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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose
Autoren: Rebecca Gable
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mit der Hand über ihre Lippe, wo sein Blut sich jetzt mit dem ihren mischte. Langsam, genießerisch fuhr sie mit der Zunge darüber, warf dann den Kopf zurück und stieß ein schrilles, irres Lachen aus.
    Und das, dachte John schaudernd, ist die erste Dame des Reiches. Dieses Monstrum könnte die nächste Königin von England werden. Und es sah verdammt danach aus, als sollte er keine Gelegenheit mehr bekommen, es zu verhindern.
    Er wandte den Blick ab und stellte fest, dass das Gesicht der Teufelsbuhle auf dem Altar inzwischen in den Gewändern des Kapuzenmannes verschwunden war, der reglos vor ihr stand, den verhüllten Kopf wie in Demut gesenkt.
    Eleanor kehrte zu der unglaublichen Szene zurück und gab dem Satan aus dem Kelch zu trinken. Johns Blut lief ihm übers Kinn.
    John spürte Schwindel seine Beine hinaufkriechen. Er schaute an sich hinab und stellte fest, dass die Wunde in seiner Seite stetig weiterblutete, aber es war kein wirkliches Sprudeln. Er glaubte nicht, dass er schon eine bedenkliche Menge seines Lebenssafts verloren hatte. Aber es war ein gewaltiger Unterschied, stellte er fest, ob man ihn aus einer ehrlich erworbenen Wunde auf dem Schlachtfeld vergoss oder als Opferlamm einer Satansmesse. Es waren vor allem sein Ekel und die Angst vor dem Bösen, die ihn schwach machten.
    Wie aus einem wabernden Nebel sah er Eleanor wieder mit der Lanze und dem Kelch vor sich auftauchen. Eigentlich wollte er nichts mehr sehen, nichts mehr hören, und dennoch folgte sein Blick jeder ihrer Bewegungen. Wieder stieß sie die gerundete Klinge in die Wunde, tiefer dieses Mal, und ließ sie stecken, während sie sein Blut auffing.
    »Das ist alles, John«, flüsterte sie. »Mehr brauchen wir nicht von dir. Was denkst du, soll ich sie tiefer hineinstoßen und dich von deinem Elend erlösen? Oder soll ich dich langsam verbluten lassen?«
    »Weder noch, Herzblatt«, sagte eine tiefe Stimme hinter ihr, und eine Pranke mit einem Siegelring am Zeigefinger fiel auf ihre Schulter.
    Eleanor Cobham zuckte erschrocken zusammen, und sowohl der Kelch als auch die Lanze fielen ihr aus den Händen. Das lästerliche Gefäß zerbarst mit einem dumpfen Klirren.
    John blinzelte verwirrt. »Raymond?« Er sah nur noch verschwommen, aber er hatte die vertraute Stimme erkannt.
    »Oh, bei allen Knochen Christi, John …«, hörte er diese Stimme nun sagen, sie klang zutiefst erschüttert.
    Und bevor John irgendetwas erwidern konnte, vernahm er Daniel: »Verflucht, hier ist noch eine Tür! Sie entwischen uns!«
    »Dann schlage ich vor, du folgst ihnen, mein Junge«, knurrte Raymond über die Schulter, ehe er Eleanor Cobham scheinbar galant, aber mit eisernem Griff am Ellbogen packte. »Dich haben wir jedenfalls. Ich hab doch immer gewusst, dass du ein durchtriebenes Luder bist.«
    »Lasst mich los«, befahl sie. »Ich glaube, Ihr vergesst, wer ich bin, Sir!«
    Er sah ihr in die Augen und schüttelte langsam den Kopf. »Das wird dich nicht retten, Herzblatt. Dieses Mal bist du einfach zu weit gegangen.«
     
    John wachte mit schmerzenden, bandagierten Händen in einem breiten Bett mit strahlend weißen Laken auf, und im ersten Moment wähnte er sich in Troyes. Dann entsann er sich, dass seit jenen fernen Tagen mehr als zwanzig Jahre vergangen waren, und er murmelte verwirrt: »Wo bin ich?«
    »In meinem Haus in London«, antwortete der Kardinal.
    John richtete sich auf, spürte einen stechenden Schmerz in der linken Seite, und alles fiel ihm wieder ein.
    Beaufort half ihm, sich aufzusetzen, und stopfte ihm ein Kissen in den Rücken. »Alles in Ordnung?«
    John nickte. »Ihr habt ein Haus in London?«
    »Der Bischof von Winchester hat einen ansehnlichen Palast in London, mein Sohn«, spöttelte Beaufort. »In bedenklicher Nähe zu dem großen Hurenviertel am Südufer der Themse, das ihm ebenfalls gehört und ihm ein Vermögen an Pachteinnahmen einbringt.«
    »Ich hoffe, Ihr erwartet nicht, dass ich schockiert bin. Wie komme ich hierher?«
    »Euer Bruder hat Euch hergebracht.«
    »Wieso ist …«
    »Raymond wird Euch alles erzählen. Aber ich brauche dringend ein paar Antworten, John. Der König ist letzte Nacht plötzlicherkrankt. Er leidet unerträgliche Kopfschmerzen, und er brennt vor Fieber. Denkt Ihr, das könnte in irgendeinem Zusammenhang mit diesem … teuflischen Ritual stehen?«
    »Oh mein Gott …« John fuhr sich mit dem Unterarm über die Augen. Dann schaute er seinem Schwiegervater ins Gesicht. »Ja, Mylord. Ich glaube schon.«
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