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Die Hochzeitsreise

Titel: Die Hochzeitsreise
Autoren: Julius Roderich Benedix
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manches mit dir zu besprechen, niemand wird es unbillig finden wenn du einmal einen Tag überschlägst.
    OTTO
zweifelnd.
Ich habe noch nie eine Stunde versäumt.
    ANTONIE. Desto weniger wird es dir jemand verargen.
    OTTO. Nun denn es ist ohnehin schon spät, ich habe mich auch nicht ordentlich vorbereiten können. Famule, eilen Sie in die Classe und sagen Sie: ich wurde Morgen sowol die Stunde des Tacitus als die des Xenophon ausfallen lassen.
    EDMUND. Augenblicklich.
Ab.
    ANTONIE
zündet an einem Schwefelhölzchen einen Fidibus an und reicht ihn Otto.
    OTTO
hat es nicht gleich bemerkt.
O – ich danke!
    ANTONIE
sitzend.
Entsinnst du dich wol noch des Besuches bei dem seligen Oheim, wo wir uns zum ersten Male sahen?
    OTTO
rauchend, sich immer mehr behaglich fühlend.
Ja, o ja, das war vor vier Jahren.
    ANTONIE. Richtig! Der selige Oheim war ein munterer Mann und liebte es viel Gesellschaft um sich zu sehen. Du aber standest immer finster und zurückhaltend in einer Ecke und runzeltest die Stirn, wenn wir munter und fröhlich waren. Die jungen Mädchen nannten dich den Philosophen! Ich habe dich immer darauf angesehen. Mir wollte diese Benennung gar nicht passend erscheinen. Unter einem Philosophen dachte ich mir immer einen alten graubärtigen Mann, du aber sahst jung und gar nicht übel aus.
    OTTO
belehrend.
Man kann auch jung ein Philosoph sein. Philosophie ist nämlich die Wissenschaft –
    ANTONIE
schmeichelnd.
Ich bitte dich, jetzt keine Gelehrsamkeit. Ich weiß auch ungefähr daß Philosophie Weisheit sein soll – wenn ich aber an die Aussprüche der Philosophen denke, die du mir vorhin mitgetheilt hast, so erheben sich in mir doch einige Zweifel an ihrer Weisheit.
    OTTO. Das sind aber Autoritäten, die weisesten Männer des Alterthums.
    ANTONIE. Und du meinst daß sie Recht haben?
Springt auf.
Da war der eine, der uns Frauen mit Füchsen, Affen und gar mit Hunden verglich.
Sich anmuthig vor ihm drehend.
Sieh mich einmal an. Findest du denn Aehnlichkeit an mir mit einem Fuchse oder Affen oder gar – ach ich mag es gar nicht sagen.
    OTTO
sie wohlgefällig betrachtend.
Mein Kind, das ist auch nicht wörtlich gemeint. Simonides spricht nicht von körperlicher Aehnlichkeit, sondern von geistigen Eigenschaften. Man nennt diese Redeweise –
    ANTONIE. Pst – heute Morgen schweigt die Gelehrsamkeit.
Sitzend.
Warum schautest du vor vier Jahren so finster darein, wenn wir lustig waren? Hältst du die Fröhlichkeit für Unrecht?
    OTTO. Das nicht, allein ein gemessenes Betragen ziemt namentlich jungen Mädchen.
    ANTONIE. Waren wir denn ungemessen?
    OTTO. Das will ich gerade nicht sagen – aber – ich – habe mich im Kreise von Frauen niemals wohl befunden.
    ANTONIE. Bist du denn schon viel in Frauenkreisen gewesen?
    OTTO. Selten oder nie.
    ANTONIE. Sieh mein Freund, da ertappe ich dich. Du kennst also die Frauen nicht aus eigner Anschauung, sondern nur aus deinen alten, garstigen Büchern. Und gestehe es nur, es war nichts als Verlegenheit, was dich damals bestimmte in deiner Ecke zu bleiben?
    OTTO. Verlegenheit?
Quod non.
Der Mann, der sich seiner Würde bewußt ist, wird niemals verlegen. Allein ich fühlte mich da nicht an meinem Platze.
    ANTONIE. Das ist dasselbe. Der Mann, der sich seiner Würde bewußt ist, muß sich an jedem Platze zurechtfinden können. Sieh, du kennst weder mein Geschlecht, noch die Art mit uns umzugehen, und deshalb bin ich nachsichtig gegen dich.
    OTTO
versucht sich in Würde zu werfen, was ihm nicht mehr recht gelingen will.
Du übst Nachsicht gegen mich? Die Frau gegen den Mann und Herrn? Das ist ein gänzliches Verkennen deiner Stellung.
    ANTONIE. Meinst du? Ich will einmal von allen den harten und ungerechten Urtheilen absehen, die du über mein Geschlecht gefällt hast, muß ich aber nicht nachsichtig gegen dich wegen der Art und Weise sein, mit der du mich heimgeführt hast? Als unsere Verbindung feststand, freute ich mich schon auf die Hochzeits- oder Brautreise. Eine solche Reise ist jetzt allgemeine Sitte, und ich habe noch so wenig von der Welt gesehen. Statt dessen kommst du einsylbig angefahren, lässest dich mit mir trauen, fährst einsylbig hierher, führst mich in dein Haus und lässest mich ruhig stehen. Gestehe daß ich dafür sehr nachsichtig sein mußte.
    OTTO
nicht ohne Verlegenheit.
Die Griechen und Römer führten ihre Frauen einfach in das Haus, aus dem diese nie heraus kamen. Die Alten wußten auch nichts von der Hochzeitsreise.
    ANTONIE. Lieber Freund, wir sind
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