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Die Hochzeit meiner besten Freundin

Die Hochzeit meiner besten Freundin

Titel: Die Hochzeit meiner besten Freundin
Autoren: Sarah Harvey
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Radio; eine zerbrochene Sprungfeder drückt mir in den Hintern und ich schlürfe schnell kälter werdenden Kaffee aus einer Thermoskanne, um den Jetlag einzudämmen. Während all dieser Zeit trommelt der Regen rhythmisch aufs Dach und dringt durch die undichten Fenster, um die bereits verrotteten, stinkenden Fußmatten zu durchweichen. Klasse. Und wozu das alles?
    Um zu erleben, wie der Verlobte meiner besten Freundin ganz spät, aber auch ganz allein nach Hause kommt.
    So viel zu meiner bisherigen Schnüfflerkarriere.
    Ich habe geschlagene fünf Stunden hier ausgeharrt, und alles, was ich zu sehen bekomme, ist »Richard, der Unfehlbare«, der das Taxi bezahlt und mit der Aktentasche über dem Kopf zur Eingangstür sprintet, um seine perfekte Föhnfrisur vor dem strömenden Regen zu schützen.
    Ich ziehe Nickys Handy aus meiner Handtasche und tippe ihre Nummer ein.
    »Hallo?«, lässt sich eine verschlafene Stimme vernehmen.
    »Der Kuckuck ist gelandet.«
    »Hä?«
    »Ich sagte, der verdammte Kuckuck ist gelandet!«
    »Wer ist denn da?«
    Oh, Mist. ›Verwählt.‹ Hastig unterbreche ich die Verbindung, unterdrücke ein recht unangebrachtes Kichern und wähle erneut.
    »Hallo?«
    Diese Stimme klingt vertrauter.
    »Nicky? Bist du das?«
    »Natürlich!«, wispert sie angespannt. »Was ist los?«
    »Der potenzielle Verräter ist zurück.«
    »Und?«
    »Und er ist allein. Kein wollüstiges Weib, das an seinem Arm hängt oder in seiner Unterhose Versteck spielt.«
    »Und?«, wiederholt sie. Ihr Tonfall verrät, dass das Verlangen nach der Wahrheit gerade einen guten alten Faustkampf austrägt mit der Alternative, wie ein Strauß den Kopf in den Sand zu stecken.
    »Und nichts. Er ist vor etwa zwanzig Sekunden in einem Taxi angekommen, hat bezahlt und ist ins Haus gerannt. Kann ich jetzt nach Hause kommen?«
    »Solltest du nicht warten? Vielleicht taucht sie noch auf?«
    »Nicky! Es ist zwei Uhr früh, ich hatte in den letzten vierundzwanzig Stunden gerade einmal zwei Stunden Schlaf, und außerdem wissen wir doch gar nicht, ob es eine solche Sie überhaupt gibt, oder? Ich könnte hier vor seinem Haus sitzen, bis er morgen zur Arbeit geht, und sehe vielleicht nichts Auffälligeres als den Milchmann, der Vollmilch und Cremejoghurt statt H-Milch und Obstsaft ausliefert.«
    »Aber Belle!«, jammert sie. »Du hast doch selbst gesagt, es ist zwei Uhr. Wo zum Teufel war er so lange?«
    »Keine Ahnung, Nix. Ich weiß nicht, wie ich es herausfinden könnte, es sei denn, ich falle über den Taxifahrer her. Sieh mal, heute Nacht kann ich nichts mehr ausrichten. Dieses Auto ist so feucht, dass mein ganzer Körper schon so schrumpelig ist wie eine alte Dörrpflaume. Setz den Teekessel auf, in zwanzig Minuten bin ich da.«
    »Wenn du bleibst, erwischst du ihn vielleicht in flagranti.«
    »Vertrau mir, Nicky, wenn ich bleibe, dann werde ich selber erwischt – von einer Lungenentzündung.«
    Ich stapfe durch die Sicherheitstür in Nickys Haus und schleppe mich mit letzter Kraft und zufallenden Augen in den Aufzug. Nicky erwartet mich bereits, als der Lift mich weich in den zweiten Stock hinaufbefördert. Sie lehnt im Türrahmen und hält nach mir Ausschau. Ihr Gesicht ist blass vor Sorge und Angst, ihr Haar ist zu einem Pferdeschwanz zusammengerafft, ihre Nägel sind völlig abgeknabbert und am Ende wie ihre Nerven.
    »Belle! Gott sei Dank bist du wieder da!« Sie zerrt mich nach drinnen. »Erzähl mir alles. was hast du gesehen?«
    »Wie ich bereits sagte – er kam nach Hause, kurz bevor ich dich anrief, und er war eindeutig allein.«
    »Was hatte er an?«
    »Kleidung«, murmele ich erschöpft, kicke meine Stiefel von den Füßen, ohne sie vorher aufzumachen.
    »Was für Kleidung?«, heult sie.
    »Ah. Berufskleidung, denke ich. Hosen. ist ja klar. irgend einen Anzug? Ich weiß nicht mehr, Nix. Tut mir Leid, aber es war ziemlich dunkel.«
    »Wenn es so dunkel war, dann ist dir vielleicht etwas Wichtiges entgangen?«
    »Ich konnte vielleicht nicht genau erkennen, wer seinen Anzug geschneidert hat, aber ich konnte deutlich sehen, dass er allein war, glaub mir. Ach ja, er hatte immer noch seine Aktentasche dabei, also würde ich sagen, dass das heutige Arbeitsessen wirklich eins war. Es sei denn, er ist in einer Disco um sie herumgetanzt.«
    Ich gehe ins Wohnzimmer und ziehe die geliehenen Handschuhe aus, um zu versuchen, meine blau gefrorenen Hände durch etwas Reibung wieder zu beleben.
    Nicky folgt mir. Als sie meine eisigen, steifen
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