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Die Hochzeit meiner besten Freundin

Die Hochzeit meiner besten Freundin

Titel: Die Hochzeit meiner besten Freundin
Autoren: Sarah Harvey
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windet.
    Es bleibt nichts anderes übrig: Ich werde versuchen müssen, flugs die Regenrinne hinaufzuklettern. Ich war immer als Erste oben beim Seilklettern in der Schule, es dürfte also nicht allzu schwer sein. Hoffe ich. Also gut, ich denke mir die Musik zu Mission: Impossible, ziehe im Geiste meine Steigeisen an und fange an zu klettern.
    Meine Kletterei ist tatsächlich relativ einfach, stößt aber leider bei dem blöden Viech hinter der Mauer auf wenig Gegenliebe.
    Der Hund beschließt, dass ich wirklich ein entflohener, durchgeknallter Einbrecher bin, kratzt an der trennenden Mauer, bis er einen bröckeligen Spalt findet und es schafft, sich hoch zu stemmen und seinen mageren kleinen Arsch über die Krone in Richards Garten zu hieven.
    Hüpfend gelingt es ihm, seine gefletschten Zähne in meinen Knöchel zu graben. Die aufgerissene Schnauze ist zwar höchstens so groß wie eine kleine Münze, der Schmerz ist dafür aber um so größer.
    Au!!!
    Ich unterdrücke einen Schrei und schüttele mein Bein in dem nutzlosen Versuch, den Köter abzuschütteln. Eher wird man eine Schlange mit Maulsperre los.
    Das ist doch lächerlich. Ich habe einen Schlüssel, und trotzdem versuche ich, eine feuchte Regenrinne hinaufzuklettern, während sich ein blöder Terrier mit einem Dobermann-Komplex wie ein Piranha an meinen Knöchel klammert. Wenigstens hat das Miststück aufgehört zu kläffen. Wenn das doch nur nicht daran liegen würde, dass er seine Zähne in das zarte Fleisch meines Beins gegraben hat! Und nebenbei knurrt er immer noch ziemlich laut.
    Wenn es mir gelingt, ein wenig höher zu klettern, kann ich meinen Fuß in die Regentonne stecken und die Töle ertränken. Den Quatsch mit der Tierliebe können Sie vergessen. Hier geht es ums Überleben – meines oder seines.
    Ich erreiche den oberen Rand der Regentonne und zögere. Ich kann seine Zähne spüren, die immer noch wie Nadeln in meinem Knöchel stecken. Der Hund – des Menschen bester Freund. Was soll’s, morgen spende ich dem Tierheim in Battersea einen Zehner.
    Ich atme tief ein, als wäre ich diejenige, die untergetaucht wird, und stecke meinen Fuß in die dunklen, trüben Tiefen der Regentonne. Der Terror-Terrier verdient zehn von zehn Punkten für seine Hartnäckigkeit. Er hält noch mindestens acht Sekunden durch, bevor er mich endlich loslässt, taucht dann auf und paddelt wie besessen im Kreis wie ein vom Wind getriebenes Spielzeug. Es ist ihm viel wichtiger, sich zahntechnisch wieder an mir zu vergreifen, als seinen Arsch aus der Tonne zu hieven.
    Nach all dem bin ich nicht sicher, ob ich erleichtert oder enttäuscht sein soll, als ich schließlich das Wohnzimmerfenster erreiche – Jeans und linker Knöchel von rasiermesserscharfen Hundezähnen zerfetzt, Fingerknöchel abgeschürft, Haare und Augen voller abblätternder Farbe von der Regenrinne -, und Richard und seine Begleiterin brav Seite an Seite auf einem ziemlich abgefahrenen grünen Sofa sitzen sehe, ganz vertieft in irgendwelche Papiere, die auf dem Couchtisch ausgebreitet sind.
    Es dauert einige Zeit, bis mir auffällt, was an dieser netten, kleinen Szene geschäftlicher Betriebsamkeit nicht stimmt.
    Es ist nicht die Tatsache, das Richard der Graue solch einen tollen Geschmack in Sachen Einrichtung hat. Es sind auch nicht die zwei Weingläser, die neben den Unterlagen auf dem Couchtisch stehen. Auch nicht die halb leere Flasche Pouilly Fume daneben. Selbst die dezente Musik oder die Tatsache, dass die beiden recht eng nebeneinander auf dem bereits erwähnten abgefahrenen grünen Sofa sitzen, ist es nicht. Es ist die Tatsache, dass unter diesem Couchtisch und auf diesen eleganten Pumps ein zarter, lila Spitzenschlüpfer von La Perla baumelt. Der ihr die Knöchel warm hält, um es mal so auszudrücken.
    Wenn nicht der Gummibund ohne ihr Wissen den Geist aufgegeben hat, dann geht hier doch etwas nicht ganz Koscheres vor sich, sollte man meinen. Außerdem wühlt Richards linke Hand irgendwo unter dem Tisch herum.
    Als Nächstes erlebe ich, wie er den Mont-Blanc-Füller aus der rechten Hand fallen lässt, wie sie ihre Schuhe und gleichzeitig den La-Perla-Schlüpfer abstreift und wie sie sich leidenschaftlich umarmen und küssen und an ihren Klamotten herumzerren wie wütende Tiere.
    In diesem Moment, während ich noch mit entrüstet aufgerissenem Mund durch das Fenster starre, hievt sich der TerrorTerrier aus der Regentonne, schwankt einige Sekunden lang unsicher auf dem schmalen, hölzernen Rand
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