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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden
Autoren: Ursula Neeb
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müsst wissen, dass die Venusschwestern bei ihren Zusammenkünften bestimmte Salben verwenden, die sie sich auf die Haut streichen. Sie werden nach einem alten, wohlgehüteten Rezept zubereitet und enthalten verschiedene Rauschdrogen. Dabei gibt es zweierlei Salben. Die sogenannte Liebessalbe, die für die Sommersonnwende bestimmt ist, hat eine starke aphrodisische Wirkung und versetzt in einen lustvollen Sinnenrausch. Für die Wintersonnwende dagegen, welche die dunkle Seite der Göttin einleitet, wird eine andere Salbe benutzt, die aus Mutterkorn und verschiedenen Nachtschattengewächsen bereitet wird. Sie ermöglicht es uns, in die große Finsternis abzutauchen und die Geheimnisse des Todes zu erfahren. Diese Droge ist sehr gefährlich und führt bei unkontrolliertem Gebrauch in den Wahnsinn. Und das kam mir in meiner prekären Lage sehr gelegen. Ich bestrich die Klinke ihrer Kammer mit dieser Salbe, um die Zimmerin in den Irrsinn zu treiben. Als sie dann das Haus verließ, versetzte ich sie unterwegs in Angst und Schrecken. Dabei trieb ich sie immer näher an den Main, damit sie schließlich vor Panik in den Fluss springt. Dann hätte es so ausgesehen, als hätte sie aus Kummer um ihren Geliebten den Freitod gewählt …« Irene schwieg einen Moment und stieß vernehmlich die Luft aus. »Das lief auch zunächst alles nach Plan, und wir gelangten schließlich an den Mainkai. Doch dann versuchte dieses Luder plötzlich, mich anzugreifen und mir den Dolch zu entringen. Nun, und da musste ich halt ein wenig nachhelfen. Sie stand unter Drogen und war ziemlich geschwächt, von daher war es nicht schwer, sie ins Wasser zu stoßen. Doch sie ist und ist nicht abgesoffen! Hat gekämpft wie eine Irrsinnige, als ich ihren Kopf unter Wasser gedrückt habe …« Irene lächelte anerkennend. »Aber das hätte ich schon noch hingekriegt. Sie war ja fast am Ende, und es hätte nicht mehr lange gedauert. – Doch dann ist alles anders gekommen, und den Rest kennt Ihr ja«, murmelte sie und schüttelte verzagt den Kopf.
    Wie schon während des gesamten Verhörs, so erwies es sich auch jetzt, dass Irenes Mitgefühl einzig auf sie selbst beschränkt war. Für ihre Opfer zeigte sie keinerlei Anteilnahme.
    Als der Richter sie am Ende der Vernehmung fragte, ob sie ihre Taten bedauere, erklärte sie ohne Zögern, dass dies keineswegs der Fall sei. Dann fügte sie hinzu: »Ich bedauere es jedoch unendlich, dass es mir nicht vergönnt war, ein Leben fernab der Prostitution zu führen und dass mich erst der Tod aus dieser abstoßenden Welt erlösen wird«, murmelte sie gepresst.
    Obgleich die junge Frau durchaus ein Opfer unglückseliger Umstände war, fühlte sich das Tribunal doch außerstande, Verständnis für ihr Geschick aufzubringen.
    Die Verkündung des Todesurteils, das schon am nächsten Tag vollstreckt werden sollte, nahm die junge Ulmerin mit versteinerter Miene auf. Lediglich ihre Mutter schrie bei diesem Urteil auf wie von Sinnen.
    Als der Richter die beiden Frauen abführen ließ, musste Alma von den Bütteln hinausgetragen werden, weil sie nicht mehr aus eigener Kraft gehen konnte. Was der Tortur nicht gelungen war, hatte das Geständnis ihrer Tochter erreicht: Alma Deckinger verließ den Verhörraum als zutiefst gebrochene Frau.

    Die Hurenkönigin versuchte verzweifelt an die Oberfläche zu gelangen, doch das Wasser über ihr wollte einfach nicht weichen. Ihr war, als würde sie nicht aufsteigen, sondern stattdessen immer noch tiefer sinken. Ihre Lunge schmerzte, sie hatte keine Luft mehr, und Todesangst erfasste sie …
    »Hilfe!«, schrie Ursel außer sich und rang röchelnd nach Atem. Ich ertrinke! Hilfe, ich ertrinke!
    Unversehens verspürte sie ein zärtliches Streicheln auf ihrem Unterarm und hörte wie aus weiter Ferne ein sanftes Flüstern.
    »Ganz ruhig, mein Mädchen … Keine Angst! Du bist in Sicherheit …« Es war die Stimme von Bernhard!
    Ursel schlug verwundert die Augen auf und konnte es kaum fassen, als sie neben sich das Gesicht des Geliebten gewahrte. Er lächelte sie aus seinem Bett an und hielt ihre Hand. Mit Erstaunen stellte sie fest, dass sie sich ebenfalls auf einem Krankenlager befand, das dicht neben dem seinen stand.
    »Was … was ist passiert?«, stammelte sie und spürte, dass ihr die eben durchlebte Panik noch gewaltig im Nacken saß. Sie kannte dieses übermächtige Gefühl. Schon einmal war sie nur knapp dem Tod entronnen! Ganz allmählich kehrte die Erinnerung an den jüngst
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