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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion
Autoren: Dan Simmons
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Vom Standpunkt der Ousters aus war allerdings noch schlimmer, daß derselbe Kommandant, als er die Landungsboote in der Nähe der Zeitgräber landen ließ, ihre Fähigkeit verraten hatte, den Zeitgezeiten zu trotzen. Nachdem das Shrike ihr Einsatzteam dezimiert hatte, kehrte der Kapitän des Schlachtschiffs in den Schwarm zurück und wurde hingerichtet.
    Aber unser Geheimdienst deutete an, daß die Fehleinschätzung der Ousters kein völliges Desaster gewesen war. Wertvolle Informationen über das Shrike waren erlangt worden. Und sie waren noch besessener von Hyperion als zuvor.
    Gladstone erläuterte mir, wie die Hegemonie beabsichtigte, aus dieser Besessenheit Kapital zu schlagen.
    Der Kernpunkt des Plans sah vor, daß die Ousters provoziert werden mußten, die Hegemonie anzugreifen. Brennpunkt dieses Angriffs sollte Hyperion selbst sein. Man machte mir klar, daß die angezettelte Schlacht mehr mit interner Netzpolitik als mit den Ousters zu tun hatte.
    Elemente des TechnoCore widersetzten sich seit Jahrhunderten einer Eingliederung von Hyperion in die Hegemonie. Gladstone erläuterte, daß sich das nicht mehr mit den Interessen der Menschheit vertrug und eine gewaltsame Annexion von Hyperion – unter dem Vorwand, das Netz selbst zu schützen – fortschrittlicheren KI-Koalitionen ermöglichen würde, an die Macht zu kommen. Von dieser Verlagerung des Kräfteverhältnisses im Core würden der Senat und das Netz auf eine Weise profitieren, die mir nicht rückhaltlos erklärt wurde. Die Ousters würden ein für allemal als potentielle Bedrohung ausgeschaltet werden. Eine neue Ära der ruhmreichen Hegemonie konnte beginnen.
    Gladstone erklärte mir, daß ich mich nicht freiwillig melden mußte – daß das Unternehmen mit Gefahren für meine Laufbahn und mein Leben verbunden sein würde. Ich akzeptierte trotzdem.
    Die Hegemonie stellte mir eine private Raumjacht zur Verfügung. Ich bat nur um eine Veränderung: einen alten Flügel Marke Steinway.
    Ich reiste monatelang allein unter Hawking-Antrieb. Weitere Monate kreuzte ich in Regionen, durch die die Ouster-Schwärme normalerweise zogen. Schließlich wurde mein Schiff aufgespürt und aufgebracht. Sie akzeptierten, daß ich ein Bote war, und wußten, ich war ein Spion. Sie überlegten sich, ob sie mich töten sollten, ließen es aber sein. Sie überlegten, ob sie mit mir verhandeln sollten, und entschieden sich schließlich dafür.
    Ich will gar nicht erst versuchen, das schöne Leben im Schwarm zu beschreiben – ihre schwerelosen Kugelstädte und Kometenfarmen und Schubballungen, ihre orbitalen Mikrowälder und wandernden Flüsse und die zehntausend Farben und Beschaffenheiten des Lebens in der Rendezvouswoche. Es soll genügen zu sagen, daß den Ousters etwas gelungen ist, das die Menschen im Netz in den vergangenen Jahrhunderten nicht geschafft haben: sich weiterzuentwickeln. Wir leben in unseren Derivatkulturen, blassen Reflexen des Lebens auf der Alten Erde, aber die Ousters haben neue Dimensionen der Ästhetik und Ethik und Biowissenschaften und Kunst erforscht, die sich alle verändern und wachsen müssen, damit sie Spiegel der menschlichen Seele sind.
    Wir nennen sie Barbaren, und dabei klammem wir uns die ganze Zeit ängstlich an unser Netz wie die Westgoten, die in den Ruinen von Roms verblaßtem Ruhm herumlungern, und nennen uns zivilisiert.
    Innerhalb von zehn Standardmonaten hatte ich ihnen mein größtes Geheimnis anvertraut, und sie mir ihres. Ich erklärte ihnen in allen Einzelheiten, wie die Pläne der Ausrottung aussahen, die Gladstones Leute für sie vorgesehen hatten. Ich erzählte ihnen, wie wenig die Wissenschaftler des Netzes von der Anomalie der Zeitgräber begriffen und enthüllte die unerklärliche Angst des TechnoCore vor Hyperion. Ich erklärte ihnen, Hyperion würde ihre Falle werden, wenn sie versuchten, es zu besetzen, da jede Einheit von FORCE ins Hyperion-System befördert werden würde, um sie zu zerschmettern. Ich enthüllte ihnen, was ich wußte, und wartete wieder darauf, zu sterben.
    Anstatt mich umzubringen, erzählten sie mir etwas. Sie zeigten mir Fatlinemitschnitte, Frequenzaufzeichnungen und ihre eigenen Unterlagen, seit sie vor viereinhalb Jahrhunderten aus dem System der Alten Erde geflohen waren. Ihre Fakten waren schrecklich und schrecklich einfach.
    Der große Fehler von '38 war kein Fehler gewesen. Der Tod der Alten Erde war absichtlich erfolgt und von Elementen von TechnoCore und deren menschlichen Mittätern der
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