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Die Hochzeitsreise

Titel: Die Hochzeitsreise
Autoren: Julius Roderich Benedix
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aber nicht die Alten. Alle Achtung vor den Griechen und Römern, allein wir haben andere Sitten und nicht zu verwerfende Sitten. Eine solche ist die daß zwei junge Eheleute zum Antritt ihrer Ehe eine Reise zusammen machen.
Wird nach und nach ernster.
Zwei Menschen, die sich für das Leben mit einander verbinden, die Freud' und Leid zusammen tragen wollen in langen, langen Jahren, die es aufgeben in selbstsüchtiger Vereinzelung zu stehen und hinfort eins für das andere leben wollen, müssen sich in einander fügen und schicken lernen, sie müssen ihre Seelen austauschen in unbegrenztem Vertrauen, in gegenseitiger Liebe. Denn das, mein Freund, ist das Wesen der Ehe. Darum ist es eine schöne Sitte daß sie sich zum Anfang losmachen von den gewöhnlichen Geschäften des Lebens und mit einander hinausreisen in die weite Welt. Sie meiden für den Anfang die Menschen, mit denen sie gewöhnlich umgehen, um eins nur für das andere auf einige Wochen wenigstens zu leben. Als Bild der großen Lebensreise gilt ihnen die kleine Reise durch Städte und Länder, und wie sie da, überall fremd, desto mehr auf einander angewiesen sind, so lernen sie daß sie im Leben auch fest an einander halten sollen. In heiterer Muße durchwandeln sie auf ihrer Reise die herrlichen Gegenden und erregt von der Fülle und Schönheit der Natur ketten sich ihre Herzen fester an einander, denn der Mensch fühlt nie wärmer, tiefer, besser, als wenn der frische Athem der weiten Natur seine Brust durchzieht. Es ist eine recht schöne Sitte, eine Hochzeitsreise, die beste Vorbereitung für die Freude – – und den Ernst der Ehe.
    OTTO
von ihrer Schilderung ergriffen.
In der That du schilderst mit so viel Lebendigkeit – –
    ANTONIE
sanft.
Hattest du wirklich so viel zu thun, daß du keinen Urlaub zu einer Reise bekommen konntest?
    OTTO. Es hätte dessen gar nicht bedurft, denn morgen beginnen die Ferien auf sechs Wochen, in denen ich ganz frei bin.
    ANTONIE
plötzlich munter.
Das ist nun vorbei, die Alten machten keine Hochzeitsreise, also thun wir es auch nicht. Mein Geplauder scheint dich zu langweilen?
    OTTO. Nein nein, du sprich recht hübsch!
    ANTONIE. Wirklich? So will ich einmal eine recht gelehrte Frage an dich thun. Haben die Alten ihre Frauen nicht geliebt?
    OTTO
im gelehrten Tone.
Hm es ist keinem Zweifel unterworfen daß die Alten die Liebe kannten, hatten sie doch einen Gott der Liebe, Amor oder Eros genannt, und auch die Venus oder Aphrodite kann man als Göttin der Liebe bezeichnen – dennoch war das Verhältniß der Frauen ein anderes als bei uns, es war würdiger, gemessener, gehaltener. Die Frauen waren auf das Haus beschränkt und hatten weder Stimme noch Einfluß bei den Männern.
    ANTONIE. So? Es schweben mir so einige Geschichten vor von einem gewissen Coriolan, von einer Frau Lucretia, einer Arria, Cornelia u.s.w., die beweisen daß die Alten dennoch viel auf ihre Frauen hielten, wenn diese nur darnach waren.
    OTTO
schmunzelnd.
Sieh sieh, auch einige Kenntniß des Alterthums, wie ich mit Wohlgefallen bemerke. Auch ist diese Citation ganz gut angebracht.
    ANTONIE. Es freut mich deinen Befall zu haben. Wenn also die Alten unzweifelhaft auch geliebt haben, du aber den Alten nacheiferst – hast du denn auch schon geliebt?
    OTTO
verlegen.
Man muß hier bedenken daß später das Christenthum uns offenbart und dadurch die Sitten der Alten wesentlich verändert worden sind. Das Christenthum gebietet aber die Liebe zu seinem Nächsten, und ich habe mich immer bestrebt seine Gebote zu erfüllen.
    ANTONIE
hat ganz in der Stille Tassen u.s.w. auf dem Präsentirteller zusammengesetzt, steht jetzt
auf und trägt ihn auf den Tisch rechts. Während dessen für sich.
Es ist wie ich dachte, nichts als Unkenntniß und Unerfahrenheit.
    OTTO
für sich.
Sie macht alles so zierlich und anmuthig, sie ist wirklich eine ganz angenehme Frau.
    ANTONIE
faßt den Tisch an.
Hilfst du mir?
    OTTO. Mit Vergnügen.
Tragen den Tisch nach seinem Platze.
    ANTONIE. Du hast eine hübsche Wohnung, nach vorn heraus sind ganz angenehme Zimmer.
    OTTO. Hast du die schon gesehen?
    ANTONIE
lächelnd.
Als du mich gestern Abend allein ließest, hatte ich hinreichend Zeit mir alles zu besehen und auch den größten Theil meiner Habseligkeiten auszupacken. Ich muß dir doch das Schlafkissen geben, das uns Base Karoline zur Hochzeit geschenkt hat; das Geschenk ist doch für dich und wird sich auf dem Sopha im vordern Zimmer ganz gut ausnehmen.
Rechts ab.
    OTTO. Sie hat die
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