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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion
Autoren: Dan Simmons
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schienen. »Ob sie nur Hyperion wegen der Zeitgräber erobern wollen, oder ob dies ein umfassender Großangriff gegen das Weltennetz ist, bleibt abzuwarten. Vorläufig wurde eine vollständige Kampf flotte von FORCE: Weltraum zusammen mit einem Farcaster-Baubataillon vom Camn-System abgezogen, um zur Evakuierungsflotte zu stoßen, doch könnte diese Truppe wieder abgezogen werden, was ganz von der weiteren Entwicklung abhängt.«
    Der Konsul nickte und hob geistesabwesend den Scotch zum Mund. Er sah das leere Glas stirnrunzelnd an und ließ es auf den dicken Teppichboden der Holonische fallen. Auch ohne militärische Ausbildung begriff er die schwierige taktische Entscheidung, vor der Gladstone und die Oberbefehlshaber standen. Wenn nicht schnellstens ein militärischer Farcaster im Hyperion-System installiert wurde – mit ungeheuren Kosten –, konnten sie der Invasion der Ousters keinen nennenswerten Widerstand entgegensetzen. Die möglichen Geheimnisse, welche die Zeitgräber enthielten, würden dem Feind der Hegemonie in die Hände fallen. Wenn es der Flotte rechtzeitig gelang, einen Farcaster zu bauen und die Hegemonie sämtliche Reserven von FORCE darauf konzentrierte, die ferne Kolonialwelt Hyperion zu verteidigen, ging das Weltennetz die schreckliche Gefahr eines Angriffs der Ousters anderswo entlang der Grenze ein, oder – ein Szenario, das vom Schlimmsten ausging – das Risiko, daß den Barbaren wahrhaftig ein Farcaster in die Hände fiel und sie ins Netz selbst eindrangen. Der Konsul versuchte sich vorzustellen, wie die bewaffneten Truppen der Ousters tatsächlich auf hundert Welten durch Farcaster-Tore in schutzlose Städte einfielen.
    Der Konsul schritt durch das Holo von Meina Gladstone, hob das Glas auf und schenkte sich noch einen Scotch ein.
    »Sie sind auserwählt worden, an der Pilgerfahrt zum Shrike teilzunehmen«, sagte das Ebenbild der alten Präsidentin, die die Presse gerne mit Lincoln oder Churchill oder Alvarez-Temp oder jedweder Prä-Hegira-Legende verglich, die zur Zeit historisch en vogue war. »Die Tempelritter entsenden ihr Baumschiff Yggdrasil«, sagte Gladstone, »und der Befehlshaber der Evakuierungsflotte hat Befehl, es passieren zu lassen. Mit einer Zeitschuld von drei Wochen können Sie zur Yggdrasil gelangen, bevor diese vom Parvati-System aus den Sprung macht. Die sechs anderen Pilger, die von der Kirche des Shrike auserwählt wurden, werden an Bord des Baumschiffes sein. Unsere Geheimdienstberichte sprechen dafür, daß mindestens einer der sieben Pilger ein Agent der Ousters ist. Wir wissen ... zum derzeitigen Zeitpunkt ... noch nicht, wer es ist.«
    Der Konsul mußte lächeln. Unter sämtlichen Risiken, die Gladstone einging, mußte die alte Frau auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, daß er der Spion war und sie einem Agenten der Ousters wichtige Informationen über Fatline zukommen ließ. Aber hatte sie ihm irgendwelche wichtigen Informationen gegeben? Flottenbewegungen waren feststellbar, sobald die Schiffe den Hawking-Antrieb benützten, und wenn der Konsul der Spion gewesen wäre, hätte ihn die Eröffnung der Sprecherin vielleicht abschrecken können. Das Lächeln des Konsuls verschwand; er trank seinen Scotch.
    »Sol Weintraub und Fedmahn Kassad gehören zu den sieben auserwählten Pilgern«, sagte Gladstone.
    Der Konsul runzelte die Stirn. Er betrachtete die Wolke von Ziffern, die wie Staubkörnchen um das Abbild der alten Frau herum flimmerten. Fünfzehn Sekunden Fatline-Übertragungszeit blieben.
    »Wir brauchen Ihre Hilfe«, sagte Meina Gladstone. »Es ist von entscheidender Bedeutung, daß die Geheimnisse der Zeitgräber und des Shrike gelüftet werden. Diese Pilgerfahrt könnte unsere letzte Chance sein. Falls die Ousters Hyperion erobern, muß ihr Agent eliminiert und die Zeitgräber um jeden Preis versiegelt werden. Das Schicksal der Hegemonie könnte davon abhängen.«
    Die Übertragung war zu Ende, abgesehen vom Flimmern der Rendezvouskoordinaten. »Antwort?« fragte der Schiffscomputer. Trotz der gewaltigen Energien, die aufgewendet werden mußten, war das Raumschiff imstande, einen kurzen, codierten Impuls in das unverständliche Brabbeln der FTL-Sendungen zu schicken, welche die von Menschen bewohnten Teile der Galaxis miteinander verbanden.
    »Nein«, sagte der Konsul, ging hinaus und lehnte sich über das Balkongeländer. Die Nacht hatte sich herniedergesenkt, die Wolken hingen tief. Sterne waren keine zu sehen. Ohne das gelegentliche Aufleuchten
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