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Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
Autoren: Walter Scott
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ihrer Muttersprache an sie richtete. Ihr Gesicht zeigte den unzufriedenen Ausdruck einer Person, die sich in ihrem Gedankengange gestört sieht.
    Der Reitersmann indessen fuhr in seiner Rede fort:
    »Elspat Mac Tavish! Ich bringe Euch Kunde von Eurem Sohne Hamish.«
    Durch diese Worte gewann die Gestalt des Fremden, bisher für sie ein Gegenstand höchster Gleichgültigkeit, eine Ehrwürdigkeit, als sei es ein Bote vom Himmel, herab zu ihr gestiegen, um ihr Entscheid zu bringen über Leben und Tod. Sie fuhr von ihrem Sitze auf, preßte die Hände auf die Brust, bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, hob die Hände zum Himmel auf, heftete die Äugen auf Gesicht und Gestalt des Fremden, schritt auf ihn zu und harrte schweigend der Worte, die er ihr sagen würde, denn ihre stammelnde Zunge war außerstande, die Frage, die ihr auf den Lippen lag, in Redeform zu fügen.
    »Euer Sohn schickt Euch pflichtschuldig seinen Gruß und dieses hier!« sprach der Sendbote, indem er Elspat einen kleinen Beutel mit ein paar Schillingen in die Hand legte.
    »Er ist fort! Mein Hamish ist fort für immer!« rief Elspat, »er hat sich als Knecht an die Sachsen verkauft! Und ich werde ihn nimmer, nimmer wiedersehen. O, sagt mir, Miles Mac Phadraick, denn jetzt erkenne ich Euch, ist dieses Geld, das Ihr in die Hand seiner Mutter gelegt, das Blutgeld für den Schwur, den mein Sohn geleistet?«
    »Gott sei mir vor!« versetzte Mac Phadraick, ein Lehensmann, der ein hübsches Stück Land von dem Grundherrn in Pacht hatte, der an die zwanzig Meilen ab seinen Wohnsitz hatte, »Gott sei mir vor, Elspat Mac Tavish, daß ich Euch oder dem Sohne Mac Tavish Mhors etwas zu unrecht tun oder sagen sollte! Bei der Hand meines Häuptlings schwöre ich Euch, daß es Eurem Sohne gut geht, daß er Euch bald wiederzusehen gedenkt und Euch dann alles weitere selbst erzählen wird.«
    Mit diesen Worten eilte Mac Phadraick auf die Landstraße zurück, bestieg seinen Gaul und ritt weiter.

Fünftes Kapitel.
    Elspat blickte lange auf das Geld, als hätte sie aus der Prägung, die es zeigte, erraten können, auf welche Weise ihr Sohn in seinen Besitz gekommen sei.
    »Dem Mac Phadraick war ich nie grün,« sprach sie bei sich, »denn von seinem Geschlecht sang der Barde: »Sei furchtlos vor ihnen, wenn ihre Worte laut sind wie das Brausen des Sturmes im Winter, aber tönen ihre Worte wie Drosselsang, dann fürchte sie!« Das Rätsel selbst aber kann ich bloß lösen auf eine Weise: mein Sohn hat zum Schwert gegriffen, um mit Manneskraft das zu gewinnen, was ihm grobe Bauern durch Worte, die bloß Kinder schrecken können, vorenthalten möchten.«
    Diese Meinung schien um so verständiger, als Mac Phadraick ihr als vorsichtiger Mann bekannt war, der ihrem verstorbenen Manne wohl öfter insofern Unterstützung gewährt hatte, als er ihm hin und wieder Vieh abkaufte, trotzdem er recht gut wußte, wie es derselbe an sich zu bringen pflegte, der aber immer dafür Sorge getragen hatte, daß der Handel ihm guten Gewinn abwarf, ihn aber niemals in irgendwelche Fährlichkeit Recht und Gesetz gegenüber bringen konnte. Wer konnte einem jungen Freibeuter so gut wie Mac Phadraick die Täler weisen, wo sich solch gefahrvolles Gewerbe noch mit Aussicht auf Erfolg treiben lasse? Wer war imstande, wie Mac Phadraick, Beute so leicht und schnell in klingende Münze umzusetzen?
    Empfindungen, die sich bei anderen regen würden darüber, daß der einzige Sohn die gleiche Bahn betreten habe, auf der der Vater gewaltsamen Tod gefunden, waren den Müttern im Hochlande zu jener Zeit unbekannt. In Elspats Augen war Mac Tavish Mhor keinen anderen Tod als den eines Helden im Kriege gestorben, und solcher Tod durfte nicht ungesühnt, nicht ungerochen bleiben; Elspat fürchtete weniger den Tod, als die Unehre ihres Sohnes; Elspat fühlte Grauen davor, daß ihr Sohn sich vor Fremden beuge und in den seelischen Todesschlaf der Sklaverei sinke.
    Die sittliche Lehre, die demjenigen so natürlich und richtig erscheint, der unter dem Regiment von Recht und Gesetz erzogen wird, das Besitztum des Schwächeren gegen die Übergriffe des Stärkeren zu schützen, war für Elspat Mac Tavish ein Buch mit sieben Siegeln. Von Jugend auf hatte sie gelernt, die »Sachsen«, die fremden Eindringlinge, die von Dänemarks Küste herüber unter Hengist und Horsa das Land ihrer Väter an sich gerissen hatten, als einen Stamm zu betrachten, mit welchem das edle Volk der Galen in Blutfehde lag. Jede Niederlassung eines
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