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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose
Autoren: Rebecca Gable
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Eleanor Cobham ergriff den Kelch mit beiden Händen und trat langsam auf John zu. Jetzt erkannte er, dass das Gefäß aus irgendeinem glänzenden, schwarzen Stein gemeißelt war, Obsidian vielleicht.
    Der Kapuzenmann, der sein Gesicht immer noch nicht enthüllt hatte, folgte ihr, und in seiner linken Hand lag eine kurze Lanze.
    John ahnte, was kommen würde, und er täuschte sich nicht: Der Mann stieß ihm die Lanze unterhalb der Rippen in die linke Seite, und kaum hatte John den scharfen Schmerz wahrgenommen, wurde dieser von einer eisigen Kälte gleich wieder betäubt. Verständnislos schaute er an sich hinab. Eleanor hatte den steinernen Kelch gegen sein Fleisch gedrückt und fing das Blut auf, das munter aus der Wunde sprudelte. Mit einem strahlenden Lächeln sah sie John in die Augen, hob ihren Kelch an die Lippen und trank von seinem Blut.
    Johns Magen hob sich gefährlich, aber er wandte den Blick nicht ab. Nackt, an ein Kreuz geschlagen und blutend stand er hier vor seiner Feindin – es war nicht ganz leicht, seine Würde zu wahren. Aber wenigstens den Triumph, ihr seine Furcht zu zeigen, wollte er ihr versagen.
    »Und ich dachte immer, es seien unschuldige Kinder, die ihr bei euren widerwärtigen Satansriten schlachtet und deren Blut ihr trinkt«, bemerkte er. Es war ein kleiner Trost, dass er so viel gelassener klang, als er sich fühlte.
    Eleanor Cobham hob die schmalen Schultern. »Sie haben den Vorteil, dass sie preiswert zu bekommen sind. In manchenStadtvierteln von London verkaufen die Mütter sie für einen Shilling. Aber heute wollten wir Waringham-Blut. Am liebsten hätte ich mir dein Söhnchen geholt – aus den verschiedensten Gründen, wie du dir denken kannst –, aber unglücklicherweise war es hinter euren Burgmauern unerreichbar.« Sie lächelte wieder und fügte im Verschwörerton hinzu: »Noch.«
    John war sprachlos, und die Furcht um Julian, seine Töchter und seine Frau bohrte sich mit pfeilspitzen Krallen in seine Eingeweide.
    Eleanor und der Kapuzenmann kehrten zum Altar zurück. Das Fauchen der Schellen erklang wieder, als sie den Kelch der zweiten Teufelsbuhle reichte. Diese war inzwischen auf den Altar geklettert, kniete auf der steinernen Platte, hob den Kelch mit beiden Händen hoch über den Kopf und verharrte so eine geraume Weile, während die Trommel das Tempo weiter anzog, die Schellen tönten und sie eine neuerliche Beschwörungsformel murmelte. Endlich trank auch sie, gab den Becher an den Kapuzenmann weiter und warf dann ihr Gewand ab. Sie enthüllte einen straffen, jungen Körper, der ebenso abscheulich bemalt war wie ihr Gesicht. Und als sie sich auf Hände und Knie niederließ, erkannte John ein großes Pentagramm mit einer Teufelfratze in der Mitte, das sich über ihren unteren Rücken und die Gesäßbacken zog.
    Wieder wurde etwas ins Feuer geworfen, und ein dicker, bräunlicher Qualm stieg auf. Eine Zeit lang nahm er John die Sicht, so wie der schwefelige Gestank ihm den Atem nahm, und er hörte nur das zunehmend drängende Gemurmel der Stimmen. Die Trommel fing an zu rasen, und das Fauchen der Schelle verstummte nicht mehr.
    Als der dicke Qualm sich verzog, war der Satan erschienen.
    »Oh, Jesus Christus, erbarme dich und steh mir bei«, stieß John hervor. In seiner Panik wollte er an seinen Fesseln zerren, und der plötzlich aufs Neue erweckte Schmerz in den Händen, das Gefühl seines eigenen heißen Blutes, das ihm über die Handflächen rann, brachte ihn wieder zu Verstand.
    Dieser Teufel hatte weder Schwanz noch Hufe, erkannte erjetzt. Dafür haarige, ziemlich dürre Beine, unter einem zottigen schwarzen Fellumhang. Keine Krallen, sondern rundliche Hände, und am linken kleinen Finger fehlte ein Glied. Nur ein Mann, erkannte John. Ein halbnackter Kerl mit einer abscheulichen Teufelsmaske: Sie war schwarz, hatte glutrote Augen, riesige, eingedrehte schwarze Hörner wie ein Widder und gefletschte, spitze Zähne, zwischen denen eine rote Zunge hervorschaute.
    Lächerlich, versuchte John sich einzureden. Aber er hatte trotz der Hitze eine Gänsehaut, sein Herz raste ebenso wie die Trommel, und er hörte nicht auf zu beten.
    Der Teufel riss dem Kapuzenmann den Kelch aus den Händen, legte den Kopf in den Nacken und trank.
    John schloss die Augen.
    Er riss sie wieder auf, als die Lanze ein zweites Mal in dieselbe Wunde gebohrt wurde, damit der Blutstrom nicht versiegte. Dieses Mal war es der Kapuzenmann, der den Kelch füllte. Er mied Johns Blick und hastete mit dem
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