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Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)

Titel: Die Hochlandhexe Ein Kind der Sünde (German Edition)
Autoren: Walter Scott
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Sachsen in dem zu den Hochlanden rechnenden Gebiete galt ihr als vogelfrei für jeden Galen, als ein Gegenstand, würdig seines Angriffs und Überfalls, wie seines Raubes.
    Das Rachegefühl, wachgerufen durch ihres Mannes Totschlag, war nicht das einzige, was sie bei solcher Ansicht leitete; nicht minder entscheidend wirkte hierbei der allgemeine Unwille, der in den Hochlanden, und nicht ungerechterweise, über das gewalttätige häufig barbarische Benehmen der »Sachsen« nach ihrem Siege in der Schlacht von Culloden [Fußnote: In dieser Schlacht wurde bei letzte Stuart, Karl Eduard, endgültig besiegt und mußte, alles Besitzes beraubt, landflüchtig werden.] allenthalben herrschte. Mancher hochländische Clan teilte Elspat Mac Tavishs Meinung und Gesinnung und hatte der alten Feindschaft und Fehde mit Freuden zum Austrage verholfen, wären die Knebel, die das Land schnürten und zur Ohnmacht verdammten, von den Gegnern nicht täglich und stündlich fester angezogen worden.
    Aber was anderen im Lande die Klugheit gebot, war dem in Einsamkeit lebenden Weibe, dessen Vorstellungen lediglich in der Zeit ihrer Jugend fußten, unbekannt. Elspat sah immer die Tage noch vor sich, in welchen sich der Gönner und heimlichen Freunde im Übermaß für einen Mann wie Mac Tavish Mhor gefunden hatten, der die Verwegenheit besaß, den Kampf als einzelner gegen tausende zu führen, der seinen Stolz darin suchte, altem Brauche zu seinem Rechte zu verhelfen ohne Rücksicht auf alles, dem Lande von feindlichen Bedrückern im Zwangswege auferlegte Gesetz.
    Kein Wunder, daß Elspat Mac Tavish meinte, ihr Sohn brauche bloß das Erbe des Vaters anzutreten, brauche sich bloß in Abenteuer und Unternehmungen gegen die feindlichen Bedrücker zu stürzen, um einer Schar von Männern sicher zu sein, kühn und tapfer gleich jenen, die dem Banner des Vaters gefolgt waren. Kein Wunder, daß sie in Hamish den Adler sah, der bloß in die Lüfte zu steigen brauche, um aus unerreichbarer Höhe auf Beute niederzuschießen. Kein Wunder, daß sie kein Auge hatte für die vielen Augen, die seinen Flug überwachten, kein Wunder, daß sie der vielen Kugeln nicht achtete, die sich auf seine Brust als willkommenes Ziel richten würden!
    Kurz: Elspat Mac Tavish sah Zeit und Menschen noch mit den Augen eines verwichenen Zeitalters, mit den Augen von Menschen aus solch verwichenem Zeitalter an. Seit ihr Mann den Tod gefunden hatte, war ihr Leben in Armut und Elend verflossen. Auf ihrem Sohne ruhte ihre Hoffnung und fußte ihr Glaube, daß sie schon lange im Kalten Grabe ruhen würde, daß die Totenklage des Stammes der Mac Tavish, nach altem Brauche, um ihren Heimtritt längst verhallt sein würde, wenn ihrem Havish der Tod winken, wenn er mit der Faust im Knauf seines vom Blute der Feinde geröteten Schwertes fallen und das Erdreich küssen würde. War doch des Vaters Haar schon grau gewesen, als er nach hundertfältiger Gefahr mit den Waffen in der Faust den Tod gefunden hatte!
    Daß Elspat Mac Tavish solchem Tode ihres Einzigen mit solcher Ruhe ins Auge sah, war eine natürliche Folge damaliger Sitte. Es entsprach ihrer stolzen Sinnesart besser, ihn auf offenem Felde, im Kampf mit dem Feinde fallen zu sehen, als Zeugin seines langsamen Hinsiechens in rauchiger Hütte oder, einem alten Jagdhunde oder kranken Stiere gleich, auf verfaultem Stroh zu sein. Aber diese Stunde war ihrem Hamish, ihrem Einzigen, noch fern! Sie schlug ihm erst, gleichwie sie dem Vater erst geschlagen hatte, wenn er hundertfältige Gefahr überstanden hatte, wenn er in hunderten von Kämpfen Sieger gewesen war, wenn er hundertfältige Beute eingeheimst hatte. In dieser Zuversicht konnte Elspat Mac Tavish nicht irren! Und wenn er dereinst im Kampfe fallen, wenn blutiger Tod ihm winken würde, dann läge sie, seine Mutter, die Frau von Mac Tavish Mhor, dem ritterlichen Freibeuter der Hochlande, schon längst in der kalten Erde, und weder seinen Todeskampf würde sie sehen, noch über seinem Grabe trauern können.
    Während solche Gedanken den Weg durch ihren Sinn nahmen, stieg der Mut der Greisin auf seinen früheren, oder vielmehr auf einen wesentlich höheren Standpunkt. Nach den kräftigen Worten der Bibel, die nur wenig verschieden sind von der Ausdrucksweise der Gälischen, stand sie auf, wusch sich und wechselte die Kleider, aß ihr Brot und fand ihre Kraft und Stärke wieder.
    Mit Zweifel und Sorge harrte sie nun der Wiederkehr ihres Einzigen. Daß gar viel dazu gehöre, um in
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