten und nicht in die Sklaverei verschleppt werden wollten, die sicherlich furchtbarer ist als der Tod? Vielleicht empfanden diese Wilden jegliches Joch ebenso schmerzhaft wie ich, wie ein jeder von uns?
    „Sind die Inselbewohner Menschenfresser?" fragte ich William.
    „Und ob."
    „Woher weißt du das?" forschte ich weiter.
    „Jedes Kind weiß das."
    Meine Miene schien nicht sehr überzeugt, und der Matrose war drauf und dran, mir das übelzunehmen; doch alsbald lachte er wieder. Nach einer Weile sagte er ernst:
    „Wenn dich das wirklich interessiert, so frage Arnak, den größeren der beiden Sklaven unseres Alten. Obwohl er aus dem Süden, irgendwo von der Orinoko-Mündung, herkommt und nicht von diesen Inseln, so ist er doch, wie die Inselbewohner, ein Karibe."
    „Wie soll ich mich aber mit ihm verständigen?"
    „Ganz einfach. Er versteht Englisch. . . Gib aber auf den Kapitän acht! Wenn dich der Alte dabei erwischt, daß du dich mit seinen Sklaven einläßt, so reißt er dir wahrscheinlich den Kopf ab. Und noch eins: Beeil dich, Johnny, solange die Indianer noch am Leben sind, denn bald wird sie der Alte zu Tode gequält
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