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Die Hölle von Tarot

Die Hölle von Tarot

Titel: Die Hölle von Tarot
Autoren: Piers Anthony
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„Ich helfe dir“, sagte das Kind.
    Überrascht blickte Amaranth sie an, antwortete aber weder, noch bewegte sie sich. Carolyn kratzte das meiste ab. Dann drehte sie sich mit voller Hand um und blickte hinüber zum anderen Boot.
    „Na, na“, warnte sie Bruder Paul.
    Zögernd ließ Carolyn die braune Masse in den Fluß fallen und bückte sich dann, um die Hände abzuspülen. Dann schöpfte sie mit beiden Händen Wasser, das sie Amaranth reichte, um sich den Rest abwischen zu können. „Du bist ein liebes Kind“, murmelte Amaranth. Dann erstickte ihre Stimme, und sie sagte nichts mehr, sondern spritzte sich weiter Wasser über den Körper.
    Warum habe ich ihr nicht geholfen? fragte sich Bruder Paul. Und er wußte sogleich die Antwort: Weil Amaranth es gestattet hatte, derartig beschmutzt zu werden. Sie hatte mit dem scheißeverehrenden Apostel des Satans geschlafen. Und wenn das unvorhergesehen gekommen war, dann war es nur die Alternative zu einem schlimmeren Verbrechen gewesen: der Exekution eben dieses Kindes, welches ihr nun half.
    Carolyn mit der heiligen, kindlichen Naivität hatte Amaranth vergeben. Bruder Paul nicht.
    Dann schlug ihm etwas Massiges, aber Weiches an den Hinterkopf. Er wußte, was es war, noch ehe er es abkratzte. Einst hatte auch er unmoralisch gehandelt – und dafür war seine Seele in Scheiße getaucht worden. Dieses Mal hatte er etwas unfair beurteilt und wurde auf ähnliche Weise bestraft.
    Nur Lee war von den Fäkalien bislang unberührt geblieben. Er meditierte mit geschlossenen Augen, ein Beweis der Unberührbarkeit gegenüber allen Übergriffen. Selbst hier an der Grenze zur Hölle lag die göttliche Gnade um ihn.
    Die beiden Boote lösten sich voneinander, die Schlacht wurde beendet. Niemand hatte etwas dadurch gewonnen; sie gingen ohnehin alle zur Hölle. Vielleicht war das ein Teil der Einweihung, eine notwendige Degradierung, dieses Eingetaucht werden in Schmutz. Als könne die körperliche Beschmutzung auf die Beschmutzung der Seele vorbereiten. „Erde bist du“, murmelte Bruder Paul, „und zu Erde sollst du wieder werden.“ War die Hölle der große Komposthaufen für die schmutzigen Seelen?
    Sie näherten sich dem Ufer. Aber es war nicht nötig, bei der Landung auszusteigen. Aus dem Wasser heraus führten Schienen, und ihr Gefährt nahm seine Fahrt wieder auf.
    „Und jetzt geht es auf große Tournee“, sagte Therion zufrieden. „In diesen wenigen Minuten können wir nicht allen Aspekten der Hölle gerecht werden, aber im Vorbeiziehen können wir einen Blick davon erhaschen.“ Er lächelte, und das Lächeln wirkte keineswegs freundlich. „Vergeßt nicht, daß Satan und seine Untertanen selber Gottheiten sind, deren einziges Verbrechen darin bestand, in der Palastrevolution zu unterliegen. Lange Zeit wurde der Gehörnte Gott um seiner selbst willen verehrt – und einige glauben noch heute so an ihn.“ Er meinte wohl sich selber.
    Die Plattform glitt auf eine exotische Galerie zu, die an das Innere der Großen Pyramide erinnerte. Altägyptische Bilder und Gemälde zierten die Wände, und vor jeder Nische stand eine grimmige Statue: Greife, Flußpferde, Krokodile, Schweine, Schildkröten und Schlangen. Vögel mit Menschenköpfen hockten auf steinernen Ästen unter der Decke.
    Eine Reihe von Wesen mit kurzen Röcken und Kopfputz stand da, als erwartete sie Befehle. Der oberste Dämon verfügte zwar über einen Menschenkörper, hatte jedoch den Kopf eines sonderbaren Wesens mit langer Schnauze. „Das ist Set“, erklärte Therion. „Er hat den Kopf eines Oryx. Er ist der Gott des Krieges, der brutalen Gewalt, von Zerstörung und Tod. Auch die Invasoren von Hyksos fürchteten ihn – sie versuchten, ihn friedlich zu stimmen, indem sie ihn Jalveh nannten, aber in Ägypten wurde er schließlich entmachtet und Satan genannt.“ Er schüttelte den Kopf. „Ein trauriges Ende für einen so edlen Gott.“
    Das Gefährt schoß durch die Wand in eine neue Kammer. Hier gab es ein riesiges, vogelfüßiges, vierflügeliges Ungeheuer, das auf den Hinterbeinen stand. Die Vordertatzen waren an eine Wand gehakt, und das hundeartige Gesicht spähte in eine Umfriedung, wo sich eine Menschenmenge um Flucht bemühte. Die meisten hatten Menschenkörper und Tierköpfe von Löwe, Hund, Bär, Schaf, Pferd, Adler und Schlange. Einige waren mit Fischschuppen bedeckt. In den Ecken aufgehäuft lagen die zertrampelten Überreste des Festes: Topfscherben, Fruchtschalen, Brotkrusten und
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