Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure: Roman (German Edition)

Die Hure: Roman (German Edition)

Titel: Die Hure: Roman (German Edition)
Autoren: Laura Gustafsson
Vom Netzwerk:
irgendwie waren sie von der falschen Art. Dann begegnete ihr ein anderer Mensch, der sich dadurch auszeichnete, dass er einen Penis hatte. Und sie trieben es miteinander, und die Frau dachte, so ist es gut.
    Und die Frau nannte sich Al-Lat. Das heißt: Göttin. Aber der Mann hatte einen ganz gewöhnlichen Namen.
    Alles war gut, bis der Mann auf die Idee kam, Al-Lat müsse auch einen gewöhnlichen Namen annehmen. Al-Lat hingegen sagte, sie könne nicht jedes Mal den Namen wechseln, wenn dem Mann danach war.
    Da wurde der Mann verbittert, und eines Tages wanderte er durch die Wüste und begegnete ihrem gemeinsamen Kind. Wie heißt du noch gleich?, fragte der Mann. Mahmut, antwortete der Junge. Der Mann sagte, aha, was würdest du davon halten, wenn ich dich auf dem Berg dort totschlage, aus irgendeinem unbegreiflichen Grund. Mahmut flehte, ach Vater, tu das nicht, ich verspreche dir, was du willst, wenn du mich nur nicht totschlägst. So, so, sagte der Mann.
    Und dann entwickelte der Mann einen Plan: Mahmut sollte Al-Lah erschaffen, das heißt: Gott, und ihn so mächtig machen, dass die Frauen aufhörten, den Männern auf der Nase herumzutanzen. Und Mahmut tat es. Deshalb sind die Frauen und die Göttinnen so klein geblieben.

2.
    PRETTY WOMAN, LOOK MY WAY.
PRETTY WOMAN, SAY YOU’LL STAY WITH ME.
’CAUSE I NEED YOU, I’LL TREAT YOU RIGHT.
COME WITH ME BABY, BE MINE TONIGHT.

    MILLA SITZT ZU HAUSE, ISST NUDELN mit Sojaschrot und liest Werbung. »Grannas: Frisch gepresster Apfelsaft: 5,90. Maldon: Ökologisches Meersalz 95 g: 4,50. Antipasti-Teller, 2 verschiedene, 500 g: 6,90. Monin: Kaffeesirup, 5 Geschmacksrichtungen, 5 x 50 ml: 7,90.«
    Aus ihrem Magen dringt ein leises, aber vernehmliches Knurren. Es ist das Nudeln-mit-Sojaschrot-Knurren. Das Studienbeihilfe-verbraucht-Knurren. An sich ist das Studium ganz in Ordnung, aber es führt zu nichts. Milla weiß, dass sie jetzt einen ebenso vernünftigen Job kriegen kann wie nach dem Examen. Warum soll sie sich den Job nicht sofort suchen, statt weiter für Prüfungen zu lernen, bei denen komische Fragen zu abstrakten Themen gestellt werden? Gesagt, getan!
    Milla geht zum Arbeitsamt.
    »Hallo. Ich brauche einen Job«, sagt sie zu der Beraterin.
    »Aha. Was für einer darf es denn sein?«
    »Na, irgendetwas mit gutem Gehalt und kurzer Arbeitszeit. Sinnvoll, aber nicht zu verantwortungsvoll. Nicht im Freien, aber nichts, wo man immer bloß stillsitzen muss.«
    Die Beraterin lacht so laut, dass alle anderen Arbeitssuchenden sich zu ihnen umdrehen.
    »Was ist daran so lustig?«
    »Na, so einen Job gibt es natürlich nicht.«
    Die Beraterin dreht den Monitor so, dass sie sich die offenen Stellen gemeinsam ansehen können. Gesucht werden Anstaltsputzkräfte, Metro-Putzkräfte, Treppenhausputzkräfte und Fischausnehmer.
    »Das ist nicht ganz …«
    »Irgendeinen Job müssen Sie nehmen.«
    Küchenhilfen, Dienstmädchen, Sklavinnen. Sklavinnen. Sklavinnen. Sklavinnen.
    Doch dann, mitten in all dem Elend, steht da: »Bis zu zweihundert Euro Stundenlohn! Kundenorientierte, fröhliche Mitarbeiterin gesucht für vielseitige Tätigkeit mit Kontakt zu Menschen in wechselnder Umgebung. Keine Vorbildung erforderlich. Ihre Qualifikation: Sie sind eine schöne junge Frau.«
    »Was ist das?!«
    Die Beraterin klickt das Inserat an. Den Daten zufolge handelt es sich bei der Firma um das Verkupplungsbüro Pimp & Pimp, das mit dem Slogan wirbt: »Hüter einer alten Tradition.« Unter dem Inserat steht klein gedruckt: »Die Arbeit verursacht möglicherweise ein kleines soziales Stigma.«
    »Was ist ein Stigma?«, fragt Milla.
    »Keine Ahnung«, antwortet die Beraterin.
    »Sicher nichts Wichtiges!«
    Milla schreibt sich die Kontaktdaten von Pimp & Pimp auf den Handrücken und schickt sich gut gelaunt zum Gehen an.
    Eine Frau, die darauf wartet, aufgerufen zu werden, sieht sie verächtlich an und schnaubt. Milla dreht sich zu ihr um. »Hör mal: Ich seh gut aus und du nicht. Deshalb wirst du Fischausnehmerin, und ich werde Freudenmädchen.«
    Die Frau holt eine heiße Brennschere aus ihrer ledernen Handtasche und drückt sie gegen Millas Oberschenkel. Ein Loch brennt sich in die dünne Strumpfhose, und auf Millas Schenkel entsteht ein roter Abdruck.
    »Au, verdammt, musste das sein?«
    »Ja, unbedingt.«
    Milla zeigt dem Pförtner ihren Schenkel. »Guck mal, was die gemacht hat.«
    Der Pförtner hat wahrscheinlich noch nie einen Frauenschenkel aus der Nähe gesehen, denn er beginnt zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher