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Die Hueter Der Rose

Die Hueter Der Rose

Titel: Die Hueter Der Rose
Autoren: Rebecca Gable
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Leib im Licht der kleinen Öllampe, die John auf den Boden gestellt hatte, nachdem er das Stroh darunter sorgsam beiseite gefegt hatte.
    »Was denkst du?«, fragte der Junge.
    Der Stallmeister hob die schmalen Schultern. »Wie es ihr geht, weißt du besser als ich, nicht wahr?«
    Conrad dachte manchmal, dass es ein feiner Zug von Gott gewesen wäre, auch ihn mit diesem besonderen Gespür für Pferde zu segnen, das einigen der Waringhams zu Eigen war – schließlich war er zur Hälfte selber einer und trug hier die Verantwortung für das Gestüt. Doch Gott hatte in seiner unendlichen Weisheit anders entschieden, und Conrad hatte gelernt, sich mit Erfahrung und herkömmlichem Pferdeverstand zu begnügen. »Ich schätze, es dauert noch. Wie üblich. Hat dein alter Herr nicht gesagt, dass er dich ablösen kommt?«
    John schüttelte beklommen den Kopf. »Er wird die Nacht in der Kapelle verbringen, denke ich. Er … trauert sehr um den König.«
    Conrad nickte und unterdrückte ein Seufzen. Er wusste, es war mehr als nur Trauer um den toten Henry, die seinen Onkel quälte.
    Wieder flammte gleißend ein Blitz auf, und fast im selben Moment krachte ein wahrhaft ohrenbetäubender Donner.
    »Jesus …«, murmelte Conrad. »Der hat gewiss irgendwo im Dorf eingeschlagen.«
    John zog die Schultern hoch. Langsam wurde dieses Gewitter ihm unheimlich. Er war äußerst dankbar für Conrads Gesellschaft, selbst wenn er das nie zugegeben hätte.
    Der Stallmeister kam ihm trotzdem auf die Schliche. »Geh, leg dich schlafen, Junge. Spar dir den weiten Weg über den Mönchskopf zur Burg rauf. Geh rüber zu meinem Haus. Ich bleibe bei Circe.«
    Doch der Jüngere schüttelte entschieden den Kopf. »Ich habe gesagt, ich bleibe, bis das Fohlen kommt. Bei dem Getöse dort draußen könnte ich sowieso nicht schlafen.«
    Conrad nickte und schaute versonnen durch das Viereck der oberen Türöffnung hinaus in die Nacht. Den ganzen Tag hatte es gestürmt, am Vormittag gar geschneit. Auch er fragte sich, was ein solch ungewöhnliches, bedrohliches Wetter an einem so schicksalhaften Tag zu bedeuten haben mochte. »Was für ein König mag er werden, dass bei seiner Krönung die Elemente so toben?«, fragte er halblaut.
    »Hm. Und als er geboren wurde, fielen die Sterne vom Himmel.«
    Conrad sah überrascht auf. »Wie bitte?«
    »Mein Vater hat es erzählt. In der Nacht, als Prinz Harry … ich meine, als der König zur Welt kam, war Vater mit dessen Vater zusammen in London. Sie saßen im Garten und sahen zahllose Sternschnuppen.«
    »Das wundert mich nicht«, bemerkte Conrad. Dann schaute er John an. »Für dich muss es besonders eigentümlich sein, dass der König gestorben ist. Bist du nicht an dem Tag geboren, als er gekrönt wurde?«
    Der Junge nickte. »Und deswegen kam es mir so vor, als wäre er in ganz spezieller Weise mein König. Ich habe immer davon geträumt, eines Tages in seinen Dienst zu treten, als sein Ritter oder gar ein wenig mehr als das. So wie mein Vater oder wie mein Bruder Edward. Ich habe mir ausgemalt, wie es wohl sein würde. Und nun hab ich ihn nie kennen gelernt.«
    »Doch du wirst seinem Sohn dienen, wenn es dein Wunsch ist.«
    »Oh ja. Das ist es. Lieber heute als morgen, glaub mir. Aber mein Vater …« Er unterbrach sich plötzlich und hob den Kopf. Seine Augen waren mit einem Mal groß und starr. Er schien vollkommen vergessen zu haben, wovon sie gerade gesprochen hatten.
    Conrad kannte diesen Ausdruck. Er packte den Jungen am Arm und rüttelte ihn leicht. »Was?«
    John blinzelte, aber er rührte sich immer noch nicht. »Troilus … die Zweijährigen.«
    »Was ist mit den Zweijährigen?«
    John stand langsam aus dem Stroh auf. »Ich weiß nicht … sie fürchten sich.«
    Conrad sprang auf die Füße, zog seinen Cousin mit in die unwirtliche Nacht hinaus und raunte über die Schulter: »Tut mir Leid, altes Mädchen, du musst ein Weilchen ohne uns auskommen.«
    Mit langen Schritten durchquerte er den Stutenhof. John war aus seinem seltsamen Traumzustand erwacht und hastete neben ihm her.
    Sie sahen es, noch ehe sie das Ende der Gasse zwischen den beiden Stallreihen erreicht hatten: Vor ihnen war die Nacht viel zu hell.
    Sie tauschten einen entsetzten Blick und rannten los. Als sie die Koppel erreichten, blieben sie so abrupt stehen, als wären sie gegen eine Mauer gerannt.
    »Oh, heiliger Georg, steh uns bei«, flüsterte John.
    Der Blitz, der sie vorhin so erschreckt hatte, war keineswegs im Dorf eingeschlagen,
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