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Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
Autoren: Walter Scott
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die Achtung vor der Mutter leise vor sich hin, schien ein paar Worte laut sagen zu wollen, unterdrückte aber die aufsteigende Luft dazu und schickte sich an, die Hütte, in die er eben den Fuß gesetzt hatte, wieder zu verlassen.
    Da trat die Mutter vor ihn hin.
    »Hamish,« fragte sie strengen Tones, »willst du mich wiederum allein lassen?«
    Hamish gab keine Erwiderung, sondern blickte auf das Gewehr und putzte an dessen Schlosse herum.
    »Nun ja, putze nur deine Flinte!« fuhr die Mutter mit Bitterkeit fort, »mich freut's ja schon, daß du Mut genug hast, sie abzufeuern, wenn auch bloß auf einen Bock!«
    Hamish zuckte bei diesem Vorwurf, den er nicht zu verdienen meinte, zusammen und warf der Mutter als Erwiderung einen zornigen Blick zu, durch den sie inne wurde, ein Mittel gefunden zu haben, das ihm Verdruß und Schmerz bereite.
    »Ja doch, ja doch!« sagte die Mutter; »blicke nur trotzig! So trotzig wie du willst auf ein altes Weib und deine Mutter! Bis sich deine Stirn in Falten legt vor dem zornigen Gesicht eines bärtigen Mannes, wird wohl noch manche Zeit vergehen!«
    »Schweig, Mutter!« erwiderte Hamish gereizt, »oder sprich von Dingen, für die es dir an Verständnis nicht fehlt! Sprich vom Rocken und von der Spindel!«
    »Habe ich an Rocken und Spindel gedacht, Hamish,« fragte die Mutter, »als ich dich als greinendes Kind auf dem Rücken trug durch das Gewehrfeuer von einem halben Dutzend sächsischer Soldaten? Ich sage dir, Hamish, von Büchse und Säbel verstehe ich tausendmal mehr, als du je lernen wirst! Du wirst vom edlen Kriegshandwerk durch dich selber nie so viel lernen, wie du gesehen hast, als ich dich noch in meinen Mantel gewickelt trug.«
    »Wenigstens ist dein fester Wille, Mutter, mir keine Ruhe daheim zu gönnen! Aber das muß einmal sein Ende haben!« sagte Hamish drauf und ging, willens die Hütte zu verlassen, auf die Tür zu.
    »Bleib, Hamish!« rief da die Mutter, »ich befehle es dir! Oder die Flinte, die du trägst, mag dir den Tod geben! Der Weg, den du gehen willst, mag der Weg deines Leichenzuges sein!«
    »Mutter!« rief der Jüngling, sich umdrehend, »was sollen solche Worte? Sie taugen nichts, denn sie sind nicht gut und können keine guten Folgen haben! – Leb wohl, Mutter! Du bist jetzt zu zornig, daß ich mit dir sprechen könnte. Leb wohl! Es wird geraume Zeit vergehen, bis du mich wiedersiehst!«
    Er ging. Die Mutter sandte ihm, im ersten Ausbruch des Zorns, Flüche hinterher. Dann rief sie die Flüche zurück auf das eigene Haupt, damit sie das des Sohnes schonen möchten.
    Maßlose, ungezügelte Leidenschaft tobte an diesem Tage und an den nächsten Tagen in Elspats Herzen. Bald rief sie den Himmel, bald die Geister an, die in den Sagen und Mären, die ihr bekannt waren, eine Rolle spielten, ihr den geliebten Sohn, »das Kalb ihres Herzens«, zurückzugeben. Bald sann sie, von wildem Zorn befallen, über bittere Worte nach, mit denen sie ihn schmähen wollte, den ungehorsamen Sohn, wenn er den Weg zur Hütte zurückfände. Bald sann sie über Worte der Liebe und Zärtlichkeit, durch die sie ihn an ihre Hütte fesseln könne, die sie mit keinem Gemach im Schlüsse von Tahmouth tauschen mochte, wenn sie den Sohn bei sich wußte.

Viertes Kapitel
    Zwei Tage verstrichen. Sie nahm weder Speise noch Trank zu sich, und bloß die Energie eines an Mühseligkeiten und Entbehrungen aller Art, gewöhnten Körpers vermochte sie am Leben zu erhalten. Die Angst, die ihre Seele beherrschte, machte sie unempfindlich gegen körperliche Schwäche.
    Am dritten Tage nach dem Weggang ihres Sohnes saß sie, nach Art der Frauen im Hochland, wenn sie körperliche oder seelische Pein leiden, hin-und herrückend auf ihrer Türschwelle, als sich der seltene Umstand ereignete, daß ein Wanderer auf der Straße oberhalb der Hütte in Sicht kam.
    Das war zu damaliger Zeit kein häufiges Ereignis.
    Elspat warf bloß einen schnellen Blick auf ihn, und sie erkannte, daß es Hamish nicht sein könne, denn der Wanderer führte ein Pferd am Zügel, von dem er abgesprungen war, um es den steilen Hang herunterzuführen.
    Da es Hamish nicht war, kümmerte sich Elspat nicht weiter um den Reitersmann. Für andere Menschen besaß sie kein Interesse. Es hätte ihr nicht gelohnt, noch einen zweiten Blick auf ihn zu heften.
    Der Fremde aber blieb, als er den beschwerlichen Weg zurückgelegt hatte, vor der Hütte stehen.
    »Gott segne Euch, Elspat Mac Tavish!«
    Elspat sah den Mann an, der das Wort in
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