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Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 02 - Die Kriegerin der Himmelsscheibe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich jetzt sicher, wen er da vor sich hatte: ein Wesen, das die Altvorderen Todessyre genannt hatten.
    »Du musst dich entscheiden, ob du stark genug bist, dich der Wahrheit zu stellen«, fuhr die Todessyre fort.
    Stark genug? Zakaan hätte beinahe laut aufgelacht. Er war Zeit seines Lebens stark genug gewesen, jede Art von Wahrheit zu ertragen. Aber er hatte oft damit gerungen, wie viel er davon an sein Volk weitergegeben konnte.
    »Was weißt du?«, fragte er, und seine Stimme hatte plötzlich wieder die alte Stärke und Kraft, die in alten Zeiten sogar das rituelle Trommeln am Dorffeuer übertönen konnte, wenn er es darauf angelegt hatte. »Kannst du mir sagen, ob wir wirklich Urutark vor uns haben? Ob unsere Reise dort endet?«
    »Eure Reise wird nicht dort enden, wo ihr Urutark vermutet«, antwortete die Todessyre rätselhaft. »Sondern dort, wo eure Ahnen beheimatet waren.«
    »Ich weiß schon lange, dass wir dorthin müssen«, sagte Zakaan ungeduldig. »Aber niemand hat mir bislang genau sagen können, wo Urutark wirklich zu finden ist!«
    Die Todessyre nickte. »Das liegt in der Natur der Wahrheit. Aber auch in diesem Punkt weißt du schon längst, was dir den Weg weisen wird: die Himmelsscheibe.«
    Zakaan hatte erneut das Gefühl, als streife ihn eine kalte Hand. »Die Himmelsscheibe, von der uns Dragosz nach seiner ersten Reise in den Westen berichtet hat?«
    »Kennst du sonst noch eine Scheibe, die den Himmel in das Metall zu bannen vermag?«
    Zakaan runzelte die Stirn. »Natürlich nicht. Aber warum sollte gerade die Himmelsscheibe über das Wohl und Wehe unseres Volkes entscheiden?«
    »Ich soll dir mehr sagen, als du schon selbst weißt?« Die Todessyre schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht. Und das weißt du auch ganz genau. Ich kann dir nicht mehr sagen, als du selbst tief in deinem Herzen schon weißt – oder zumindest erahnst.«
    Ja. Das war das Wesen all dessen, was ihn erwartete, wenn er vom Fleisch der Götter geleitet ins Schattenreich geglitten war.
    »Die Himmelsscheibe«, fuhr er dennoch fort, »soll aus Bronze und Gold bestehen. Doch unsere Vorfahren kannten das Geheimnis der Metallherstellung noch nicht. Wie kann sie uns also von ihnen hinterlassen worden sein?«
    »Das, was dir deine Vorfahren hinterlassen haben, trägst du um den Hals«, antwortete die Todessyre. »Es ist der Rentierknochen, auf dem die alten Jäger das Geheimnis der jährlichen Rentierwanderungen eingeritzt haben.«
    Zakaans Hand fuhr unwillkürlich zum Hals und tastete nach dem flachen Knochen, auf dem die Altvorderen mit scharfen Steinen die für sie überlebenswichtigen Kenntnisse in Form von Zeichen eingeritzt hatten. »Die Himmelsscheibe ist für uns also das, was für unsere Stammväter dieser abgewetzte Rentierknochen war?«
    Er bekam keine Antwort. Aber er wusste sie ja selbst. »Die Himmelsscheibe soll uns präzise sagen können, wann wir säen müssen, und wann wir die Ernte einzufahren haben«, sagte er. »Zumindest ist es das, was uns Dragosz darüber berichtet hat. Aber wie kann sie uns helfen, unseren Platz auf dieser Welt zu finden?«
    Die Todessyre lachte hell auf. »Du stellst dir eine Frage und gibst dir selbst die Antwort darauf. Und du merkst es noch nicht einmal.«
    Zakaan starrte sie verblüfft an. Er selbst sollte sich die Antwort gegeben haben? Aber das war doch unmöglich.
    »Dragosz«, setzte er an, um sich von einer anderen Richtung an das scheue Wild der Wahrheit anzupirschen, »hat Lea getroffen, die ihm vom Geheimnis der Himmelsscheibe berichtete.«
    »Das stimmt«, bestätigte die Todessyre. »Dragosz hat die Ahnen getroffen.«
    »Nicht die Ahnen«, widersprach Zakaan. »Sondern Lea, die Hüterin der Himmelsscheibe. Und ihre Tochter Arianrhod.«
    »Doch: die Ahnen«, beharrte die Todessyre. »Du hast die Ahnen gerufen, damit sie dir helfen. Und die Ahnen haben dich erhört.«
    Das wäre eine gute Nachricht gewesen, hätte sie nur irgendeinen Sinn ergeben. Aber das tat sie nicht. Zumindest nicht in Zakaans Ohren.
    »Die Stammväter sind mir immer wohlgesonnen gewesen«, antwortete er deshalb möglichst unbestimmt. »Und dafür bin ich ihnen dankbar.«
    »Es ist gut, dass du ihnen dankbar bist.« Durch die Todessyre ging ein leichtes Sirren, das wie ein Zeichen von Ungeduld wirkte. »Aber es ist nicht gut, dass du sie nicht erkennst, wenn sie sich in anderer Form zeigen, als du erwartest.«
    »Als ich erwarte?« Zakaan dachte angestrengt nach, aber immer, wenn er einen Gedanken –
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